Allparteilich handeln als Moderationspflicht

Warum Alfons Haider völlig zu Recht gescholten wurde, und was er hätte sagen können, wäre er professionell in seiner Moderatoren-Rolle geblieben.

Auf den ersten Blick alles perfekt bei Alfons Haider: Moderationskarten, Mikro, gepflegtes Äußeres. Innerlich geht es allerdings rund bei ihm. Und das hätte er sich nicth anmerken lassen dürfen.Man muss ein wenig ausholen: Das Burgenland feiert Mitte August 2021 sein 100-jähriges Bestehen mit einer Landesausstellung in der Burg Schlaining. 400 Ehrengäste wohnen der Eröffnung bei. Wer im Burgenland Rang und Namen hat, tritt auf. Moderiert wird der Festakt von Alfons Haider – ein Routinier, dem man auch den Opernball und ORF-Shows wie Dancing Stars anvertraut.

Dann bringt der Musiker Alexander Köck ein wenig Irritation in den Abend. Die Duo-Hälfte von Cari Cari thematisiert während seines Gigs die niedrigen Gagen der Auftretenden. Die Orchester-Mitglieder neben ihm, kritisiert er, würden zum Beispiel nur 30 Euro für den Abend bekommen. Das sei besonders seltsam, als sich das Burgenland für seine Seefestspiele Mörbisch gleich zwei Intendanten leiste.

Während seine Worte ein wenig Irritation, aber auch leisen Applaus ernten, kommt der Moderator dazu und schießt sich – hoch emotional und mit falschen Fakten – auf Köck ein. Erst Haiders Worte, das ist förmlich spürbar, verwandeln die kleine Aktion des Musikers in ein wirklich unangenehmes Erlebnis für die Zuschauer.

Und wie hätte Haider richtig reagieren sollen?

Mit seiner Wortmeldung wollte Köck das Publikum, das mit Feierlichkeiten, aber nicht mit offener Kritik gerechnet hat, ganz bewusst wachrütteln, vielleicht sogar etwas vor den Kopf stoßen. Dazu kann man stehen, wie man will, den Rahmen als unpassend erachten oder die Wortwahl als unbedacht. Es gibt auch unterschiedliche Möglichkeiten, darauf als Moderator*in zu reagieren. Eines jedoch darf man keinesfalls tun: auf die Kritik persönlich, verärgert und rechtfertigend kontern, wie Alfons Haider es getan hat.

Wer moderiert, verbündet sich mit dem Ziel

Alfons Haider moderiert seit vielen Jahren. Er hätte wissen müssen, was das oberste Ziel einer Moderation ist: dem Ziel der Veranstaltung zu dienen.

Nehmen wir die konkreten Feierlichkeiten als Beispiel. Das Ziel des Festakts ist vielfältig: Das Burgenland will damit nicht nur seine 100-jährige Zugehörigkeit zu Österreich feiern, sondern das Publikum unterhalten und in der Öffentlichkeit Bewusstsein für die Qualitäten dieses Landes schaffen. Schon allein in dieser kurzen Zielbeschreibung würden zahlreiche Möglichkeiten stecken, als Moderator*in im Sinne des Ziels zu kontern. Etwa, indem man genau dieses Ziel thematisiert und fragt, ob diese Wortmeldung nicht vielleicht in einem anderen Kontext oder Rahmen besser aufgehoben wäre. Oder indem man den Kritikpunkt als gehört aufnimmt, eventuell sogar Verständnis dafür äußert, dass MusikerInnen unter der Corona-Zeit besonders zu leiden hatten, und abermals auf den Rahmen verweist, eventuell verspricht, dem nachzugehen, um dann aber wieder zum Programm überzuleiten. Absurderweise kam genau dieser Impuls dann nicht vom Moderator, sondern vom Kritik übenden Musiker selbst: „Spielen wir weiter.“ Immerhin er hatte dann wieder das gemeinsame Ziel vor Augen.

Wer moderiert, ist allparteilich

Alfons Haider konterte beim Festakt auf einen Vorwurf des Redners, durch den er sich persönlich angegriffen fühlt; zusätzlich hatte er ihn falsch verstanden. Doch selbst wenn er ihn richtig verstanden hätte: Hier stand er nicht als Privatperson und auch nicht als Musikintendant der Seefestspiele Mörbisch, als der er sich angegriffen fühlte, auf der Bühne, sondern als Moderator. Und als der hatte er folgenden Auftrag: Du handelst im Sinne der Auftretenden und legst ihnen den roten Teppich aus; du agierst im Sinne des Publikums, und zwar so, dass die Veranstaltung ihr Ziel beim Publikum erreicht. Diesen Auftrag hat Alfons Haider bei diesem Festakt nicht nur nicht erfüllt, sondern er hat zusätzlich seine Moderationsrolle sträflich missbraucht. Er nützt die Macht des Moderators, das Wort zu ergreifen, rechtfertigt sich aber dann persönlich bzw. als Intendant der Seefestspiele und im Sinne der Veranstalter.

Jetzt könnte man sagen: Klar, die haben ihn ja beauftragt. Richtig. Aber als Moderator steht er eben nicht nur im Dienst der Auftraggeber*innen. Er steht im Dienst des Ziels, das es auch für Auftretende und Publikum zu erfüllen gilt. Ein Moderator ist allen Beteiligten gleichermaßen verpflichtet – das nennt man allparteilich. Er bezieht deshalb auch nicht persönlich Stellung. Wenn er es doch tut,  dann muss er offenlegen, dass er jetzt für sich als Person spricht bzw. in einer anderen Funktion. In Haiders Fall als Intendant der Seefestspiele Mörbisch und nicht als Moderator.

Nicht falsch verstehen: Natürlich muss ein Moderator eingreifen, wenn es Schwierigkeiten gibt. Und zwar dann, wenn er das gemeinsame Ziel der Veranstaltung gefährdet sieht. Es geht hier um das Wie: Wenn der Moderator auf den Rahmen verweist, sich etwa beim Publikum für die Unterbrechung entschuldigt oder ihm für seine Geduld dankt, sachlich darauf hinweist, dass hier zum kritisierten Punkt bestimmt noch eine Aufklärung von anderer Stelle folgen wird und den Musiker dann bittet, weiterzuspielen, handelt er professionell – und allparteilich im Sinne aller Beteiligten. Agiert er auf einer persönlichen Ebene und verlässt seine Rolle, werden alle Beteiligten peinlich berührt sein. Das war letztlich auf Burg Schlaining der Fall.

Was lernen wir daraus?
  • Moderieren ist ein Handwerk mit klaren Regeln, das man lernen kann. Wer sie kennt, tut sich leichter. Allparteilich zu handeln ist eine davon.
  • Im Umgang mit Konflikten erkennt man die Meisterschaft in der Moderation.
  • Und: Prominenz und Bühnenpräsenz allein machen noch lange keinen Moderationsprofi.

Wer sich mit dem neuen Wissen das Ereignis noch einmal ansehen möchte, findet es hier: https://www.youtube.com/watch?v=pi6ru6MiTkQ

Und wir haben zu diesem Thema auch ein Youtube-Video gedreht. Schauen Sie sich das an!

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