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Zu zweit Prozesse strukturieren: zu zweit moderieren

Doppelte Energie, Vielfalt in der Dynamik, gemeinsame Verantwortung: Zu zweit zu moderieren kann für Publikum und Moderator:innen wundervoll sein – wenn es klappt! Wie die Moderation im Duo gelingt und wie Sie Stolperfallen umgehen, lesen Sie hier.

Lang, lang ist es her.Ich erinnere mich gut an unsere erste Moderation zu zweit. Wir waren während unserer Studienzeit in der Kleinkunstszene aktiv und hatten schon einige Acts in Bauchreden, Zauberei und Jonglage zu zweit erarbeitet. Mit einer Gruppe Gleichgesinnter begannen wir Ende der 1990-er Jahre, Bühnenshows zu organisieren. Irgendwann stand die erste Moderation an. Es entsprach unserem Selbstverständnis als Bühnenduo, auch das zu zweit zu tun. Wir steckten viel Zeit in die Vorbereitung und überlegten uns allerlei dafür. Die Übung gelang: In den Folgejahren moderierten wir zahlreiche Jonglier- und Varietéshows in Österreich und Deutschland – und lernten daraus.

Später kam im Zuge von Ausbildungen und der Berufstätigkeit die Moderation von Klausuren und Team-Meetings dazu – vorerst allein. Aber als wir uns vor 15 Jahren für die Selbständigkeit entschieden, war klar, dass wir auch diese Art des Moderierens wieder zu zweit übernehmen wollten. Der Erfolg gibt uns Recht: Je größer die Gruppe, desto sinnvoller ist eine Moderation im Duo. Selbst wenn eine Doppelmoderation das Budget der Auftraggeber überschreitet und nur eine:r von uns moderiert, beziehen wir die andere Person in der Vorbereitung ein. Warum? Es wird einfach besser!

Die vielen Vorteile einer Doppelmoderation

Für uns ist die Moderation zu zweit die Norm und die Einzelmoderation die Ausnahme. Uns ist klar: Hier sind wir der Sonderfall. Die meisten Menschen, ob sie nun Prozesse leiten oder durch ein Programm führen, sehen in der Co-Moderation mehr Hürden. Doch hier sind die Vorteile:

  • Vorbereitungsarbeit und Gesamtverantwortung lasten auf vier statt auf zwei Schultern.
  • Zwei Menschen bringen unterschiedliche Perspektiven mit, was beim Einsatz von Moderationsmethoden und auch bei Konflikten ein Riesenvorteil ist.
  • Zwei Menschen können viel mehr Aufgaben übernehmen. Auf der Bühne stellt so etwa einer, wenn es keine Stagehands gibt, Requisiten bereit, der andere hält die Spannung. Auch bei Klausuren ist es hilfreich, wenn eine z. B. aufs Flipchart schreibt und die andere den Gruppenprozess im Auge behält oder das Brainstorming anleitet. Und Online-Moderationen sind zu zweit nicht nur viel weniger stressig – für die Teilnehmenden fallen die lästigen Wartezeiten beim Teilen des Bildschirmes, Betreuen des Chats oder Einrichten von Break-Out-Sessions weg.
  • Vier Augen sehen mehr als zwei, einem Moderationspaar entgeht weniger, seien es unzufriedene Teilnehmende oder Störungen im Publikum.
  • Zwei Menschen bringen Vielfalt mit: zwei Stimmen, zwei Arten aufzutreten, unterschiedliche Rollen: Die Abwechslung weckt auf und regt an – wenn man sie gut nützt! Ein gemischtgeschlechtliches oder sehr unterschiedliches Duo bietet außerdem ein breiteres Spektrum von Identifikationsmöglichkeiten an.
  • Und: Zu zweit ist man einander in jeder Phase Korrektiv. Unsere ersten Moderationsvorbereitungen verliefen mitunter schmerzhaft. Roman brachte einen ersten Entwurf, Elisabeth fand bei jedem einzelnen Punkt ein Haar in der Suppe. Schlecht für unser damaliges Beziehungsklima – aber gut für die Sache! Denn mit einer zweiten Person an der Seite gibt es automatisch ein Qualitätsmanagement. Und danach eine Chance auf Feedback ebenso wie eine Schulter zum Anlehnen, wenn etwas nicht so gut funktionieren sollte.
Achtung, Stolperfalle!

In einer Moderation zu zweit, die harmonisch verläuft, steckt viel Arbeit. Denn fast jeder Vorteil birgt auch eine Gefahr: Die Erwartungen sind unterschiedlich, die Dynamik der Personen ist zu verschieden, eine Person dominiert den Prozess, es entsteht Unruhe, weil die jeweiligen Aufgaben oder Rollen nicht klar sind …

Worauf kommt es also an beim Moderieren zu zweit?

Größtmögliche Klarheit in der Vorbereitung

Damit die Kooperation funktioniert, braucht es ein gehöriges Maß an Abstimmung. Je weniger sich die beiden Menschen kennen und je weniger gemeinsame Moderations- und Arbeitserfahrung sie haben, desto mehr müssen sie im Vorfeld klären!

Jeder Mensch, der moderiert, muss Rolle, Aufgaben und Ziele im Vorfeld abklären. Doch beim Moderieren zu zweit darf es da gar keine offenen Punkte geben:

  1. Als wer moderieren Sie?
  2. Für wen moderieren Sie? Was erwartet Ihr Publikum oder was brauchen die Teilnehmenden?
  3. Was ist das Ziel der Veranstaltung? Welche Aufgaben ergeben sich daraus?

Zu den drei Fragen, die man sich vor dem Moderieren stellen sollte, finden Sie hier einen eigenen Blogbeitrag.
Gehen Sie die Fragen erst allein, dann gemeinsam durch!

Danach besprechen und entscheiden Sie gemeinsam: Wie sehen die Rahmenbedingungen der Veranstaltung aus (Zeit, Ort, Ausstattung …)? Welcher Grad der Partizipation ist gewünscht oder möglich? Welche Methoden möchten Sie einsetzen? …

Moderationsstile

Zwei Menschen, zwei Moderationsstile. Das ist auch bei uns so und nur dann eine Chance, wenn man sich davon nicht überraschen lässt. Vielleicht freut sich eine:r über jeden Zwischenfall, um mit dem Publikum zu plaudern und verlässt damit schnell einmal die vereinbarte Linie, die andere Person bewahrt aber lieber das vereinbarte Konzept und hütet den roten Faden. Vielleicht setzt eine gern viele Methoden ein und überrascht die Klausur-Teilnehmer:innen mit unkonventionellen Techniken, der andere setzt auf klassische Diskussionsleitung. Beides kann zum Konflikt führen – oder zur Chance, dass das Verbinden beider Stärken das Gesamtergebnis verbessert.

Finden Sie schon in der Vorbereitung heraus, welche Aufgaben vielleicht jeweils die eine oder die andere Person übernimmt und wo ein Kompromiss nötig ist. Klären Sie das vorab – auf der Bühne oder im Seminarraum ist es zu spät. Ganz wichtig: Halten Sie Ihren Moderationszugang nicht für den einzig richtigen. Die gemeinsame Moderation hat in jedem Fall einen anderen Stil als die der jeweiligen Einzelpersonen.

Auftreten

Zwar lebt eine Doppelmoderation von der Verschiedenheit, dennoch treten die beiden gemeinsam auf und verkörpern in gewisser Weise doch eine Einheit. Ob Klausur oder Bühne: die Moderation bildet den lebendigen roten Faden für die Teilnehmenden oder das Publikum. Blöd, wenn ein Faden gelb, der andere blau ist! Deshalb empfehlen wir auch eine klare Abstimmung bei Rahmen- und Design-Fragen wie der Vorstellung, der Gewandwahl, der Raumnahme oder, so Sie darauf zurückgreifen, der Art der Spickzettel.

Übergänge

Einen Großteil des Charmes einer Doppelmoderation macht die Abwechslung aus, das konstruktive Hin und Her zwischen zwei Menschen. Wie das geschieht, hängt von den Individuen ab: Ist einer schnell, die andere langsam? Teilen sich die beiden die Moderation thematisch, aufgabenspezifisch oder zeitlich auf? Und wie gelingen Übergänge? Wir sind ein eingespieltes Zweierteam und auch privat ein Paar. Heute gelingt es uns, mitten im Satz zu übernehmen; geht das einmal nicht auf, können wir es thematisieren und einen Witz darüber machen. Zu Beginn war das anders. Wir hatten unsere Moderationen genau aufgeteilt, das Übernehmen von Sätzen hatten wir bis auf die letz – te – Sil – be – auf – ge -teilt. Und geprobt. Irgendwann lief es von selbst und klappt heute auch meist spontan.

Zu Beginn ist es aber sinnvoll, wenn Sie sich Abschnitte, Themen oder Ansagen vorab aufteilen. Achten Sie dabei auf gute Übergänge. Dafür eignen sich Übergangssätze oder Fragen, die der Partner oder die Partnerin dann gleich beantworten kann. Wenn Sie weniger Zeit haben, können Sie auch einfach offenlegen und ihr Gegenüber zu Wort bitten, wenn Sie übergeben möchten. Damit rechnen sollte er oder sie natürlich schon!

Feedback

Ihre Doppelmoderation war ein voller Erfolg? Wunderbar, herzliche Gratulation! Bei Ihrer Moderation hat so einiges gehakt? Sie haben sich nicht ganz wohl gefühlt und sehen noch Potenzial? Wunderbar, hier tut sich ein Lernfeld auf! Egal wie der Prozess gelaufen ist: Nehmen Sie sich auf alle Fälle danach die Zeit, ihren gemeinsamen Auftritt zu evaluieren. Bei uns funktionieren dafür als Basis folgende Fragen: Was hat funktioniert? Was nicht? Was würde ich das nächste Mal anders machen? Was könnten wir beide das nächste Mal anders machen? Wo habe ich mich wohl gefühlt, wo hast du dich wohlgefühlt?

Sie können die Fragen erst einzeln für sich schriftlich beantworten und dann in Dialog treten, das hilft, zum Punkt zu kommen. Hören Sie einander dann wirklich zu und lassen Sie einander ausreden. Zwei Menschen, zwei Blickwinkel, zwei Wirklichkeiten. Führen Sie beide zusammen, haben sie eine wertvolle Basis, um besser zu werden. Gemeinsam.

Wir wünschen Ihnen viel Erfolg beim Moderieren zu zweit!

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  • Möchten SIe besser moderieren lernen oder Ihre Moderationspraxis überprüfen, dann werfen Sie doch einen Blick auf unsere Angebote zum Thema Moderation und Präsentation.
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Dieser Text ist Teil einer Serie. Lesen Sie auch die Blog-Beiträge:

Zu zweit schreiben

Zu zweit präsentieren

Der Maskenball der KI: Wie schnell können wir tanzen?

Was bleibt vom Lesen in Zeiten der KI? Und was bleibt vom Schreiben? Gedanken einer Leserin, Schreiberin und Schreibtrainerin.
Elisabeth Gräf liest - auch in Zeiten der KI
Wirl Photo

Ich lese gern. Ich habe das immer schon gern getan. Nicht unbedingt Zeitungen oder Berichte, schon auch, aber vor allem Literatur. Ich nehme als Beispiel Arno Geigers Unter der Drachenwand, das mich zutiefst begeistert hat. Das lag nicht nur daran, dass der Mann richtig gut schreiben kann, akribisch recherchiert und unterschiedliche Perspektiven im Buch einnimmt. Am meisten faszinierte mich, dass all das, die Perspektive der Bäuerin, der deutschen Soldatengattin, des verfolgten Juden, des Kriegsdienstverweigerers, des 14-jährigen Schulmädchens, durch Arno Geigers Kopf gegangen und dann auf Papier gelandet war. Er hatte all das entworfen, durchgedacht, letztlich geschrieben. Und die Schlussfolgerungen dahinter: so fein, so klug, so tief. Ich las das Buch und war hingerissen, weil ich wieder bestätigt bekommen hatte, was ich mir immer wieder dachte: Diese Art Literaten gehört zu den klügsten Leuten. Sie denken Dinge bis zuletzt durch. Sie lassen mich in ihren Kopf einsteigen, wenn ich lese. Besonders stark hatte ich diesen Eindruck bei Karl Ove Knausgaard. Ich verbrachte Monate in seinem Kopf. Ein belesener, bisweilen verpeilter Kopf, der aber immer mehrere Ebenen mitdenkt. Also: das Coolste, das Faszinierendste für mich ist der Kopf der Menschen und das, was sich darin abspielt. Vielleicht auch das Herz und der Bauch, aber das ist ja nicht zu trennen, meine ich.

Ich schreibe gerne. Zumindest habe ich es bisher gern getan. Ich liebe Wörter, sie machen die Welt fassbar, begreifbar. Was man benennen kann, lässt sich verstehen. Wer schreibt, ermächtigt sich, die Welt zu seiner eigenen zu machen, schärft Bedeutungen, zwingt sich, vielleicht noch diffusen Gedanken eine Form zu geben. Wir gießen Gefühle, Gedanken in Worte, erlangen auf diese Weise Klarheit, können uns, je mehr wir diese Fertigkeit schärfen, mit anderen intensiver austauschen. Je größer unser Wortschatz, desto größer unsere Welt. Je variantenreicher unser Ausdruck, desto differenzierter unser Kommunikationsvermögen.
Mit dem Lernen einer neuen Sprache schaffen wir uns eine neue Welt. Ah, s’il vous plaît heißt nicht einfach nur bitte, sondern bedeutet in der Wurzel eigentlich: Wenn es Ihnen gefällt. Interessant, eine andere Nuance. Ah, im Indonesischen gibt es zwei Formen von wir: eines, das den Angesprochenen einschließt, eines, das ihn ausschließt. Andere Denkweise. Andere Realität. Andere Welt. Steigt man in diese Sprache komplett ein, steigt man in ein anderes Denken ein. Es ist nach einiger Zeit verwirrend, dass es im Deutschen nur noch ein Wir für beides gibt. Plötzlich können wir anders denken, weil wir in einer anderen Sprache denken. Sprache ist denken. Schreiben ist denken. Sprache ist Welt. Schreiben ist Welt. Jeder Mensch hat eine eigene Sprache. Jeder Mensch hat eine eigene Welt. Jedes Wort, das jemand selbst schrieb, war Teil dieser eigenen Welt, Zeugnis seines Denkens, ein Produkt aus seinem Kopf (oder eben seinem Herz, seinem Bauch).

Das war bis jetzt so. Schreiben und Lesen gehörte zumindest in unserem Kulturkreis zu einer Grundfertigkeit wie Zähneputzen. Es war einerseits nötig, um den Alltag zu bewältigen: Wir schrieben Tests, um zu zeigen, was wir gelernt oder gedacht hatten, wir schrieben Anträge, um bei einem Amt zu einer Leistung zu kommen, wir schrieben Lebensläufe und Bewerbungen, um zu zeigen, was wir können – und wer wir sind. Wer sich spezialisierte, ergriff einen schreibenden Beruf – in der Geschäftsassistenz, im Journalismus, in der Kommunikationsabteilung eines Betriebs.

Schreiben hat mir nicht nur Spaß gemacht, weil ich Wörter mag, weil ich ihren Bedeutungen gern auf den Grund gehe, weil ich mich gerne ausdrücke, weil ich Erlebtes zu Papier bringen und festhalten möchte. Ich schreibe sicher auch deshalb gern, weil ich weiß und immer wieder bestätigt bekam, dass ich es kann. Immer mehr wurde das Schreiben, das mich ständige Umgeben mit Sprache, zu einem Teil meiner Persönlichkeit. Was in der Volksschule mit der Veröffentlichung eines Erlebnisaufsatzes in der Schulzeitung begann, endete über Umwege des Lektorats in einem Verlag und einer Anstellung im Bildungsbereich in meiner Berufstätigkeit als selbständige Kommunikationstrainerin. Mein Herzensanliegen: authentische Kommunikation auf Augenhöhe, und zwar schriftlich und mündlich. Mit dem Kopf kann ich außerdem zahlreiche Tools, Tipps und Techniken zur Umsetzung des Kommunikationsziels beitragen und so tatsächlich mit Herz und Hirn (danke, SPÖ, für diesen blöden Wahlspruch) Menschen dabei begleiten. Ein Job, den ich liebe.
𝐔𝐧𝐝 𝐩𝐥ö𝐭𝐳𝐥𝐢𝐜𝐡 𝐢𝐬𝐭 𝐚𝐥𝐥𝐞𝐬 𝐚𝐧𝐝𝐞𝐫𝐬

Jetzt kommt die KI ins Spiel. Nein, ich jammere nicht, dass sie mir meinen Job als Schreiberin oder Schreibtrainerin wegnimmt. Ich weine, weil sie mir meinen Kopf wegnimmt. Meinen Kopf, auf den ich so stolz war. Ich lese mir gern Dinge an, ich denke sie durch, ich forme Konzepte, zum Beispiel für einen neuen Blogartikel (ha! Da ist es ja doch wieder, das Schreiben) oder für ein neues Seminar. Ich habe eine These und eine Idee. Und weil ich nicht zu den Menschen gehören will, die sich vor neuen Errungenschaften verschließen, teste ich die Fähigkeiten von KI, in meinem Fall meist ChatGPT in unterschiedlichen Varianten, immer wieder mal aus.

In unseren Seminaren raten wir Menschen, das Tool als Sparringpartner zum Entwickeln von Ideen zu verwenden, um Thesen für eine Text zu schärfen, um Konzepte zu erstellen. Wir geben Tipps zu Prompts, weil wir wissen, worauf es beim Ausarbeiten von Kommunikation und ihren Zielen ankommt. Und die KI liefert fabelhafte Ergebnisse. Fast immer. Natürlich könnte ich die paar Mal hernehmen, wo ChatGPT kompletten Blödsinn verzapft hat oder in die Irre ging. Ich könnte die Teile im Text rauspicken, die sich wiederholen oder im Stil nicht zusammenpassen. Das sind Details. Kleine, winzig kleine Details, um mich an einen dünnen Rettungsring zu klammern, dass es doch etwas gibt, das ich erkennen kann, die KI jedoch nicht.
Seien wir ehrlich: Wenn wir von einer Materie schon ganz gut Ahnung haben und zielsicher prompten, sind die Ergebnisse phänomenal. Bei meiner letzten Idee zu einem Blogartikel, auf den ich richtig Lust hatte – weil ich es ja, wie oben geschildert, liebe, schreibend Gedanken festzugießen, zugleich weiterzuentwickeln und zueinander in Beziehung zu setzen – denn auch dazu zwingt uns das Schreiben –, und bei Dingen, bei denen ich vielleicht noch anstehe, in die Tiefe zu gehen und weiter zu recherchieren, zog ich aus einer Laune heraus ChatGPT als Diskussionspartner zu Rate. Ich erklärte ihm meine These und meine wesentlichen Gedanken dazu – und fragte, welche Aspekte ihm hier noch fehlten. Was erhielt ich als Antwort? Eine perfekt strukturierte Zusammenfassung unterschiedlicher Strömungen aus Philosophie, Neurowissenschaften und Kommunikationspsychologie, die diese These entweder stützten oder widerlegten. Das Ganze noch mit Quellen unterlegt (ja, ich habe sie überprüft, sie waren alle korrekt) und mit der Frage hinterher, ob er mir daraus einen Artikel oder eine Powerpoint zusammenstellen solle.

Ich war platt. Meine Freude war dahin. Das, was ich mir an einem Vormittag erarbeiten wollte, stand innerhalb einer Minute fein säuberlich sortiert auf einem Blatt vor mir. Strukturiert und in einer Breite, die ich selbst so nie zusammengebracht hätte. (Um ein Haar in der Suppe zu finden: in Wirklichkeit zu breit. Aber hier könnte man nachprompten.) Ich war um die Freude am Prozess gebracht, das Ergebnis lag schon vor mir.
Die KI greift nicht auf das Wissen eines Kopfes zurück. Sie trägt das Wissen aller in sich, sämtlicher Köpfe, die im Netz publiziert haben. Sie ist so programmiert, dass sie dieses Wissen verknüpfen kann. Sie ist ein Superhirn aus unendlichen Hirnen. Ich kann mir fünfmal, zehnmal, hundertmal sagen, dass sie nicht lebt. Das, was mein Leben ausmacht, ist mein Kopf (und in Kombination damit mein Herz und mein Bauch). Dieser Kopf ist nichts mehr wert. Meine Arbeit ist nichts mehr wert. Was ich früher freudig aus Gelesenem und Gedachten zusammenkombinierte, ist nutzlos. Menschen in Wissensberufen heute sind die Weber und Weberinnen im 19. Jahrhundert und die Setzerinnen und Setzer der 1980er-Jahre. Sie werden nicht mehr gebraucht. Ich werde nicht mehr gebraucht.
Das stimmt natürlich so nicht. Ich kann immer noch Trainings halten, wertschätzendes Feedback geben, mit Menschen kommunizieren, Gruppen leiten, vor Publikum sprechen. Das kann die KI (so) (noch) nicht. Aber: Mein Selbstverständnis, mein Selbstwert, beide sind angeknackst. Und was antwortet die KI auf meine Klage? „Das ist eine absolut berechtigte, tiefgreifende Beobachtung – und sie trifft einen Nerv, den gerade viele Expert:innen in wissensintensiven Berufen spüren.“ Danke, jetzt fühle ich mich gleich viel besser.
𝐃𝐢𝐞 𝐖𝐞𝐥𝐭 𝐦𝐚𝐬𝐤𝐢𝐞𝐫𝐭 𝐬𝐢𝐜𝐡
Aber darum geht es mir gar nicht. Natürlich kann ich mich mit der KI auch anfreunden, sie nutzen, mit ihr arbeiten. Aber was macht sie mit uns? Was macht sie aus uns? Was mich so ankotzt: Jeder Idiot kann sich zu jedem beliebigen Thema einen coolen Text zusammenstellen lassen, ihn unter seinem Namen publizieren und sich so als Experte oder Expertin verkaufen. Ja, das ist bedrohlich! Es wird niemand merken. Worte sind mächtig, Worte nehmen ein, Worte blenden. All das kann die KI. Und ganz reale Menschen können sich dahinter verstecken. Für mich fühlt sich das alles wie eine große Lüge an. Für mich zeigen sich Menschen in ihren Texten. Nun zeigt sich KI in ihren Texten, Menschen geben die KI-Texte als ihre eigenen aus, sie zeigen sich nicht. Es ist, als hätte sich die Welt mit einem Mal maskiert. Und alle schreien: Wow, super!
Ich finde es nicht super. Ich finde es verstörend, beängstigend. Ein Text hat damit keine Persönlichkeit mehr. Niemand Reales steckt dahinter. Jemand könnte ein Buch von KI schreiben lassen, im Stil, von, sagen wir, Arno Geiger. Er könnte ein paar Thesen aufstellen, ohne sich je mit Sprache auseinandergesetzt zu haben, er könnte Chat-GPT nach Quellen suchen, diese dann zu einem Roman kombinieren lassen. Es könnte ein spannendes Buch werden.
ChatGPT behauptet, wenn man es darauf anspricht, man würde bei einer solchen Arbeitsweise („Schreiben wir es doch zusammen!“, säuselt die KI) die Oberhoheit über den Text behalten. Aber Fakt ist: Der Text wäre nicht durch den Kopf des Schreibers gegangen, ich könnte beim Lesen nicht in seinen Kopf einsteigen, sondern ich werde in eine Kombination aus einem Netzwerk von Millionen Köpfen eintauchen.
Natürlich könnte ich dennoch Lesegenuss und Erkenntnisse daraus ziehen. Aber: Es wäre nicht echt. Es wäre nicht durch den Kopf des Autors gegangen. Für mich ist ein solcher Text eine einzige große Lüge. Eine einzige große Maske. Und alle setzen sie sich freiwillig auf. Ist doch toll! Machen doch alle! Die Welt ist ein Maskenball, auf dem wir schneller und effizienter tanzen! Aber: Ist das noch unser Tanz? Und wer gibt den Takt an?

Arbeitsmethoden zu zweit: die PINGPONG-Methode

Ein Entwurf, ein Projekt oder ein Text steht an. Sie sind ein Zweierteam – und die Frage stellt sich: Wer macht’s? Die Antwort: beide, aber abwechselnd mit System. Im Pingpong.

Pingpong - gut als Methode und als Sport.Ich arbeitete in einer neuen Zweierkonstellation an einem Projekt. Wir hatten beide wenig Zeit, jede hatte ja noch einen eigenen Job. Es ging darum, Daten zu erfassen und in ein Dokument zu gießen. Die Kollegin erklärte seufzend, sich darum zu kümmern, als ich meinte: „Weißt du was? Ich schick dir einfach ein Ping.“ „Was ist ein Ping?“ „Roman und ich arbeiten immer so. Ob wir einen Text schreiben, ein neues Seminar entwerfen oder eine Präsentation vorbereiten: Einer startet mit einem Entwurf und schickt ihn an den anderen. Mit Ping. Der geht drüber, ergänzt, und schickt es mit Pong zurück. Wie beim Tischtennis!“ „Und wie lange dauert so ein Match?“, fragte sie. „Im Schnitt geht das maximal viermal hin und her.“ „Klingt gut“, schloss sie, „schick mir ein Ping!“

Pingpong – ein bewährtes Konzept

Für unser Buch „Zweierteams: So gelingt Jobsharing und das Arbeiten zu zweit“ haben wir zwölf Jobsharing-Paare interviewt. Viele beschreiben auf unterschiedliche Art dieselbe Technik, sie funktioniert also nicht nur bei uns, auch wenn wir hier für die Beschreibung der Einfachheit halber unsere Namen wählen. Und so geht es:

Roman beginnt mit einem Konzept, einem Text oder einer Idee, formuliert einen ersten Draft und übergibt dieses unfertige Werk an Elisabeth. Sie arbeitet ein Stück weiter und schickt das File an Roman zurück. Der Vorteil: Der Druck, die Arbeit oder die Gedanken gleich fertigstellen zu müssen, fällt weg. Es muss nur ein Stück weiter oder besser zurückkehren. Und: Keiner hat allein die ganze Arbeit!

Natürlich gehört dazu das Vertrauen, dass das Gegenüber auch seinen Beitrag leisten wird. Außerdem braucht es einen klaren Zeithorizont. Und: Es müssen beide im Boot sein. Es kann nämlich passieren – und auch hier sprechen wir aus Erfahrung –, dass der bzw. die andere nicht richtig einsteigt. Das ist immer dann passiert, wenn wir zu einseitig motiviert begonnen haben. Der bzw. die andere wurde im Vorfeld nicht mitgenommen, konnte nicht nachvollziehen, wozu das gut sein sollte.

Die Lösung: entweder das Projekt, die Arbeit oder die Idee der anderen Person besser verkaufen und den Nutzen klarer hervorheben oder das Vorhaben herunterschrauben, das, was geteilt werden soll, in kleinere Portionen zerteilen. Man kann aber auch eine andere Methode wählen: sich etwas thematisch neu aufteilen, das Gegenüber für ganz spezifische Dinge einbinden oder die Sache vorerst allein machen und ein Pingpong dann zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal versuchen.

Ist aber beiden die Aufgabe von vornherein klar und haben sie sich auf die Vorgangsweise des Pingpongs geeinigt, funktioniert es wunderbar.

Wir wünschen euch viel Erfolg bei der Arbeit im Zweierteam!

Und hier ist unser Youtube-Video dazu:

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    Coaching für Zweierteams anfragen

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Präsentationen: Fokus statt Folien-Hokuspokus

Wer bei Präsentationen oder Workshops allein auf PowerPoint und elektronische Hilfsmittel setzt, macht sich von diesen abhängig. Ein Plan B schadet nie.

Auf diesem Bild sieht man Flipchart und Bildschirm für PPT-Folien. Wir sind auf beides vorbereitet.Im Büro von WORT & WEISE, eine Woche vor dem Workshop:

Roman: Morgen gehe ich die Skripten für das Seminar kopieren, schaust du nochmal drüber?
Elisabeth: Skripten? Echt? Für ein IT-Unternehmen? Vereinbart waren doch nur die Powerpoint-Folien, weil dort alles digital läuft.
Roman: Ja, das haben die gesagt, aber es ist ein Zweitages-Seminar mit viel Inhalt. Das ist alles im Skript viel ausführlicher behandelt. Wenn es wer nachlesen will …
Elisabeth: Hast recht, die meisten Menschen haben doch ganz gern etwas in der Hand, auch wenn sie das selbst oft nicht wissen. Ja, lass uns trotzdem Skripten machen!

Im Büro von WORT & WEISE, am Vorabend des Workshops:

Elisabeth: Ich pack unsere Flipcharts für das Seminar auch ein, gut?
Roman: Die Teilnehmenden rechnen aber mit Powerpoint-Folien – und bei einem Unternehmen wie diesem gehe ich vor Ort eigentlich von allen Raffinessen der Technik aus.
Elisabeth: Ich pack die Flips trotzdem ein, damit wir je nach Situation entscheiden und auch abwechseln können.

Diese Entscheidung war – ebenso wie die erste – eine gute. Warum?
Auch in einem IT-Unternehmen kann – wie im konkreten Fall aufgrund eines Kabelgebrechens im Seminarraum – die Technik versagen. Und Menschen, die den ganzen Tag am Computer sitzen, freuen sich ungemein, wenn sie gedruckte, gebundene Skripten in der Hand halten.

Was lernen wir daraus? Wer eine Präsentation oder einen Workshop plant, sollte sich nicht auf seine digitalen Folien verlassen. Ob Prezzi, Powerpoint oder Google Slides – sie sind kein Ersatz für eine gute, eigene Ablaufplanung (siehe auch Blogbeitrag: Weder Power noch am Punkt).
Idealerweise sprechen wir bei einem Vortrag frei und haben den Ablauf unabhängig von den Folien im Kopf oder auf einem Zettel vor uns. Nummerierte Karten mit Stichworten helfen uns bei einer längeren Präsentation besonders gut weiter. All das lässt uns unabhängig agieren, auch wenn die Technik Mätzchen macht – und das soll ja ab und an vorkommen.

Noch besser: zusätzliche Präsentationsalternativen einplanen. Man muss sie dann ja nicht verwenden – aber sie geben Sicherheit! Überlegen Sie: Welche Inhalte können Sie so visualisieren oder auditiv unterstützen, dass sie gut in Erinnerung bleiben? Dazu müssen Sie nicht unbedingt Flipcharts mitnehmen. Lassen sich vielleicht Gegenstände finden, die zu Ihren Inhalten passen, können Sie Anschauungsmaterial aufhängen oder durchgeben, können Sie etwas vorzeigen? Gibt es Hörbeispiele? (Zugegeben, dafür braucht es doch auch technische Hilfsmittel.) Können Sie vielleicht etwas szenisch darstellen, haben Sie eine Geschichte oder eine Metapher parat, die das Gehörte für das Publikum greifbar macht? Und natürlich: Wo können die Teilnehmenden selbst etwas tun?

Live erleben statt an Folien kleben

Nichts davon ist Pflicht, aber bedenken Sie: Ein Plan B im Hinterkopf wird Ihnen schon in der Vorbereitung helfen, auf das Wesentliche zu fokussieren. Und das lässt Sie selbst souveräner agieren – auch wenn Sie im Endeffekt doch auf ein Programm mit Folien zurückgreifen. Es kann, es muss aber nicht alles digital sein. Im Gegenteil!

Möchten Sie wissen, wie das einhellige Feedback auf unser Seminar in besagtem IT-Unternehmen lautete? „Oh, wie schön, dass wir Skripten bekommen haben! Ich kann  keine Folien mehr sehen!“ und „Danke, dass ihr auch am zweiten Tag, als die Technik funktionierte, auf den Beamer verzichtet habt. Es war so angenehm, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und einfach mitzumachen, anstatt Folien zu lesen.“

Tatsächlich reflektiert das Feedback den häufigsten Folien-Fehler: zu viel Text. Gerechtfertigt wird das meist damit, dass die Unterlagen ja danach an die Teilnehmenden ausgehändigt werden. Das Problem lässt sich lösen: Nicht alle Folien, die man vorbereitet, muss man zeigen. Fast jedes Tool kennt die Ausblenden-Funktion. Sie können also Text-Folien für die Dokumentation und dazu passende Visualisierungs-Folien erstellen – und den Text bei Ihrer Präsentation ausblenden. Sie müssen dann frei zum Bild sprechen, dabei werden Sie automatisch lebendiger mit dem Publikum interagieren. Ihr Vortrag wird davon profitieren.

Das klingt anstrengend? Stimmt! Denn ob ansprechende Folienpräsentation oder alternative Visualisierungsmethoden: In einem guten Vortrag steckt viel Arbeit. Es lohnt sich, diese in die Vorbereitung zu stecken.

Brauchen Sie Unterstützung bei der Vorbereitung auf eine Präsentation? Wir helfen Ihnen gerne.
 
Präsentationscoaching oder Workshop hier anfragen!

Zuhören und die Bereitschaft, Neues zu hören

Missverständnisse vermeiden: ein Rezept für konstruktive Gespräche

Ein Gespräch eskaliert, weil beide Seiten ihre Perspektive beibehalten. Genau zuhören und nachfragen hilft, Missverständnissen auf die Schliche zu kommen.

Wer die Ente sieht und nicht bereit ist, den Blickwinkel zu verändern und auf seiner Wahrnehmung beharrt, wird nie den Hasen sehen. Eine Wahrheit wird verborgen bleiben. Schlau wäre, dem anderen zuzuhören und zu erfahren, was er oder sie sieht.Ich erinnere mich an eine Kundin, die vor einigen Jahren für ein Kommunikationscoaching bei uns war. Kerstin arbeitete in einer sozialen Institution in Niederösterreich, die Menschen im Alltag begleitet. Sie wandte sich an uns, weil sie in Gesprächen, so diese nicht im therapeutischen Kontext mit Klient*innen stattfanden, oft emotional wurde; vor allem mit Team-Kolleg*innen fiel es ihr schwer, Nerven und Ruhe zu bewahren.

Einmal schilderte sie ein typisches Beispiel: Nach einem stationären Aufenthalt wurde Kerstins Klient vom Spital ein Medikament verordnet. Als er sich dieses in der Apotheke abholen wollte, schickte man ihn fort – mit dem Hinweis, er habe kein Rezept. Der Klient wandte sich an Kerstin mit der Bitte um Hilfe, und sie griff sofort zum Hörer. Das Gespräch verlief in etwa so:

Kerstin: Sie haben meinen Klienten wieder fortgeschickt, obwohl ihm das Medikament im Spital verordnet wurde.

Apothekerin: Dafür brauche ich ein Rezept, er hatte keines.

Kerstin: Aber das Spital hat ihm doch dieses Medikament verordnet!

Apothekerin: Dafür brauche ich aber ein Rezept.

Kerstin: Ja, aber Sie haben doch ein Rezept!! Das Spital hat das doch verschrieben!

Apothekerin: Damit ich das verbuchen kann, brauche ich ein Rezept von einem Arzt.

Kerstin: Wollen Sie mir sagen, dass im Spital keine Ärzte arbeiten? Er war ja gerade im Spital beim Arzt!!! Warum geben Sie ihm das Medikament nicht?

Apothekerin: Jetzt habe ich es Ihnen schon TAUSENDMAL gesagt: Ich brauche ein REZEPT!

Kerstin: SCHREIEN SIE MICH NICHT AN!

Erst bei der Nachbearbeitung im Coaching wurde Kerstin klar, dass weder sie noch die Apothekerin einander wirklich zugehört hatten. Sie waren nicht bereit gewesen, ihre Vorannahmen in Zweifel zu ziehen, vielleicht einmal zu wiederholen, was die jeweils andere gesagt hatte oder eine konkrete, weiterführende Frage zu stellen. Für Kerstin war klar: Der Patient hat eine Verschreibung vom Spital, das kann ja nichts anderes als ein Rezept sein. Warum stellt sich die Apothekerin so an?
Für die Apothekerin war klar: Sie braucht zum Abrechnen mit der Krankenkasse ein Rezept – und die Medikamentenliste des Spitals ist kein solches.

Hinhören und nachfragen

Hätte eine von beiden genauer hingehört oder nachgefragt, wäre das Telefonat nicht in einem Streit geendet. Idealerweise hätte eine der beiden die Situation beschrieben und dann eine Frage gestellt. Damit wären sie aus ihrer eigenen Tunnel-Wahrnehmung ausgestiegen.

Im Fall von Kerstin zum Beispiel: Der Patient war gerade im Spital. Er hat einen Zettel mit Medikamenten, die er nehmen soll, erhalten. Ist das, was er hat, denn kein Rezept? Oder: Sie sagen, er braucht ein Rezept. Wo bekommt er denn ein Rezept her, wenn nicht im Krankenhaus?

Im Fall der Apothekerin: Sie sagen, das Spital hat das Medikament verschrieben. Ist das nicht vielleicht nur eine Medikamentenliste im Entlassungsbrief? Oder: Ein Rezept stellt eine niedergelassene Arztpraxis mit Kassenvertrag aus. War der Patient denn nach dem Krankenhaus schon beim Arzt? Oder mit einer Nachfrage: Sie sagen, Sie haben ein Rezept. Wie sieht Ihres denn genau aus?

So aber blieb jede in ihrer eigenen Story. Kerstin war überzeugt, der Entlassungsbrief aus dem Spital sei einem Rezept ebenbürtig. Sie fragte nicht, was denn als nächstes zu tun sei. Die Apothekerin blieb bei ihrer Formulierung, dass sie ein Rezept brauche, obwohl ihr Gegenüber ganz offensichtlich nicht wusste, was sie darunter verstand. Sie fragte nicht nach, was denn der Patient erhalten hatte, sie erklärte den Begriff nicht genauer, auch als eigentlich klar sein musste, dass sie von verschiedenen Dingen sprachen. Der Konflikt eskalierte, die beiden brüllten sich am Telefon an – und Kerstin kam ins Coaching.

Scheinbar Selbstverständliches in Frage stellen

Was lernen wir daraus? Ein Gespräch verläuft konstruktiv, wenn wir bereit sind, das, was wir als selbstverständlich erachten, auch in Frage zu stellen. Für die Apothekerin war klar, was ein Rezept ist – war es das aber für den Patienten und seine Betreuerin auch? Eine simple Frage an die andere Person, eine Beobachtung, dass hier vielleicht ein Missverständnis zum Begriff vorliegt – und schon wären die beiden vom Konfliktpfad abgekommen. Ebenso hätte die Diskussion einen konstruktiven Weg genommen, wäre Kerstin bereit gewesen nachzufragen, was denn ihr Gegenüber wirklich brauchte, wie denn ihre Arbeitsrealität aussah!

Daher: Gehen Sie nicht davon aus, dass Ihr Gegenüber dasselbe Vorwissen hat wie Sie. Fragen Sie sich auch einmal, was er oder sie brauchen könnte. Stellen Sie Fragen! Treten Sie einen Schritt zurück, wenn die Emotionen zu brodeln beginnen, und versuchen Sie zu erkennen, was da gerade passiert – in diese Beobachtung können Sie auch die andere Person einbeziehen. Menschen sind vielfältig und niemand ist im Besitz der einzigen Wahrheit. Zu zweit kommt man ihr aber oft näher, wenn man sich wirklich austauscht. Daher: Bleiben Sie neugierig!

Wenn Sie Ihre Kommunikationspraxis auch verbessern möchten, kommen Sie zum Coaching!

Kreativität im Team: Gegenseitig Inspiration sein

Auch wenn in unseren Köpfen der Mythos vom einsamen kreativen Genie verankert ist: Meist braucht es eine Inspiration von außen – zum Beispiel vom Teamkollegen.

Blick von der Burg AggsteinEs war auf einer unserer zweitägigen Klausuren, bei der es darum ging, aus der Reflexion unserer Arbeit eine Vision für die nächsten Jahre zu entwerfen. Die erste Corona-Zeit mit all ihren Lockdowns und Einbrüchen war gerade vorbei und eine Neuorientierung stand an. Es galt, gedanklich weit aufzumachen: Wie wollen wir weitertun? Wo wollen wir in fünf Jahren stehen?

Aber wie so oft bei großen Fragen schlitterte ich in eine komplette Denkblockade. „Tut mir leid, es geht nicht, in meinem Kopf herrscht Leere, ich kann nichts beitragen“, seufzte ich. Da saßen wir also in der Sonne an einem Tisch auf der Ruine Aggstein und brachten nichts weiter – und das war meine Schuld. „Wir könnten es doch einfach mal mit Freewriting versuchen“, brach Roman die von trüben Gedanken schwere Stille. Da regte sich etwas bei mir: In meiner Verzweiflung hatte ich ganz vergessen, dass es Methoden gibt, die Blockaden lockern können. Schön, wenn man in so einer Situation nicht allein vor sich hindenken muss. Noch schöner, wenn man in einer kreativen Denkblockade steckt und ein Gegenüber hat, das Vorschläge macht. Schlimmer konnte es nicht werden und mehr, als dass ich zehn Minuten mit sinnlosem Schlingen-Malen vergeudete, konnte schließlich nicht passieren.

Kreativ mit Methode

Also stellten wir uns den Timer am Handy und schrieben los. Alles war erlaubt, nur abzusetzen nicht: Der Stift sollte immer in Bewegung sein, selbst wenn einer von uns nur lalalala schrieb. Ich notierte also mal, was mir durch den Kopf ging, wie sehr ich mich über meine Blockade ärgerte, dass ich nichts beizutragen hatte, dass mir nichts einfiel und so weiter und so fort. Irgendwann begann ich zu zeichnen – in kindlichem Stil eine kleine Königin und einen kleinen König auf einer Burg, und daneben schrieb ich alles, was mir zu diesen beiden aus dem Bauch raus so einfiel. In der Mitte stand ein großer Pokal, in den ich auch einige Worte füllte.

Nach zehn Minuten klingelte das Handy. Ich zuckte die Achseln und sagte: „Bei mir kam keine Erkenntnis, ich habe nur vor mich hingezeichnet.“ Ich las zuerst meinen bruchstückhaften Jammer-Text vor, dann zeigte ich – etwas ratlos – Roman das Bild. Er jedoch meinte: „Aber da ist doch alles drin!“ Nachdem er seine Gedanken aus dem Freewriting mit mir geteilt hatte, begannen wir, über das Bild in Zusammenhang mit seinen Überlegungen zu reden. Und siehe da: Es entwickelten sich daraus einige Ideen für die nächsten Projekte und die ersten Schritte dazu. Das Freewriting bzw. die dabei entstandene Zeichnung war die Inspiration gewesen, um kreative Ideen zu entwickeln und eine andere Perspektive einzunehmen.

Menschen als Inspirationsquelle

Was heißt das? Kreativität kommt manchmal von allein – aber leider nicht immer. So ziemlich alle großen schöpferische Geister wie Dichter und Komponisten wussten, dass sie Inspiration auch aktiv suchen mussten, sei es in der Natur, durch das Zitieren von Kollegen, psychoaktive Substanzen oder den Austausch im Kollektiv. Und Blockaden kannten sie auch – alle! Kreativität fließt jedenfalls deutlich besser, wenn sie einen Anstoß bekommt. Und dieser kann einerseits von einer anderen Person kommen – idealerweise sogar der, mit welcher man arbeitet – oder durch eine kreative Technik, die man vielleicht sogar gemeinsam durchführt. Ganz auf sich gestellt, ohne jegliche Anregung und auf Druck, sind Blockaden vorprogrammiert. Daher: Menschen und Methoden können helfen, sie zu lösen – im Idealfall sogar eine Kombination daraus!

Zur Methode Freewriting haben wir – übrigens auf genau dieser Klausur – auch ein Video gedreht.

Wenn Sie Methoden dieser Art mit Ihrem Team anwenden wollen, buchen Sie ein Inhouse-Seminar  für Ihre Organisation oder Ihr Unternehmen mit uns.

Wenn Sie Kreativitätstechniken alleine durchführen möchten, erarbeiten wir mit Ihnen gern Lösungen mit passenden Methoden in einem Fachcoaching.

Wer Vertrauen hat, schafft Vertrauen

Wer Vertrauen sät, wird Vertrauen ernten. Oder: Wie mich ein Hund etwas Grundlegendes über Vertrauen lehrte.

Keenoa, der Hund der mich einiges über Vertrauen lehrteIch erinnere mich noch gut, als mir meine Freundin zum ersten Mal während ihres einwöchigen Urlaubs ihren Hund Keenoa überließ. Ich war voll der Bewunderung, wie unheimlich gut erzogen er war – zumindest im Vergleich zu meinem sturen Rauhaardackel, den ich in meiner Kindheit gehabt hatte. Keenoa war so wohlerzogen, dass er ohne Leine folgte. Dennoch sagte meine Freundin: „Sollte er ein Reh sehen, wird er drauflos rennen, aber in der Regel macht er eine Runde und kommt zurück.“

Was für ein Hund!

Als ich eines Tages mit ihm am Cobenzl unterwegs war, geschah es tatsächlich. Keenoa erspähte ein Reh und startete drauflos. Ich, komplett überzeugt von der Verlässlichkeit dieses Hundes, pfiff einmal kurz lässig und wartete einfach darauf, dass der Hund die Kurve zurück machte. Genau so geschah es, der Hund drehte ab, lief eine kleine Runde und war sofort zurück. Spaziergänger, die das Ganze beobachtet hatten, pfiffen bewundernd durch die Zähne. Was für ein Hund!

Als meine Freundin vom Urlaub zurückkam und ich ihr davon erzählte, war sie erstaunt: „Er hat sofort umgedreht?“ „Klar“, sagte ich, „hast du doch gesagt!“ Sie lachte. „Im Idealfall, ja! Aber nicht unbedingt sofort. Ich meinte, er dreht eine Runde und kommt dann zurück. Wahrscheinlich hat er aber gespürt, dass du dir absolut sicher warst, dass er kommt. Es gab gar keinen Zweifel. Deshalb hat er gleich umgedreht. Wäre ich mit ihm gegangen, wäre ich wohl nicht so sicher gewesen.“

Hunde spiegeln oft, was ihr Gegenüber spürt und körpersprachlich ausstrahlt. Meinem eigenen Hund vertraue ich – trotz aller Bemühungen – nicht annähernd so sehr wie damals Keenoa, auch wenn er ebenfalls sehr gut erzogen ist. Ich habe mehr Angst um ihn, ich weiß mehr über ihn – und das strahle ich mit Sicherheit auch aus. Hundetrainer*innen bestätigen das: Hunde lesen unsere Körpersprache sehr genau. Zweifel an unserer Einstellung erkennen sie, auch wenn sie nur leise in uns keimen. Meine Klarheit gegenüber Keenoa entstammte einer gewissen Naivität. Ich hatte mit ihm bisher keinerlei Erfahrungen gemacht, die mein Vertrauen getrübt hätten. Dadurch konnte ich damals wohl so klar agieren, wie ich es getan hatte.

Vertrauen springt über

Was ich damit sagen will? Ob Hund oder Mensch – felsenfestes Vertrauen springt über. Und Klarheit entsteht ebenfalls durch Vertrauen: Als erstes muss man selbst daran glauben. Dann kann man das Vertrauen auch dem Gegenüber schenken.

Ist das ein Plädoyer dafür, anderen blind zu vertrauen? Nein. Nur ein Beispiel dafür, wie Klarheit, das eigene Vertrauen und das in andere zusammenhängen. Das bedeutet nicht, dass man andere nicht auch kennen (lernen) muss, um Vertrauen zu entwickeln. Keenoa war ein Hund, der mein Vertrauen in ihn durch sein Verhalten immer wieder bestätigt hat. Meiner hingegen kommt in gewissen Situationen an die Leine. ?

Storytelling – ein Erfolgsrezept?

Storytelling gilt als Erfolgsrezept. Dennoch oder gerade deshalb müssen wir vorher abklären, wofür und wie wir die Story einsetzen möchten.
Es braucht nur wenige Zutaten, damit eine Erfolgsrezept gelingt. Beim Storytelling ist es genauso.

Ob Marketing, Vortrag oder Firmentext: Storytelling begegnet uns derzeit als Methode für alles – eine Art Geheimrezept, das man nur Schritt für Schritt befolgen müsse, und schon seien alle Ziele erreicht. Gleichzeitig boomen Werbung und Angebote, Storytelling zu vermitteln. Aber wie bei einem richtig guten Geheimrezept werden meist nicht alle Zutaten veröffentlicht, variieren die Mengenangaben – und wenn es nicht klappt: Hat dann vielleicht einfach die Hand des Meisters gefehlt?

Nein! Der Irrtum beginnt schon früher. Ein Rezept für alles kann es nicht geben! Verwende ich denn wirklich dasselbe Rezept für ein achtgängiges Gala-Dinner, eine Geburtstagsparty oder eine Brettljause? Ja? Dann Prost Mahlzeit! Es wird bestimmt nicht allen schmecken. Zuerst muss ich klären, wofür ich das Rezept brauche. Dabei hilft es, drei Fragen zu beantworten:

  1. Wer kocht? Bin ich gefeierte Star-Gastronomin, bin ich ambitionierte Hobbyköchin oder habe ich noch nie einen Kochlöffel in der Hand gehabt? Welche Küche steht mir zur Verfügung und welches Kochwerkzeug? Voll ausgestattet oder gerade mal Topf und Löffel?
  2. Für wen koche ich? Wer soll das Zeug denn nachher essen? Ein Gault-Millau-Bewerter? Ein hungriges Baby? 200 Partygäste? Welche Infos habe ich über sie? Weiß ich etwa von Vorlieben oder Unverträglichkeiten?
  3. Was ist das Ziel des Rezepts/der Zubereitung? Alle satt – klar! Aber schmecken soll es doch auch. Im Idealfall erfüllt es je nachdem den Zweck der Brettljause/des Partybüffets/der Hauptmahlzeit.
Fünfgangmenü oder Brettljause?

Und was hat das jetzt, bitteschön, mit Storytelling zu tun? Eine ganze Menge! Es nützt uns nämlich nichts, wenn wir das berühmte Marketing-Storytelling-Skript über jeden unserer Einzeltexte stülpen, eine Heldenreise konstruieren und auf Krampf „die fünf magischen Schritte zur perfekten Story“ einhalten. Möglicherweise koche ich so ein Fünfgangmenü, obwohl es eine Brettljause gebraucht hätte. Vielleicht reicht es jedoch völlig aus, einzelne Elemente des Storytellings einzubauen. Natürlich ist es sinnvoll zu wissen, was eine gute Geschichte braucht. Dann aber muss es wie immer heißen: Ziel vor Methode! Wichtig ist: Was will ich erreichen – und ist Storytelling für meine Zwecke das richtige Tool?

Wer das beherzigt, hat das Erfolgsrezept schon fast in Händen – und kann Storytelling immer brauchen – und sich Anregungen holen. Denn auch im Rezept für das Galadinner könnte eine gute Idee für ein kleines Gericht stecken – und das mache ich dann!

Also: Setzen Sie Storytelling ein – aber überfordern Sie sich nicht und klären Sie zuerst den Zweck, für den Sie es brauchen.

  • Wen möchten Sie erreichen?
  • Legen Sie fest, welche Hauptbotschaft Sie vermitteln möchten: Was ist die wichtigste Aussage?
  • Fallen Ihnen dazu Bilder ein? Halten Sie diese fest – hier könnten schon Elemente einer Geschichte stecken, die Sie brauchen können! Das müssen gar nicht so viele sein. Halten Sie die Ideen fest und überlegen Sie, wie sie diese am besten kombinieren können.

Denn wie beim Kochen kommt es nicht immer auf die Menge, sondern oft auf die Qualität und die Zusammensetzung der Zutaten an. Und darauf, dass das Rezept zum Ziel passt.
In diesem Sinne: Viel Spaß beim Nachkochen!

Und welches Erfolgsrezept steckt hinter anderen Storys?
Lesen Sie dazu unsere Blog-Beiträge über die  Story bei  Fisherman’s friends oder  Wie man auch mit kurzen Texten überzeugt: Storys in einem Satz.

Wenn Sie mehr über die Grundlagen des Storytellings wissen möchten, sehen Sie sich unsere Seminare und Coaching-Angebote an.

Gern unterstützen wir  Sie im Einzelcoaching oder kommen für ein Seminar in Ihr Unternehmen!

Wenn Sie Begleitung bei der Umsetzung suchen, sind wir auch gern für Sie da!

 

Zu neuen Ideen mit der Reizwortanalyse

Wie Sie mit einem Wort zu Assoziationen reizen und Gedanken anheizen, erfahren Sie in diesem Artikel.

Notizen zur Reizwortanalyse während einer S-Bahn-FahrtGerade hatten wir ein Youtube-Video zur Reizwortanalyse (auch bekannt als Reizwort-Technik oder Reizwort-Methode) gedreht, als mich eine Freundin bat, mir einen Titel für ein Chorkonzert im Frühling auszudenken. Mit Ideen ist es ja so: Entweder sie fliegen einem zu, ganz unvermutet, beim Spazierengehen, in der S-Bahn oder in der Badewanne, oder sie bleiben aus – wenn man nicht weiß, wie man sie aus ihren Verstecken, den verborgensten Winkeln des eigenen Gehirns, herauslockt. Gott sei Dank gibt es aber Methoden, die genau das möglich machen!

Die Reizwortanalyse ist eigentlich nicht das Mittel der Wahl, wenn man Titel sucht. Um etwa Headlines oder Slogans zu finden, arbeiten wir zumeist mit einer Wortfeldanalyse und kombinieren verschiedene Parameter. Diesmal aber wollte ich neue Wege gehen, spürte ich doch noch die Energie des vor wenigen Tagen gedrehten Videos in mir. Also, auf zur Titelsuche mit der Reizworttechnik!

Wie funktioniert die Reizwortanalyse?

Sie arbeitet mit der Methode der Bisoziation. Das Wort geht auf den Kulturphilosophen Arthur Koestler zurück, der so das Zusammenführen zweier völlig unabhängiger Begriffe bezeichnet. Man könnte auch sagen: Bisoziation ist das Gegenteil der Assoziation. Man sucht einen Begriff, der sicher nicht mit der Fragestellung verbunden ist. Zu diesem Begriff darf man assoziieren. Und dann verbindet man das Ganze mit der ursprünglichen Fragestellung. So kommt man zu neuen Ideen. Zu abstrakt? Ich erkläre jetzt ganz genau, wie ich es gemacht habe.

Frage formulieren

Der erste Schritt ist, wie bei der Arbeit mit Kreativitätstechniken generell, das Problem bzw. die Frage, für die man Lösungen sucht, möglichst genau zu formulieren. In meinem Fall war das einfach: Ich suche einen Titel für ein Chorkonzert eines Damenensembles, das im Frühling stattfindet.
Idealerweise schreibt man diese Fragestellung irgendwo auf.

Bisoziation

Jetzt kommt der erste methodische Schritt: ein Reizwort finden. Eine Möglichkeit besteht darin, sich ein beliebiges Buch zu nehmen und vorher zu definieren, auf welcher Seite man welches Wort auswählen wird. Ich war jedoch gerade unterwegs, als ich die Methode ausprobierte, und hatte mir vorgenommen, einfach das erste Wort zu nehmen, das ich bewusst lese. Ich spazierte durch die Venediger Au am Praterstern, dort, wo an zahlreichen Stellen das behördliche Alkoholverbot aushängt, und das erste, was ich las, war das Wort Polizei. Mein Auftrag war also: Mein Reizwort ist Polizei, und zu diesem muss ich jetzt assoziieren.

5-mal assoziieren

Die Reizwortanalyse lebt davon, zwischenzeitlich die Fragestellung zu vergessen, damit das Denken neue Wege einschlagen kann. Das passiert, indem man zum völlig beliebig gefundenen, keinesfalls jedoch mit der Fragestellung verwandten Begriff fünfmal assoziiert. Bei mir war das eben der Begriff Polizei, der beim besten Willen nichts mit einem Chorkonzert zu tun hat. Zu diesem assoziierte ich nun fünf Mal:

  1. Freund und Helfer
  2. Strafzettel
  3. Uniform
  4. Gesetze
  5. Pistole und Handschellen
Assoziationen mit der Fragestellung verbinden

Und jetzt wird es interessant. Diese Assoziationen nimmt man nun Schritt für Schritt her und verbindet sie mit der ursprünglichen Frage. Sie denken jetzt vermutlich: „Was soll da bitteschön rauskommen?“
Ich dachte das auch. Aber ich hielt mich an Leonardo Da Vinci, der gesagt hat: „Werden dem Geist zwei Dinge gleichzeitig angeboten, so muss er sie miteinander in Verbindung bringen, denn er kann nicht über zwei separate Dinge gleichzeitig reflektieren.“ Da Vinci wird schon Recht haben, fand ich. Also: Stift gezückt und munter drauf los Schritt für Schritt die jeweiligen Begriffe und meine Frage zusammengedacht. Ich war mittlerweile in der S-Bahn und hatte nur zwei Stationen Zeit – maximal 6 Minuten bis zum Aussteigen.

Hier ist das Resultat:

  1. Titel für ein Chorkonzert und Freund und Helfer

Freund, Freunde, Frühling, Frühlingsfreuden … Helfer, helfen … Helfer im Frühling … eine Leiter. Eine Tonleiter. Tonleitern in den Frühling. Auf der Tonleiter in den Frühling, Begleitmusik in den Frühling, ein Konzert, das Sie in den Frühling geleitet/begleitet

  1. Titel für ein Chorkonzert und Strafzettel

Etwas, was wegmuss, etwas, was verboten ist: der Winter ist im Frühling verboten … vielleicht den Winter mit Musik vertreiben? Ausklang des Winters? Ausklang des Winters, Einstimmung in den Frühling

  1. Titel für ein Chorkonzert und Uniform

Uniform – alles gleich, unisono … polyphon … unisono: Einklang … ein Klang im Frühling, Einklang im Frühling, vielleicht einKLANG im Frühling

  1. Titel für ein Chorkonzert und Gesetze

Die Gesetze der Natur … Frühling, Sommer, Herbst, Winter … Die Kraft der Natur, der Sonne … Sonne! Ein Stück im Programm des Konzerts des Chores ist Mozarts: „Dir, Seele des Weltalls, o Sonne!“ – vielleicht einfach „O Sonne!“?

  1. Titel für ein Chorkonzert und Pistole

Pistole … schießen … Frühling … die Blumen schießen aus dem Boden, Frühlingsblumen, Schlüsselblumen … Wenn die Notenschlüsselblume sprießt, Frühlingsboten mit Noten, Noten als Frühlingsboten

  1. Titel für ein Chorkonzert und Handschellen

Handschellen schließt man auf und zu, Schlüssel, Türen, Tore … wir öffnen das Tor zum Frühling mit dem Notenschlüssel … (vielleicht als Untertitel?)

Auswählen

Nun war ich in der Station Rennweg angelangt. Die Ideen waren noch nicht ausgereift, aber ich war einen guten Schritt weiter. Der nächste wäre, bei jeder Idee, die mich ansprach, noch ein wenig nachzuspüren und zu feilen. Aber im Grunde hatte ich bereits ein paar Kandidaten, die mir ganz gut gefielen. Vielleicht sagte der Auftraggeberin ja auch schon eine der vorhandenen Ideen zu? Schnell schrieb ich ihr noch vom Bahnhof eine Whatsapp-Nachricht mit meinen sieben Favoriten.

Sie schwankte zwischen O Sonne! und Frühlingsboten mit Noten. Die Zeit drängte,  denn das Konzert sollte bald beworben werden.  Bei Entscheidungen, die eine Gruppe betreffen, ist es immer schlau, ein Team zu haben, das man fragen kann. Das tat sie. Das Team wählte am nächsten Tag Frühlingsboten mit Noten.
Geschafft!

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Wenn Sie Kreativitätstechniken alleine durchführen möchten, erarbeiten wir mit Ihnen gern Lösungen mit passenden Methoden in einem Fachcoaching.

Kommunikationsverweigerung und Ohnmachtsgefühl

Macht und Ohnmacht im Gespräch, Teil 3:
Für sich selbst sorgen

Manchmal ist Kommunikation nicht möglich und es entstehen Ohnmachtsgefühle, Wut und Trauer. Wie geht man damit um?

Eine Möglichkeit, mit dem Ohnmachtsgefühl bei Kommunikationsverweigerung umzugehen, ist, gut auf sich selbst und die eigenen Bedürfnisse zu schauen. Und neben die des anderen zu stellen.Auf Whatsapp geblockt, Telefonat mittendrin abgebrochen (früher sagte man: den Hörer aufgelegt), Aussprache verweigert: Solche Situationen lassen uns ohnmächtig zurück. Jede*r geht anders mit dem Ohnmachtsgefühl um, die einen geben sich vielleicht selbst die Schuld, die anderen spüren Wut oder Aggression.

Tatsächlich können wir Kommunikation nicht erzwingen. Und unsere Gefühle, die aus einer Ohnmacht entstehen, verbessern meist weder unsere Gemütslage noch die Kommunikationssituation.

Wenn ich nun besser damit zurechtkommen möchte, kann es sowohl sinnvoll sein, sich die Situation und den Rahmen noch einmal anzusehen (mehr dazu im Blogbeitrag Kommunikationsverweigerung und Rahmenbedingungen), als auch sich mit Bedürfnissen auseinanderzusetzen. Damit sind einerseits die eigenen Bedürfnisse gemeint (Wie fühle ich mich jetzt gerade? Welches Bedürfnis steckt hinter diesen Gefühlen? Was brauche ich wirklich?) als auch die Bedürfnisse des Gegenübers.

Bedürfnisse

Mit Bedürfnis sind Auslöser für Gefühle gemeint. Sie sind lebensnotwendig, sprich: Wir Menschen haben Bedürfnisse und sie sind die Grundlage für unser elementares Wohlbefinden. (Das, was im Marketing oft Kundenbedürfnis genannt, künstlich erzeugt und mit dem Kauf eines Produkts verknüpft wird, ist damit nicht gemeint. Vielmehr geht es um Grundbedürfnisse körperlicher und seelischer Art, z. B. von Nahrung, Luft und Ruhe bis zu Verbindung oder Wertschätzung.) Wer sich nicht sicher ist, was ein Bedürfnis ist, kann sich ein Baby vorstellen. Es braucht Luft, Wasser, Nahrung, Schutz, Raum, aber auch Nähe, Verbindung, Gesehenwerden, Gehörtwerden, Unterstützung, Struktur, Sicherheit …

Marshall Rosenberg, der Begründer der gewaltfreien Kommunikation, führt im Grunde alles – jegliches Befinden und damit auch alle Kommunikation – auf Bedürfnisse zurück. Sie können erfüllt sein, dann erzeugen sie ein gutes Gefühl; aber sie können eben auch nicht erfüllt sein, dann sind sie Ursache für ein schlechtes Gefühl. Und das gilt für uns alle.

Eigene Bedürfnisse hinter dem Ohnmachtsgefühl erkennen

Wer von der Kommunikation ausgeschlossen ist, weil er oder sie z. B. auf einem Kanal geblockt wurde, ein Missverständnis nicht aufklären durfte (siehe Macht und Ohnmacht im Gespräch, Teil 1) oder weil der/die andere einfach nicht mehr ans Telefon geht, fühlt sich beispielsweise ohnmächtig, traurig, wütend. Ein schlechtes Gefühl. Das bedeutet, (mindestens) ein Bedürfnis ist nicht erfüllt. Um welches Bedürfnis geht es?
Was hier ganz wichtig ist: Kein Bedürfnis ist nur auf eine einzige Art erfüllbar, es ist also nicht von einer bestimmten Situation oder Person abhängig. Bedürfnisse liegen auf einer tieferen Ebene. Das ist das Tröstliche: Bedürfnisse lassen sich auf unterschiedliche Weise verwirklichen.

Dazu muss man sie allerdings erkennen. Es kann heilsam sein, hier genauer hinzusehen und herauszufinden, ob ein Bedürfnis vielleicht anders erfüllbar ist. Geht es um Verbindung? Kann ich diese vielleicht im Kontakt mit anderen Menschen finden oder in einer Unternehmung? Fühle ich mich verletzt und traurig, brauche ich vielleicht Schutz? Dann werde ich diesem Bedürfnis nachkommen und gut auf mich aufpassen. Zusätzlich werde damit auch ich die Person sein, die selbst bestimmt, dass sie den Kontakt (vielleicht vorerst) meidet, und ich werde mich weniger ohnmächtig fühlen – weil ich selbst bewusst entscheide.

Nicht zuletzt ist es bei schwierigen Kommunikationssituationen immer wichtig, gut für sich selbst zu sorgen. Was kann ich mir Gutes tun, das mich stärkt, mich innerlich wieder auffüllt? Brauche ich Ruhe bei einem guten Buch, einem erfrischenden Spaziergang oder einem warmen Bad? Dabei geht es nicht um Ablenkung, sondern darum, mit sich selbst achtsam umzugehen.

Bedürfnisse des/der anderen erkennen

Und jetzt zum schwierigen Teil. Wenn ich mich mit meinen Gefühlen schon auseinandergesetzt habe und (wieder) zur Ruhe gekommen bin, hilft es oft, die Perspektive des anderen einzunehmen. Warum? Damit man sich weniger ärgert oder kränkt – und damit sich die eigene Einstellung ändern kann.

Sehen wir es uns genauer an: Auch das Gegenüber handelt aus bestimmten Motiven – denen Bedürfnisse zugrunde liegen. Er/sie hat die Kommunikation beendet. Welches Gefühl könnte zugrunde liegen? Und welche Bedürfnisse könnten dahinterstecken? Ruhe? Schutz? Klarheit? Wir können es nicht sicher wissen – aber die Auseinandersetzung mit den Bedürfnissen des oder der anderen kann helfen, die Motive des Gegenübers zu verstehen und die Situation anzunehmen, auch wenn wir selbst damit nicht einverstanden sind. Dadurch können wir unsere eigene, vielleicht unversöhnliche Haltung aufgeben. Und das ist meistens sehr heilsam.

Darüber hinaus reißt uns die Reflexion und konstruktive Beschäftigung aus dem Ohnmachtsgefühl – denn wir tun ja etwas. Und das ist auf keinen Fall verkehrt.

Lesen Sie dazu auch die beiden vorangegangenen Blog-Artikel zum Thema:
Teil 1: Macht und Ohnmacht im Gespräch und
Teil 2: Kommunikationsverweigerung & ihre Rahmenbedingungen

Wenn Sie übrigens Ihre Kommunikation in der Praxis verbessern wollen, sind wir gern für Sie da. Entweder mit unseren Coachings für Einzelpersonen oder mit unseren Inhouse-Trainings für Organisationen und Unternehmen.

Kommunikationsverweigerung und ihre Rahmenbedingungen

Macht & Ohnmacht im Gespräch, Teil 2

Wer sich über Kommunikationsverweigerung ärgert, sollte sich die Bedingungen und die Situation ein bisschen näher ansehen. Manchmal lässt sich der Rahmen verändern – oder erweitern.

Im letzten Blog-Artikel haben wir uns ein konkretes Beispiel der Kommunikationsverweigerung angesehen. Wir haben die Situation unter dem Aspekt der Macht analysiert, um herauszufinden, auf welcher Ebene das Gegenüber erreichbar sein kann. Fazit: Das kann, muss aber nicht immer gelingen.

Um bei Kommunikationsverweigerung auf Augenhöhe zu kommen, kann es helfen, die Rahmenbedingungen zu betrachten.
Kommunikationsverweigerung

Denn: Tatsächlich können wir Kommunikation nicht erzwingen. Und wenn jemand nicht mit uns reden will, ärgern wir uns meistens. Meist legen wir uns dann Theorien zurecht, um den eigenen Schmerz – der der hinter dem Ärger steckt – zu lindern. Oft bewerten wir den/die andere/n dabei negativ: Der/die will ja nicht; hat keine Ahnung; glaubt, etwas Besseres zu sein; ist immer so; typisch X …!

Das Blöde an der Sache ist: Diese Strategie lindert selten die eigene Gemütslage – und noch weniger hilft sie, die Kommunikation zu verbessern. Wenn ich also daran interessiert bin, damit fertig zu werden, kann es sinnvoll sein, sich die Situation noch einmal genauer anzusehen.

Rahmen betrachten

Im Beispiel von Teil 1 ging es um einen Vater, der auf einer Polizeiwache mit Beamten anlassbezogen über seinen autistischen Sohn sprechen wollte. Die Beamten wollten ihn nicht hören, verweigerten das Gespräch – und der Vater zog verärgert von dannen.

Sehen wir uns den Rahmen der Kommunikationsverweigerung genauer an:

  • Ort: Polizeiwache
  • Zeit: spontan, ohne Termin
  • Medium/Kommunikationskanal: mündliche Kommunikation vor Ort (ohne Ankündigung)
  • Thema: wurde nur von einer Person bestimmt, die am Gespräch teilnimmt (Vater) – die andere trifft es unvorbereitet
  • Teilnehmende Personen und Beziehung: Polizist*innen vor Ort (Sicherheitsbeamte mit gesetzlichem Auftrag, Amtsinhaber und damit auch „Respektsperson“ in dieser Rolle) und Vater (Bürger in privater Rolle)

Es ist bei einem Gespräch gut möglich, dass ein unpassender Rahmen die Kommunikation schwierig oder unmöglich macht (siehe auch  diesen Blog-Artikel über schwierige Gespräche): Ablenkung oder Lärm vor Ort, Überraschung oder Ärger beim Gegenüber, ein falscher Kommunikationskanal, ein schlecht gewähltes Wort, sodass die Person sich nicht wertgeschätzt fühlt …
Was immer es ist, es liegt vielleicht nicht unbedingt an der Bosheit des Gegenübers, sondern vielleicht an einer Komponente im Rahmen.

Diese Erkenntnis leistet vielleicht schon einen ersten Beitrag, damit wir uns weniger ärgern.

Außerdem könnten wir überlegen, wenn wir unser Thema dennoch weiter kommunizieren wollen: Lässt sich vielleicht etwas am Rahmen verändern? Gibt es andere Möglichkeiten, die Beamten über mein Thema zu informieren? Wäre es zum Beispiel möglich, ein Mail zu schicken (anderer Kanal), um einen Termin zu bitten oder nach einer günstigen Zeit zu fragen (andere Zeit), um anzurufen? Könnten wir andere Beamten darüber informieren als jene, die zufällig gerade vor Ort waren (andere Personen)?

Rahmen erweitern

Und nicht zuletzt: Könnte man den Rahmen vielleicht überhaupt verlassen? Geht es vielleicht um etwas ganz anderes? Ärgert sich der Vater aus unserem Beispiel darüber, dass sein autistischer Sohn in unserer Gesellschaft zu wenig Platz hat, generell zu wenig gehört, gesehen und wertgeschätzt wird? Wenn wir damit außerhalb des Rahmens denken: Könnte er vielleicht etwas ganz anderes tun, um seinen Sohn zu unterstützen, in der Gesellschaft bzw. im öffentlichen Raum stärker gesehen und akzeptiert zu werden?

Das wäre eine Strategie, sich ein Bedürfnis zu erfüllen. In unserem Fall könnte das einerseits das Bedürfnis sein, gesehen und wertgeschätzt zu werden (stellvertretend für den Sohn bzw. als Vater), aber vielleicht auch das Bedürfnis, für den Sohn zu sorgen.

Man muss aber nicht gleich den Rahmen sprengen. Denn es gibt Situationen, in denen am Rahmen nicht zu rütteln und Kommunikation schlicht nicht möglich ist.

Damit man mit seinem Ärger nicht isoliert zurückbleibt, hilft es, den eigenen Motiven und Bedürfnissen auf den Grund zu gehen. Wie das geht, erfahren Sie im dritten Teil dieser Serie.

Lesen Sie dazu auch die beiden anderen Blog-Artikel dieser Serie:
Teil 1: Macht und Ohnmacht im Gespräch und
Teil 3.: Kommunikationsverweigerung & Ohnmachtsgefühl

Wenn Sie übrigens Ihre Kommunikation in der Praxis verbessern wollen, sind wir gern für Sie da. Entweder mit unseren Coachings für Einzelpersonen oder mit unseren Inhouse-Trainings für Organisationen und Unternehmen.

Macht und Ohnmacht im Gespräch

Teil 1: KOMMUNIKATION BEI MACHTGEFÄLLE

Gespräche mit Menschen in Machtpositionen gestalten sich oft schwierig. Was tun, wenn jemand die Kommunikation verweigert?
Über die Faktoren Macht, Beziehung und Interesse in der Kommunikation.

Es ist schwierig mit jemandem zu kommunizieren, der mehr Macht hat und die Kommunikation nicht braucht oder möchte.Neulich erzählte mir mein Freund B von einem Missverständnis im Kontakt seines autistischen Sohnes mit der örtlichen Polizei, das leicht vermieden hätte werden können. Der junge Erwachsene, der sich nicht verbal ausdrücken kann, war laut johlend an der örtlichen Polizeistation vorbeigelaufen. Was für den Jugendlichen Ausdruck purer Lebensfreude ist, wurde von den Beamten als Aggression gedeutet. Sie waren knapp davor einzugreifen, als der Vater die Situation im letzten Moment entschärfen konnte.

Damit so etwas nicht noch einmal passiert, beschloss dieser, auf die Polizeiwache zu gehen und das Gespräch mit den Beamten zu suchen. Es ging ihm dabei darum zu erklären, woran man erkenne, dass es sich um Freude und nicht um Aggression gehandelt habe, aber auch darum, generell Verständnis dafür zu schaffen, wie sich sein autistischer Sohn in der Welt bewegt.

Als er zur Erklärung ansetzte, wollten die Beamt*innen jedoch nichts davon wissen, forderten ihn forsch auf zu gehen und vermittelten ihm auch körpersprachlich, dass sie an einem Gespräch kein Interesse hätten. Ohne zu Wort gekommen zu sein, zog er frustriert ab.

„Was kann ich denn tun, wenn mein Gegenüber die Kommunikation einfach verweigert?“, fragte er.

Die kurze Antwort: nicht sehr viel, aber ein bisschen was könnte schon gehen.

Die lange Antwort:
Sehen wir uns die Situation und die Beteiligten ein wenig genauer an. Bei unserem Beispiel geht es um Kommunikationsverweigerung aus einer Machtposition heraus. Und Macht ist auch bei anderen Gesprächen im Spiel, zum Beispiel beim Verhandeln.

Wenn es ums Verhandeln geht, sind drei Faktoren ausschlaggebend:

  • Macht
  • Interesse (am Thema)
  • Beziehungsebene

Sie bestimmen den Verhandlungsstil – und damit auch den Gesprächsstil – eines Menschen. Ist also eine Person gewohnt, ihre Interessen mit Macht oder Gewalt durchzusetzen, geht es ihr um die eigenen Themen, das Thema des anderen ist ihr egal, es besteht kein Interesse. Auch die Beziehung zum Gegenüber ist ihr gleichgültig (weil die Machtverhältnisse klar sind und sie auf das Gegenüber nicht angewiesen ist). Das heißt, ihre Motivation, die andere Seite zu hören, geht gegen null. Wir können davon ausgehen, dass Polizeibeamte durchaus gewohnt sind, ihre Interessen (bzw. die des Gesetzes oder des Staates) mit Macht durchzusetzen. Deshalb lassen sich die drei Faktoren Macht, Interesse und Beziehungsebene auf diese Situation übertragen.

Macht groß, Interesse klein und Beziehung bedeutungslos

Im Gespräch mit einer Person, deren Macht groß (und nicht veränderbar) ist, bleiben also nur die beiden Komponenten Interesse (am Thema) und Beziehungsebene als mögliche Anknüpfungspunkte. Sind diese beiden auch nicht erreichbar, stehen die Chancen, gehört zu werden, schlecht.

Sehen wir uns jetzt noch einmal unser Beispiel in Hinblick auf Macht, Interesse und Beziehung an.

Der Vater kommt mit seinem Anliegen auf die Polizeiwache. Natürlich sind ihm die Beamten an Macht überlegen. Er hat also nur die Möglichkeit, sie auf der Beziehungsebene zu erreichen oder ihr Interesse zu wecken. Gehen wir davon aus, dass das Interesse am Thema gering war („Ich brauch nicht zu wissen, wie ein Autist Freude ausdrückt“) und an der Beziehung ebenso („Das ist mein Revier, du brauchst hier nicht reinzuschneien, außer du willst eine Anzeige machen.“).

Beziehung herstellen

Der Vater muss seine Strategie damit sehr genau wählen. Trifft er die Beamten etwa bei der Mittagspause an, kann er vielleicht versuchen, über Smalltalk zum Essen eine positive Beziehung herzustellen.
Etwas tiefergehend könnte er versuchen, eine Verbindung über ein Bedürfnis des Gegenübers herzustellen, z. B. nach Wertschätzung: wenn er etwa mit einem Danke beginnt, dass der Polizist im Kontakt mit seinem autistischen Sohn auf Gewalt verzichtet oder auf die Begleitperson in der Situation gehört hat. Auch damit ließe sich Verbindung auf Beziehungsebene schaffen.

Interesse wecken

Interesse zu wecken kann deutlich schwieriger sein; vielleicht findet er die richtigen Worte, um die Polizist*innen dafür zu gewinnen, generell Interesse für die Bewohner*innen im Bezirk ihrer Wache zu entwickeln und daran anzuknüpfen. Vielleicht kann er an die Rolle als Elternteil anknüpfen (ist das Gegenüber vielleicht auch Vater oder Mutter?) und dadurch Interesse am Thema aufbauen. Patentrezept gibt es allerdings keines.

Auf Macht bauen?

Die letzte Komponente, Macht einzusetzen, bleibt ihm nur, wenn er den Rechtsweg beschreitet und hier versucht, die Macht der Beamt*innen zu verringern, indem er etwa selbst Macht auf Basis einer Beschwerde oder Klage ausübt. Es ist aber zu vermuten, dass er sich damit von seinem ursprünglichen Ziel, Verständnis für die Lebensumstände seines Sohnes zu wecken, eher noch weiter entfernen wird.

Kommen wir damit zur ersten, kurzen Antwort von oben: Es geht also nicht viel; aber ein bisschen was (z. B. auf Beziehungsebene) könnte schon gehen.

Die Antwort stimmt Sie unzufrieden? Sie meinen, mit den richtigen Tools müsste man jede Kommunikationssituation drehen können? Falsch gedacht!
Aber eines stimmt schon: Es lässt sich zwar nicht jede Situation drehen, aber wie man selbst mit einer schwierigen Kommunikationssituation umgeht, das lässt sich beeinflussen.

Hier geht’s zur Fortsetzung der Artikelserie:

Wenn Sie übrigens Ihre Kommunikation in der Praxis verbessern wollen, sind wir gern für Sie da. Entweder mit unseren Coachings für Einzelpersonen oder mit unseren Inhouse-Trainings für Organisationen und Unternehmen.

Quellen: Ponschab, Reiner: Kompetitive Verhandlungsstile – wie gehe ich damit um? http://docplayer.org/73278102-Kompetitive-verhandlungsstile-wie-gehe-ich-damit-um.html in: Knapp, Peter: Verhandlungs-Tools. Effiziente Verhandlungstechniken im Business-Alltag. managerSeminare, Bonn 2019, S. 169-173)

Schwierige Gespräche meistern – aber wie?

Mutter und Kind im Schwimmbad. Nicht unbedingt der Ort für ein philosophisches Gespräch.Mit Hintergrundwissen und der richtigen Vorbereitung gelingt die Kommunikation.

Mein Sohn war drei Jahre alt. Wir standen eng zwischen vielen, vielen Menschen auf der Treppe zu einer großen Wasserrutsche in einem Hallenbad. Da fragte er plötzlich: „Mama, wie werden Frauen eigentlich schwanger?“ Wenn Sie jetzt gelächelt haben, dann deshalb, weil Sie spüren, dass das eine fordernde Situation für einen Elternteil ist.
Wir erkennen intuitiv, wann ein Gespräch schwierig ist – verstehen aber selten, woran es genau liegt. Und die Frage, wie wir damit umgehen sollen, bereitet uns oft Kopfzerbrechen. Aber gleich wissen Sie mehr!

Wann ist ein Gespräch schwierig?

Natürlich gibt es viele Gründe, die ein Gespräch scheitern lassen. Meistens lassen sich die Ursachen auf drei Bereiche eingrenzen.

  1. Rahmen: Die Situation ist schwierig

Kommen wir zur Situation von oben zurück. Mehrere Rahmenbedingungen erschweren hier eine gelungene Kommunikation zwischen Mutter und Kind, und zwar in Bezug auf Zeit, Raum und den Kommunikationskanal.

  • Der Ort ist eine rutschige Wendeltreppe. Sich sicher zu fühlen ist aber eine Grundbedingung für ein gutes Gespräch. Erste Schwierigkeit.
  • Die Atmosphäre ist alles andere als vertraulich, weil den umstehenden Menschen plötzlich große Ohren wachsen. Das macht es nicht leichter.
  • Der Kommunikationskanal ist nicht störungsfrei: Die beiden sprechen zwar persönlich miteinander, aber Plätschern und Geschrei in der Schwimmhalle lassen den Kopf dröhnen. Es ist hier schwer möglich, klar und ruhig zu sprechen.
  • Die Zeit drängt. Gleich werden die beiden oben auf der Rutsche angekommen sein – das Gespräch ist auf wenige Minuten beschränkt. Dem Thema jetzt gerecht zu werden, ist unrealistisch.
  1. Sachebene: Das Thema ist schwierig oder komplex

Es gibt Themen, bei denen man vielleicht nicht ganz sattelfest ist, die noch Recherche benötigen oder für die man sich Hintergrundinfos besorgen möchte. In unserem Beispiel ist das Thema vor allem eins, das jede*r auf eine persönliche Art angehen wird (siehe oben – geschützter Rahmen ist auf der Rutschentreppe nicht gegeben) und für das der Elternteil vielleicht auch noch gern unterstützendes Material, z. B. Bilder, verwenden würde.

  1. Beziehungsebene: Ist die Beziehung zwischen den Kommunikationspartner*innen schwierig, belastet das auch die Kommunikationssituation. In unserem Beispiel ist das nicht der Fall.

Es kann aber durchaus sein, dass eine Schwierigkeit durch das soziale Gefüge entsteht – wenn etwa eine Tochter das Gespräch mit ihrem Vater sucht, weil sie Sorge hat, dass er an Demenz leidet, ist das Gespräch nicht nur thematisch schwierig, sondern auch weil das gewohnte Autoritätsverhältnis auf den Kopf gestellt wird. Dazu kommen die Emotionen auf beiden Seiten. Hier ist gute Vorbereitung gefragt.

Schwierigkeiten im Gespräch offenlegen

Wenn wir wissen, wo uns Schwierigkeiten begegnen können, ist es auch leichter, damit umzugehen. Wir können z. B. das Gespräch auf einen Zeitpunkt oder an einen Ort verlegen, der besser passt oder darauf hinweisen, dass das Thema noch Vorbereitung braucht. Oder wir weisen in der Situation selbst darauf hin, dass der Rahmen schwierig ist: „Der Ort ist ungünstig, es ist ungemütlich und sehr laut. Lieber würde ich das in Ruhe besprechen. Jetzt gebe ich dir gern eine kurze Antwort.“

Genauso ist es auf Sach- und Beziehungsebene. Wer mögliche Schwierigkeiten anspricht, bietet dem anderen die Chance, darauf zu reagieren. „Ich weiß, das ist vielleicht komisch für dich, weil es ausgerechnet von deiner Tochter kommt.“ Oder „Warte, das Thema ist echt komplex. Ich möchte mich vorher nochmal schlau machen, bevor wir weiterreden.“

Vorbereitung auf ein schwieriges Gespräch mit 3 Fragen

Geht es um ein geplantes Gespräch, das schwierig verlaufen könnte, müssen wir uns vorbreiten. Ein erster Schritt ist zu klären, was das Gespräch schwierig macht – siehe oben.

Dann kann es in die Tiefe gehen. Drei Fragen helfen dabei:

  1. Als wer führe ich das Gespräch?

Was weiß ich in Bezug auf den Rahmen und das Thema? Was brauche ich noch für das Gespräch, um sicher hineinzugehen? In welcher Rolle führe ich das Gespräch? Ich bin Tochter, aber vielleicht auch Mutter, Wissenschafterin, Leserin, Teamleiterin … Welche Ressourcen (Erfahrungen, Werte, Eigenschaften) bringe ich – auch aus den unterschiedlichen Rollen – mit?

  1. Mit wem führe ich das Gespräch?

Was weiß ich über die Person? Führt sie das Gespräch freiwillig? Welche Erwartung hat sie wohl an das Gespräch? Welches Wissen und welche Erfahrungen bringt sie mit? Könnte auch die andere Person Ängste haben? Welche?

  1. Die wichtigste Frage: Was ist das Ziel des Gesprächs?

Ein Gespräch hat nur Aussicht auf Erfolg, wenn ich weiß, wozu es gut ist. Das kann ein ganz kleines Ziel sein, zum Beispiel: Wir haben wieder ein paar Worte gewechselt. Es kann aber auch größer sein: Wir haben geklärt, was die nächsten Schritte in Bezug auf … sind.

Ziele, die bei der Vorbereitung helfen können, sind:

  • Nachher haben wir uns über … ausgetauscht.
  • Ich habe gehört, wie die Person über … denkt.
  • Die andere Person hat gehört, wie ich darüber denke.
  • Nachher habe ich Klarheit über …

Die Vorbereitung hilft, selbst innerlich klar zu sein. Das wiederum verleiht uns Authentizität und Sicherheit. Und so schaffen wir die Basis, damit ein gutes Gespräch gelingt.

Wenn Sie mehr dazu wissen wollen, buchen Sie ein Kommunikationstraining von WORT & WEISE, kommen Sie zum Coaching oder besuchen Sie eines unserer Seminare zu Gesprächsführung.

Zu einem konstruktiven Dreh in einem schwierigen Gespräch verhilft auch die Ja-und-Methode.

Allparteilich handeln als Moderationspflicht

Warum Alfons Haider völlig zu Recht gescholten wurde, und was er hätte sagen können, wäre er professionell in seiner Moderatoren-Rolle geblieben.

Auf den ersten Blick alles perfekt bei Alfons Haider: Moderationskarten, Mikro, gepflegtes Äußeres. Innerlich geht es allerdings rund bei ihm. Und das hätte er sich nicth anmerken lassen dürfen.Man muss ein wenig ausholen: Das Burgenland feiert Mitte August 2021 sein 100-jähriges Bestehen mit einer Landesausstellung in der Burg Schlaining. 400 Ehrengäste wohnen der Eröffnung bei. Wer im Burgenland Rang und Namen hat, tritt auf. Moderiert wird der Festakt von Alfons Haider – ein Routinier, dem man auch den Opernball und ORF-Shows wie Dancing Stars anvertraut.

Dann bringt der Musiker Alexander Köck ein wenig Irritation in den Abend. Die Duo-Hälfte von Cari Cari thematisiert während seines Gigs die niedrigen Gagen der Auftretenden. Die Orchester-Mitglieder neben ihm, kritisiert er, würden zum Beispiel nur 30 Euro für den Abend bekommen. Das sei besonders seltsam, als sich das Burgenland für seine Seefestspiele Mörbisch gleich zwei Intendanten leiste.

Während seine Worte ein wenig Irritation, aber auch leisen Applaus ernten, kommt der Moderator dazu und schießt sich – hoch emotional und mit falschen Fakten – auf Köck ein. Erst Haiders Worte, das ist förmlich spürbar, verwandeln die kleine Aktion des Musikers in ein wirklich unangenehmes Erlebnis für die Zuschauer.

Und wie hätte Haider richtig reagieren sollen?

Mit seiner Wortmeldung wollte Köck das Publikum, das mit Feierlichkeiten, aber nicht mit offener Kritik gerechnet hat, ganz bewusst wachrütteln, vielleicht sogar etwas vor den Kopf stoßen. Dazu kann man stehen, wie man will, den Rahmen als unpassend erachten oder die Wortwahl als unbedacht. Es gibt auch unterschiedliche Möglichkeiten, darauf als Moderator*in zu reagieren. Eines jedoch darf man keinesfalls tun: auf die Kritik persönlich, verärgert und rechtfertigend kontern, wie Alfons Haider es getan hat.

Wer moderiert, verbündet sich mit dem Ziel

Alfons Haider moderiert seit vielen Jahren. Er hätte wissen müssen, was das oberste Ziel einer Moderation ist: dem Ziel der Veranstaltung zu dienen.

Nehmen wir die konkreten Feierlichkeiten als Beispiel. Das Ziel des Festakts ist vielfältig: Das Burgenland will damit nicht nur seine 100-jährige Zugehörigkeit zu Österreich feiern, sondern das Publikum unterhalten und in der Öffentlichkeit Bewusstsein für die Qualitäten dieses Landes schaffen. Schon allein in dieser kurzen Zielbeschreibung würden zahlreiche Möglichkeiten stecken, als Moderator*in im Sinne des Ziels zu kontern. Etwa, indem man genau dieses Ziel thematisiert und fragt, ob diese Wortmeldung nicht vielleicht in einem anderen Kontext oder Rahmen besser aufgehoben wäre. Oder indem man den Kritikpunkt als gehört aufnimmt, eventuell sogar Verständnis dafür äußert, dass MusikerInnen unter der Corona-Zeit besonders zu leiden hatten, und abermals auf den Rahmen verweist, eventuell verspricht, dem nachzugehen, um dann aber wieder zum Programm überzuleiten. Absurderweise kam genau dieser Impuls dann nicht vom Moderator, sondern vom Kritik übenden Musiker selbst: „Spielen wir weiter.“ Immerhin er hatte dann wieder das gemeinsame Ziel vor Augen.

Wer moderiert, ist allparteilich

Alfons Haider konterte beim Festakt auf einen Vorwurf des Redners, durch den er sich persönlich angegriffen fühlt; zusätzlich hatte er ihn falsch verstanden. Doch selbst wenn er ihn richtig verstanden hätte: Hier stand er nicht als Privatperson und auch nicht als Musikintendant der Seefestspiele Mörbisch, als der er sich angegriffen fühlte, auf der Bühne, sondern als Moderator. Und als der hatte er folgenden Auftrag: Du handelst im Sinne der Auftretenden und legst ihnen den roten Teppich aus; du agierst im Sinne des Publikums, und zwar so, dass die Veranstaltung ihr Ziel beim Publikum erreicht. Diesen Auftrag hat Alfons Haider bei diesem Festakt nicht nur nicht erfüllt, sondern er hat zusätzlich seine Moderationsrolle sträflich missbraucht. Er nützt die Macht des Moderators, das Wort zu ergreifen, rechtfertigt sich aber dann persönlich bzw. als Intendant der Seefestspiele und im Sinne der Veranstalter.

Jetzt könnte man sagen: Klar, die haben ihn ja beauftragt. Richtig. Aber als Moderator steht er eben nicht nur im Dienst der Auftraggeber*innen. Er steht im Dienst des Ziels, das es auch für Auftretende und Publikum zu erfüllen gilt. Ein Moderator ist allen Beteiligten gleichermaßen verpflichtet – das nennt man allparteilich. Er bezieht deshalb auch nicht persönlich Stellung. Wenn er es doch tut,  dann muss er offenlegen, dass er jetzt für sich als Person spricht bzw. in einer anderen Funktion. In Haiders Fall als Intendant der Seefestspiele Mörbisch und nicht als Moderator.

Nicht falsch verstehen: Natürlich muss ein Moderator eingreifen, wenn es Schwierigkeiten gibt. Und zwar dann, wenn er das gemeinsame Ziel der Veranstaltung gefährdet sieht. Es geht hier um das Wie: Wenn der Moderator auf den Rahmen verweist, sich etwa beim Publikum für die Unterbrechung entschuldigt oder ihm für seine Geduld dankt, sachlich darauf hinweist, dass hier zum kritisierten Punkt bestimmt noch eine Aufklärung von anderer Stelle folgen wird und den Musiker dann bittet, weiterzuspielen, handelt er professionell – und allparteilich im Sinne aller Beteiligten. Agiert er auf einer persönlichen Ebene und verlässt seine Rolle, werden alle Beteiligten peinlich berührt sein. Das war letztlich auf Burg Schlaining der Fall.

Was lernen wir daraus?
  • Moderieren ist ein Handwerk mit klaren Regeln, das man lernen kann. Wer sie kennt, tut sich leichter. Allparteilich zu handeln ist eine davon.
  • Im Umgang mit Konflikten erkennt man die Meisterschaft in der Moderation.
  • Und: Prominenz und Bühnenpräsenz allein machen noch lange keinen Moderationsprofi.

Wer sich mit dem neuen Wissen das Ereignis noch einmal ansehen möchte, findet es hier: https://www.youtube.com/watch?v=pi6ru6MiTkQ

Und wir haben zu diesem Thema auch ein Youtube-Video gedreht. Schauen Sie sich das an!

Wer mehr über die Kunst der Moderation lernen möchte, werfe doch einen Blick auf unsere Angebote zum Thema Moderation und Präsentation.

Konflikte klären per Chat? Nein, danke!

Konflikte auf Plattformen wie Whatsapp, Telegram oder Signal eskalieren oft. Auf dem Bild sieht man zwei streitende Figuren vor dem Hintergrund der Plattform-Logos.Zwischen Kontakt und Konflikt: Warum Streit über Kanäle wie Whatsapp, Telegram, Signal oder in Online-Foren nur sehr selten konstruktiv, sondern meist mit Austritt eines Mitglieds aus der Gruppe oder Sperren eines Users endet.

Whatsapp und Co. Sind unglaublich praktisch, wir alle nützen sie, um Termine unserer Kinder im Fußballverein zu organisieren, um Kontakt zu Freundinnen im Ausland zu halten oder um im einander im Team über Projektfortschritte am Laufenden zu halten. Das läuft gut, solange es um reine Informationen geht, um sachliche Inhalte, um Fragen, die man mit einem Ja oder Nein beantworten kann. Treten Meinungsverschiedenheiten auf, sind Konflikte auf diesen Plattformen vorprogrammiert, und dafür gibt es Gründe.

Eingeschränkter Kanal

Kommunikation ist vielschichtig. Wenn wir miteinander reden, sind nicht nur Worte im Spiel, sondern wir reagieren immer auch auf die Körpersprache, Mimik und Gestik unseres Gegenübers, auf die Stimme in ihrer Stimmlage und Lautstärke, auf die Sprachmelodie, auf das Tempo, in dem gesprochen wird. Diese Elemente sind weitaus älter als die Worte selbst, deswegen denken wir sie immer mit, auch wenn sie gar nicht da sind – etwa in E-Mails oder eben im Chat.

Wir denken Körpersprache und Stimme automatisch dazu

Das ist kein Problem, solange es um unmissverständliche Fakten ohne Konfliktpotenzial geht und wir uns in einer neutralen oder positiven Gemütslage befinden. Anders sieht es aus, wenn wir im Chat auf Widerspruch stoßen und uns vielleicht ärgern. Da hört unser inneres Ohr schon mal eine unsympathische Fistelstimme, ein hektisch gebrülltes Argument, eine Flut an Argumenten, unter denen unser Empfinden unterzugehen droht. Und wir ärgern uns noch mehr, antworten darauf; der andere liest unseren Beitrag ebenfalls verärgert und unterlegt ihn seinerseits automatisch interpretierend mit passend aggressiver Körpersprache, Gestik und Stimme. Der Konflikt schaukelt sich auf.

Gefangen in der Problem-Trance

Je mehr Argumente über den Screen wandern, desto verfahrener wird die Situation. Warum? Schon im Gespräch gestalten sich Konflikte vor allem dann als schwierig, wenn die jeweiligen Argumente gar nicht richtig gehört werden. Jede Konfliktpartei bastelt dann nur noch an ihren eigenen Argumenten und versuchen zu „gewinnen“, das eigene Argument immer noch und noch stärker zu machen, anstatt auf Basis der Argumente beider Beteiligter eine konstruktive Lösung zu finden. Im Gespräch lässt sich aber eine konstruktivere Basis herstellen, indem man paraphrasiert, das Argument des anderen also noch einmal wiederholt. Man sagt, was man gehört oder verstanden hat. Dann erst schließt man an das Gehörte an. Der Effekt: Wer gehört wird, ist viel eher bereit, auch selbst zuzuhören: der erste Schritt für eine gemeinsame Lösung.

Aber im Chat? Niemand holt uns aus unserer Problemtrance, wir bleiben in unserer Argumentationslinie gefangen – und das Gegenüber ebenso. Je mehr Menschen dann auch noch an diesem Chat beteiligt sind, desto weniger findet wirklicher Austausch statt. Meist verstärkt sich der Ärger bei jeder/jedem Einzelnen nur noch, anstatt zu einer Lösung zu kommen.

Was tun?

Natürlich tauchen im Chat Konflikte auf, kein Mensch kommuniziert immer sachlich und neutral (und wenn, wäre das ziemlich langweilig). Achten Sie aber darauf, dass ein Konflikt nicht eskaliert:

  • Wenn sich Gruppenmitglieder nicht oder kaum kennen, ist ein konstruktives Miteinander schwieriger. Daher: Wenn es möglich ist, sollten sich die Mitglieder einer Gruppe nicht nur im Chat, sondern auch immer wieder real treffen. Das festigt die Bindung und gibt Raum für gemeinsame (positive) Erfahrungen in der Gruppe. Körpersprache und Stimme unterliegen bei echten Begegnungen nicht mehr nur unserer Phantasie.
  • Falls ein Konflikt in einer Chat-Gruppe auftritt: Müssen Sie den Konflikt vor allen klären? Oder wäre es besser, mit der betroffenen Person abseits der Gruppe in Kontakt zu treten?
  • Hören Sie in sich hinein: Wie lesen Sie die Nachricht? Interpretieren Sie den Beitrag schon verärgert? Wie würde eine komplett außenstehende Person den Beitrag lesen?
  • Versuchen Sie, auch bei untergriffigen Kommentaren, die sachlichen Inhalte herauszudestillieren. Antworten Sie auf keinen Fall gleich!
  • Wechseln Sie rechtzeitig den Kanal! Manch Missverständnis ist am Telefon leichter ausgeräumt, und was Menschen schnell mal ins Handy tippen, würden sie vielleicht niemandem ins Gesicht sagen.
    Wenn dann das direkte Gespräch stattfindet, versuchen Sie, dem anderen zuzuhören und an das Gesagte anzuschließen. Das ist oft nicht leicht – aber einen Versuch ist es wert!

Nicht nur, aber auch ums Zuhören  geht’s in unseren Kommunikationstrainings und Seminaren zu Gesprächsführung.  Dort lernen Sie, wie ein Gespräch gelingt – und was Sie alles dafür tun können.
Eine Methode, wie Sie das Zuhören üben können, finden Sie mit der Ja-und-Methode auf unserem Youtube-Kanal.

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