Doppelte Energie, Vielfalt in der Dynamik, gemeinsame Verantwortung: Zu zweit zu moderieren kann für Publikum und Moderator:innen wundervoll sein – wenn es klappt! Wie die Moderation im Duo gelingt und wie Sie Stolperfallen umgehen, lesen Sie hier.
Ich erinnere mich gut an unsere erste Moderation zu zweit. Wir waren während unserer Studienzeit in der Kleinkunstszene aktiv und hatten schon einige Acts in Bauchreden, Zauberei und Jonglage zu zweit erarbeitet. Mit einer Gruppe Gleichgesinnter begannen wir Ende der 1990-er Jahre, Bühnenshows zu organisieren. Irgendwann stand die erste Moderation an. Es entsprach unserem Selbstverständnis als Bühnenduo, auch das zu zweit zu tun. Wir steckten viel Zeit in die Vorbereitung und überlegten uns allerlei dafür. Die Übung gelang: In den Folgejahren moderierten wir zahlreiche Jonglier- und Varietéshows in Österreich und Deutschland – und lernten daraus.
Später kam im Zuge von Ausbildungen und der Berufstätigkeit die Moderation von Klausuren und Team-Meetings dazu – vorerst allein. Aber als wir uns vor 15 Jahren für die Selbständigkeit entschieden, war klar, dass wir auch diese Art des Moderierens wieder zu zweit übernehmen wollten. Der Erfolg gibt uns Recht: Je größer die Gruppe, desto sinnvoller ist eine Moderation im Duo. Selbst wenn eine Doppelmoderation das Budget der Auftraggeber überschreitet und nur eine:r von uns moderiert, beziehen wir die andere Person in der Vorbereitung ein. Warum? Es wird einfach besser!
Die vielen Vorteile einer Doppelmoderation
Für uns ist die Moderation zu zweit die Norm und die Einzelmoderation die Ausnahme. Uns ist klar: Hier sind wir der Sonderfall. Die meisten Menschen, ob sie nun Prozesse leiten oder durch ein Programm führen, sehen in der Co-Moderation mehr Hürden. Doch hier sind die Vorteile:
- Vorbereitungsarbeit und Gesamtverantwortung lasten auf vier statt auf zwei Schultern.
- Zwei Menschen bringen unterschiedliche Perspektiven mit, was beim Einsatz von Moderationsmethoden und auch bei Konflikten ein Riesenvorteil ist.
- Zwei Menschen können viel mehr Aufgaben übernehmen. Auf der Bühne stellt so etwa einer, wenn es keine Stagehands gibt, Requisiten bereit, der andere hält die Spannung. Auch bei Klausuren ist es hilfreich, wenn eine z. B. aufs Flipchart schreibt und die andere den Gruppenprozess im Auge behält oder das Brainstorming anleitet. Und Online-Moderationen sind zu zweit nicht nur viel weniger stressig – für die Teilnehmenden fallen die lästigen Wartezeiten beim Teilen des Bildschirmes, Betreuen des Chats oder Einrichten von Break-Out-Sessions weg.
- Vier Augen sehen mehr als zwei, einem Moderationspaar entgeht weniger, seien es unzufriedene Teilnehmende oder Störungen im Publikum.
- Zwei Menschen bringen Vielfalt mit: zwei Stimmen, zwei Arten aufzutreten, unterschiedliche Rollen: Die Abwechslung weckt auf und regt an – wenn man sie gut nützt! Ein gemischtgeschlechtliches oder sehr unterschiedliches Duo bietet außerdem ein breiteres Spektrum von Identifikationsmöglichkeiten an.
- Und: Zu zweit ist man einander in jeder Phase Korrektiv. Unsere ersten Moderationsvorbereitungen verliefen mitunter schmerzhaft. Roman brachte einen ersten Entwurf, Elisabeth fand bei jedem einzelnen Punkt ein Haar in der Suppe. Schlecht für unser damaliges Beziehungsklima – aber gut für die Sache! Denn mit einer zweiten Person an der Seite gibt es automatisch ein Qualitätsmanagement. Und danach eine Chance auf Feedback ebenso wie eine Schulter zum Anlehnen, wenn etwas nicht so gut funktionieren sollte.
Achtung, Stolperfalle!
In einer Moderation zu zweit, die harmonisch verläuft, steckt viel Arbeit. Denn fast jeder Vorteil birgt auch eine Gefahr: Die Erwartungen sind unterschiedlich, die Dynamik der Personen ist zu verschieden, eine Person dominiert den Prozess, es entsteht Unruhe, weil die jeweiligen Aufgaben oder Rollen nicht klar sind …
Worauf kommt es also an beim Moderieren zu zweit?
Größtmögliche Klarheit in der Vorbereitung
Damit die Kooperation funktioniert, braucht es ein gehöriges Maß an Abstimmung. Je weniger sich die beiden Menschen kennen und je weniger gemeinsame Moderations- und Arbeitserfahrung sie haben, desto mehr müssen sie im Vorfeld klären!
Jeder Mensch, der moderiert, muss Rolle, Aufgaben und Ziele im Vorfeld abklären. Doch beim Moderieren zu zweit darf es da gar keine offenen Punkte geben:
- Als wer moderieren Sie?
- Für wen moderieren Sie? Was erwartet Ihr Publikum oder was brauchen die Teilnehmenden?
- Was ist das Ziel der Veranstaltung? Welche Aufgaben ergeben sich daraus?
Zu den drei Fragen, die man sich vor dem Moderieren stellen sollte, finden Sie hier einen eigenen Blogbeitrag.
Gehen Sie die Fragen erst allein, dann gemeinsam durch!
Danach besprechen und entscheiden Sie gemeinsam: Wie sehen die Rahmenbedingungen der Veranstaltung aus (Zeit, Ort, Ausstattung …)? Welcher Grad der Partizipation ist gewünscht oder möglich? Welche Methoden möchten Sie einsetzen? …
Moderationsstile
Zwei Menschen, zwei Moderationsstile. Das ist auch bei uns so und nur dann eine Chance, wenn man sich davon nicht überraschen lässt. Vielleicht freut sich eine:r über jeden Zwischenfall, um mit dem Publikum zu plaudern und verlässt damit schnell einmal die vereinbarte Linie, die andere Person bewahrt aber lieber das vereinbarte Konzept und hütet den roten Faden. Vielleicht setzt eine gern viele Methoden ein und überrascht die Klausur-Teilnehmer:innen mit unkonventionellen Techniken, der andere setzt auf klassische Diskussionsleitung. Beides kann zum Konflikt führen – oder zur Chance, dass das Verbinden beider Stärken das Gesamtergebnis verbessert.
Finden Sie schon in der Vorbereitung heraus, welche Aufgaben vielleicht jeweils die eine oder die andere Person übernimmt und wo ein Kompromiss nötig ist. Klären Sie das vorab – auf der Bühne oder im Seminarraum ist es zu spät. Ganz wichtig: Halten Sie Ihren Moderationszugang nicht für den einzig richtigen. Die gemeinsame Moderation hat in jedem Fall einen anderen Stil als die der jeweiligen Einzelpersonen.
Auftreten
Zwar lebt eine Doppelmoderation von der Verschiedenheit, dennoch treten die beiden gemeinsam auf und verkörpern in gewisser Weise doch eine Einheit. Ob Klausur oder Bühne: die Moderation bildet den lebendigen roten Faden für die Teilnehmenden oder das Publikum. Blöd, wenn ein Faden gelb, der andere blau ist! Deshalb empfehlen wir auch eine klare Abstimmung bei Rahmen- und Design-Fragen wie der Vorstellung, der Gewandwahl, der Raumnahme oder, so Sie darauf zurückgreifen, der Art der Spickzettel.
Übergänge
Einen Großteil des Charmes einer Doppelmoderation macht die Abwechslung aus, das konstruktive Hin und Her zwischen zwei Menschen. Wie das geschieht, hängt von den Individuen ab: Ist einer schnell, die andere langsam? Teilen sich die beiden die Moderation thematisch, aufgabenspezifisch oder zeitlich auf? Und wie gelingen Übergänge? Wir sind ein eingespieltes Zweierteam und auch privat ein Paar. Heute gelingt es uns, mitten im Satz zu übernehmen; geht das einmal nicht auf, können wir es thematisieren und einen Witz darüber machen. Zu Beginn war das anders. Wir hatten unsere Moderationen genau aufgeteilt, das Übernehmen von Sätzen hatten wir bis auf die letz – te – Sil – be – auf – ge -teilt. Und geprobt. Irgendwann lief es von selbst und klappt heute auch meist spontan.
Zu Beginn ist es aber sinnvoll, wenn Sie sich Abschnitte, Themen oder Ansagen vorab aufteilen. Achten Sie dabei auf gute Übergänge. Dafür eignen sich Übergangssätze oder Fragen, die der Partner oder die Partnerin dann gleich beantworten kann. Wenn Sie weniger Zeit haben, können Sie auch einfach offenlegen und ihr Gegenüber zu Wort bitten, wenn Sie übergeben möchten. Damit rechnen sollte er oder sie natürlich schon!
Feedback
Ihre Doppelmoderation war ein voller Erfolg? Wunderbar, herzliche Gratulation! Bei Ihrer Moderation hat so einiges gehakt? Sie haben sich nicht ganz wohl gefühlt und sehen noch Potenzial? Wunderbar, hier tut sich ein Lernfeld auf! Egal wie der Prozess gelaufen ist: Nehmen Sie sich auf alle Fälle danach die Zeit, ihren gemeinsamen Auftritt zu evaluieren. Bei uns funktionieren dafür als Basis folgende Fragen: Was hat funktioniert? Was nicht? Was würde ich das nächste Mal anders machen? Was könnten wir beide das nächste Mal anders machen? Wo habe ich mich wohl gefühlt, wo hast du dich wohlgefühlt?
Sie können die Fragen erst einzeln für sich schriftlich beantworten und dann in Dialog treten, das hilft, zum Punkt zu kommen. Hören Sie einander dann wirklich zu und lassen Sie einander ausreden. Zwei Menschen, zwei Blickwinkel, zwei Wirklichkeiten. Führen Sie beide zusammen, haben sie eine wertvolle Basis, um besser zu werden. Gemeinsam.
Wir wünschen Ihnen viel Erfolg beim Moderieren zu zweit!
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