Kategorie-Archiv: Coaching

Jobsharing: Verschiedenheit als Chance

Teilen sich zwei Menschen einen Job, treffen unterschiedliche Arbeitsweisen aufeinander. Das führt häufig zu Konflikten und einem Ende der Zusammenarbeit. Dabei können gerade Gegensätze beim Jobsharing ein großer Vorteil sein.

Nichts kann existieren ohne Ordnung, nichts kann entstehen ohne Chaos.
Albert Einstein

Unterschiede in der Teamarbeit sind wie Regen und Sonne. Beide braucht es für gute Zusammenarbeit.
Unterschiede in der Teamarbeit sind wie Regen und Sonne. Beide braucht es für gute Zusammenarbeit.

 

Der Volksmund kennt zwei Weisheiten, die sich zu widersprechen scheinen:
„Gleich und gleich gesellt sich gern“ und „Unterschiede ziehen sich an“.
Viele haben diesen Widerspruch schon bei Paarbeziehungen aufgedeckt.
Aber wie ist es beim Jobsharing?

Wenn zwei Menschen sich eine Arbeit teilen oder einfach nur eng zusammenarbeiten, ist es dann besser, wenn sie einander möglichst ähnlich sind? Oder haben Unterschiede auch ihre Vorteile?

12 erfolgreiche Arbeitspaare im Interview

Wir durften für ein (noch nicht erschienenes) Buch zum Thema „Arbeiten zu zweit“ zwölf berufliche Paare interviewen. Sie alle haben zumindest über einige Jahre gut als Zweierteam zusammengearbeitet. Dabei hat sich ein Erfolgsrezept herauskristallisiert: Auf Werteebene braucht es eine gewisse Übereinstimmung, auch bei den Visionen und Zielen, in der Art zu arbeiten allerdings können Unterschiede sogar ein Vorteil sein.

So erzählte uns die Co-Geschäftsführerin einer großen Non-Profit-Organisation, dass ihr Top-Jobsharing nur funktioniere, weil beide zum Beispiel einen ähnlichen Zugang zur Mitarbeiterführung hätten. Würde etwa eine vor allem auf Kontrolle und die andere auf Vertrauen setzen, wäre das ein Ding der Unmöglichkeit. Auf die Frage aber, ob die zwei Führungskräfte unterschiedliche Arbeitsstile haben dürften, antwortete sie: „Je unterschiedlicher die zwei Menschen sind, desto besser.“

Beim Jobsharing Unterschiede wahrnehmen und nutzen

Freilich gaben alle diese funktionierenden Paare an, dass sie diese Unterschiede akzeptieren, ja sogar für sich nutzen – als Korrektiv, als Ergänzung, als hilfreichen Antagonismus. Der Inhaber einer Werbeagentur, die er gemeinsam mit seinem Cousin betreibt, sah zum Beispiel nur Vorteile in dem Modell des Jobsharings, „weil wir unterschiedliche Sichtweisen und Lösungsansätze mitbringen.“

Natürlich könne es nerven – auch das erwähnen einige der Interviewten –, wenn das Gegenüber ganz anders tickt: wenn einer ordentlich ist und der andere das kreative Chaos liebt, eine schnell entscheidet und die andere sich viel Zeit zum Abwägen nimmt, wenn einer die Dinge aus der Vogelperspektive betrachtet und der andere das Augenmerk auf Details legt. Die Frage ist, ob wir die Unterschiede als Barriere betrachten oder ob wir sie als Bereicherung willkommen heißen, ob wir das Anderssein als falsch titulieren oder als Puzzlestück, das uns gemeinsam zu einem größeren Bild verhilft.

Regen und Sonnenschein

Der Kommunikationsexperte Friedemann Schulz von Thun hat sich viel mit solch antagonistischen Werten beschäftigt. In seinem berühmten Wertequadrat zeigt er, dass jede Eigenschaft als Ausgleich auch einen Gegenpol benötigt, weil sie sonst ins Extreme abzugleiten droht. Sparsamkeit kann schnell in Geiz abdriften, wenn da nicht Generosität für Ausgleich sorgt. Die wiederum braucht die Sparsamkeit, um vor Verschwendung gefeit zu sein. Und Genauigkeit kann zu Perfektionismus ausarten, wenn auf der anderen Seite nicht Lockerheit eine Balance schafft. Die freilich ist auf Genauigkeit angewiesen, weil sie sonst droht, in die Schlampigkeit abzugleiten.

Schulz von Thun sieht in der Kombination von Gegensätzen die Chance, auf eine noch höhere Qualitätsebene zu kommen. Er nennt sie „Regenbogenqualität“ und erklärt: „Der Regenbogen geht nur auf, wenn zwei konträre Erscheinungen – Regen und Sonnenschein – gleichzeitig vorhanden sind; erst dann entsteht diese besondere Schönheit einer Verbindung von Gegensätzlichem, das gleichzeitig vorhanden ist und sich durchdringt.“*

Vorteile statt Nachteile hervorstreichen

Nicken Sie innerlich und meinen, das sei doch klar? Dann denken Sie auch beim nächsten Mal daran, wenn Sie sich zum Beispiel über die „Langsamkeit“, „das Chaos“ oder die „Schludrigkeit“ ihres Gegenübers ärgern. Im Berufsalltag (wie auch in Beziehungen) vergessen wir schnell, dass die Haltung des Gegenübers auch einen Wert darstellt. Dann fehlt uns das Verständnis für das Anderssein. Dann sehen wir in der Sorgfalt nur die Pedanterie, und diese Person reagiert vielleicht, indem sie unsere Schnelligkeit als Oberflächlichkeit diffamiert.

Die komplementären Werte zu sehen und anzuerkennen, anstatt den anderen ändern zu wollen, kann Arbeit sein. Aber sie ist, wie wir in allen Interviews zu hören bekamen, eines der Geheimnisse erfolgreichen Jobsharings, ja erfolgreicher Zusammenarbeit überhaupt.

Es gehe darum, erzählte uns der weibliche Teil eines erfolgreichen Bühnen-Duos, an sich selbst und an der Beziehung zu arbeiten. Und darum, „die Unterschiede als Ressource zu sehen und nicht als Widerspruch“. Und ein Tischler, der mit seiner Frau seit Jahrzehnten exklusive Möbel herstellt, formuliert den konstruktiven Umgang der beiden mit ihrer Verschiedenheit so: „Wir haben im positiven Sinn die Unterschiedlichkeit kultiviert.“

————
* Pörksen, Bernhard/ Schulz von Thun, Friedemann: Kommunikation als Lebenskunst, Heidelberg 2014, S. 117.

Wenn Sie Interesse an dem Buch haben, dann schreiben Sie uns ein kurzes Mail. Wir informieren Sie, sobald unser Werk erhältlich ist.

Sie möchten Ihre Zusammenarbeit verbessern? Kommen Sie mit Ihren Kolleg*innen zu unserem Team-Workshop oder Teamcoaching!

Von Queenie Goldstein lernen: Verbindung herstellen durch Empathie

queenie_180Queenie Goldstein aus den “Phantastischen Tierwesen” ist die Gabe der Legilimentik angeboren. Im Gegensatz zu Vertretern dunkler Magie verknüpft sie diese  Kunst mit Empathie. Von ihr können auch Muggel viel lernen.*

Im Universum von Joanne K. Rowling tritt Legilimentik als die Gabe auf, in die Gefühls- und Gedankenwelt anderer Personen einzudringen. In den Potter-Romanen steht diese Kunst durch Zauberer, die sich in ihrem Eigeninteresse gewaltsam Zutritt zum Geist anderer verschaffen, in schlechtem Ruf, weil sie ausschließlich manipulativ genutzt wird.

Eine gänzlich andere Art, Legilimentik einzusetzen, als einen regelrechten Angriff auf das Innenleben anderer zu starten, praktiziert Rowlings Charakter Queenie Goldstein im Film „Phantastische Tierwesen“. Der außergewöhnlichen New Yorker Magierin ist die Gabe, die mehr umfasst, als nur Gedanken zu lesen, angeboren. Allerdings setzt sie diese Fähigkeit außer in Notsituationen niemals zu ihrem eigenen Nutzen ein, sondern zur Unterstützung ihres jeweiligen Gegenübers. Ihr gelingt es, mit Feingefühl, Sanftmut und einem Hauch Naivität eine Wohlfühl-Atmosphäre zu schaffen, in der eine echte positive Verbindung zwischen ihr und ihrem Gegenüber entsteht.
Queenie agiert immer gewaltfrei. Ihr geht es nicht darum, mittels Wissen über eine Person Macht zu gewinnen, sondern sie teilt die Gefühle der anderen, vermittelt Geborgenheit und lebt mit. Die Gefühls- und Gedankenwelt ihrer Mitmenschen erschließt sich ihr unwillkürlich; manchmal scheint es, als würden durch ihre Präsenz vermehrt intensive, vielleicht bedrohliche, jedenfalls aber bedeutsame Erlebnisse und Gefühle in den Menschen wach, die sie sich vielleicht sonst nicht eingestehen. Mit ihrer achtsamen Haltung und indem sie Gefühle und Gedanken nicht bewertet oder beurteilt, unterstützt Queenie sie dabei.

 Legilimentik à la Queenie ist für Muggel Empathie

Die Fähigkeit, eine positive Verbindung – auch über gedankliche Grenzen hinweg – herzustellen, ist nicht nur Hexen und Zauberern vorbehalten, es gibt sie auch in der Muggelwelt: Wir kennen sie als Empathie: die Fähigkeit, mit dem Gegenüber mitzuempfinden.
Wie bei der Legilimentik kommt es auf die innere Haltung an, wenn Empathie im Spiel ist. Wer empathisch ist, urteilt nicht über Gefühle, es gibt auch keine Hierarchie zwischen Gefühlszuständen („Der Arme! Ihm geht es so schlecht – Gott sei Dank geht es mir besser.”). Empathie ist die Bereitschaft, wie Queenie Goldstein mit dem anderen ein Stück weit in seinem Gefühl mitzugehen, sich darauf in ganzer Präsenz einzulassen, ihn zu begleiten, ganz anzunehmen, was er oder sie gerade empfindet, und vielleicht dazu beizutragen, dass er selbst dieses besser erkennen oder gar annehmen kann.

Was also können wir von Queenie lernen?
  1. Echte Empathie schafft Verbindung, urteilt nicht und kann Unterstützung bedeuten. Urteile stehen ihr im Weg. Jene Zauberer, die Legilimentik nur über den Kopf und ohne Herz betreiben, dringen gewaltsam in die Gedanken ihres Gegenübers ein und tun dies zu ihrem eigenen Vorteil. Auch dieses Phänomen gibt es in der Muggelwelt, etwa wenn Verkaufstrainer vermeintlich auf die Bedürfnisse ihres Gegenübers eingehen oder sogar bewusst bestimmte Gefühle erzeugen, nur um ein bestimmtes Produkt zu verkaufen oder Einfluss zu üben. Das hat natürlich mit Empathie nichts zu tun.
    Wahre Empathie im Sinne Queenie Goldsteins bietet die Möglichkeit, über das Herz Kontakt zu einer anderen Person aufzunehmen und sich in ihr Denken, Fühlen und Erleben hineinzuversetzen. Sie kennt keinen Eigennutzen und stellt keine negative Grenzüberschreitung dar, sondern besteht im ehrlichen Interesse am anderen und macht so eine Verbindung möglich. Diese Haltung zu erlernen, ist vielleicht fast so schwer wie zu zaubern. Die Wirkung kann jedoch ebenfalls magisch sein.
  2. Wer empathisch wie Queenie Goldstein sein will, sollte mit den eigenen Gefühlen ins Reine kommen und das auch wollen, was bedeutet, auch den eigenen Empfindungen offen zu begegnen und nicht über sich selbst zu urteilen.
    Die hohe Kunst erlernt, wer die eigenen Bedürfnisse ganz wie die positiven Vertreter der Legilimentik nicht aburteilt und dann auch die des Gegenübers akzeptieren kann.
  1. Anhand von Queenies Beispiel lässt sich gut erkennen, dass Empathie nicht bedeutet, die Gefühle oder auch Probleme des anderen zu den eigenen zu machen. Queenie ist sich ihrer eigenen Gefühle und auch ihrer eigenen Werte ganz bewusst. Wenn sie mit anderen mitfühlt, bedeutet das nicht, dass sie deren Gefühlswelt, Meinungen oder Probleme übernimmt. Sie geht nicht im Gegenüber auf.
Die Haltung macht den Unterschied – bei Muggeln wie bei Zauberern

Natürlich kommen nur die wenigsten als Legilimentiker auf die Welt. Und für Muggel ist diese Kunst weder erlernbar noch vielleicht wirklich erstrebenswert. Doch von Queenies Haltung lernen wir: Jemandem in Empathie zu begegnen, schafft eine ganz andere Basis, ob für ein Gespräch, eine gemeinsame Unternehmung oder auch für die Zusammenarbeit. Wichtig ist dabei nicht, für den anderen Probleme zu lösen, zu überzeugen, Hilfe anzubieten oder sich eine Strategie für ihn ausdenken, sondern einzig, die Person in ihrem Gefühl zu begleiten.

Denn in einer einfühlsamen Begegnung ist nicht selten eine andere Form von Lösung möglich: Oft löst sich beim Gegenüber allein durch eine achtsame Begleitung in die eigene Gefühlswelt etwas. Er oder sie ist dann vielleicht weniger angespannt, kann vielleicht besser durchatmen, etwas loslassen, weil er/sie sich nicht rechtfertigen oder erklären muss, sondern sich verstanden fühlt. Das hilft dabei, die Situation anzunehmen oder sogar einmal Ideen für einen nächsten Schritt zu entwickeln. Das muss aber auch nicht sein.
Wichtig ist, dass zwei Menschen gerade voll und ganz präsent und gegenwärtig sind. Und solche Momente sind kostbar, ja, magisch vielleicht.

*Dieser Text ist die Kurzfassung eines Kapitels für eine geplante, erweiterte Neuauflage unseres Buches „Ziele und Zaubersprüche“, das derzeit leider nur als E-Book erhältlich ist. Mehr dazu auf ZIELE UND ZAUBERSPRÜCHE.

Quellen:

https://ew.com/article/2016/08/05/fantastic-beasts-queenie/

https://de.harry-potter.wikia.com/wiki/Legilimens

https://www.zeit.de/kultur/2017-06/empathie-gefuehle-achtsamkeit-training-10nach8

https://twitter.com/jk_rowling/status/809156500023341057?lang=de

https://de.harrypotter.wikia.com/wiki/Pukwudgie_(Haus)

Merken

Perspektivenwechsel wozu?

Was ist auf diesem Bild dargestellt?Perspektivenwechsel geben den Blick auf neue Lösungen frei. Sie helfen, hartnäckige Probleme zu lösen und die Kommunikation zu verbessern.

Was ist auf dem Bild dargestellt? Was ist Ihre erste Assoziation?

.

.

.

Eine Beilagscheibe, werden manche denken, eine Schallplatte andere. Vielleicht aber auch ein Dichtungsring, eine Röhre, ein Zylinder, der Buchstabe O, ein Schwimmreifen, eine Zielscheibe, eine Werbung für einen Mobilfunkbetreiber oder ein Autoreifen.

Was stimmt nun? Jede Antwort ist richtig, denn es ist, was der oder die Betrachter/in darin sieht. Wer offen Möglichkeiten sammelt, wird bald noch viel mehr Interpretationen als die angeführten finden. Alle, die sich aber früh für eines entscheiden und dabei bleiben, werden ihre Wahl vielleicht verteidigen und immer mehr davon überzeugt sein, es könne nur dieses eine darstellen.

Wer viel mit Autos zu tun hat, wird eventuell zuerst einen Reifen darin sehen, wer noch nie ein Auto zu Gesicht bekommen hat, etwas ganz anderes. Wem Farben wichtig sind, für den hat es vielleicht mehr Bedeutung, dass der Kreis einen dicken schwarzen Umriss hat, als für jemanden, für den die Form im Vordergrund steht. Wir haben immer einen bestimmten Blickwinkel auf die Dinge und wir sehen immer nur einen Ausschnitt. Denn unsere  Persönlichkeit und unsere Erfahrungen haben einen Einfluss darauf,  wie wir die Welt wahrnehmen.

Wenn aber nun jede/r die Welt ein wenig anders wahrnimmt – ja, müsste es dann nicht möglich sein, die eigene Wahrnehmung auch zu verändern, vielleicht zu steuern? Ja, es ist möglich: Wir können den Blickwinkel verändern  und dadurch auch den Ausschnitt, den wir wahrnehmen. Wir sehen das Bild von einer anderen Seite oder einen vergrößerten oder verkleinerten Ausschnitt. Wenn wir wollen.

Ein Prinzip der Kreativität

Viele Coaching-Methoden oder Kreativitätstechniken arbeiten mit Perspektivenwechsel. Sie verändern die Betrachtungsebene, den Ausschnitt oder die Fragestellung, um Raum für neue Perspektiven zu schaffen. Warum man das tut? Weil sich scheinbar unlösbare Probleme oder einzementierte Meinungen manchmal in einem anderen Licht zeigen – und damit den Blick auf die eine oder andere mögliche Lösung freigeben. Oder einfach nur das Verständnis für das Gegenüber fördern – als ersten Schritt einer Versöhnung oder zumindest eines Waffenstillstands.

Mehr dazu gibt es in unseren Angeboten zum Thema Kreativität und Teamwork.

 

Merken

Bedürfnisse oder die richtige Raumtemperatur

Ist es nun kalt oder warm? Das entscheidet weniger das Thermometer, sondern das subjektive Kälteempfinden.Über Bedürfnisse zu diskutieren, ist ein sinnloses Unterfangen.

Wir arbeiten im selben Raum an unseren Computern. Ich trage ein T-Shirt, von meiner Partnerin sieht man nur die Augen. Sie rollen knapp oberhalb des Rollkragenrandes hin und her – auf der Suche nach einer siebenten Schicht, in die sie sich hüllen könnte. Auch in der Nacht ist es nicht anders: Decke ich mich auf Grund nächtlicher Hitzewallungen ab, schnappt sie sofort die Tuchent, weil zwei Decken und die gesamte Winterschlaf-Kollektion mehrerer Gewandkataloge noch nicht ausreichen.

Die Wohlfühltemperatur meiner Partnerin liegt drei Grad über der meinen, mindestens. Darüber lässt sich streiten und darüber haben wir gestritten. Allein: die Diskussionen führen zu nichts. Die eigenen Bedürfnisse stehen denen eines anderen Menschen gegenüber. Eine Wirklichkeit trifft auf eine andere Wirklichkeit.

Argumente versus Bedürfnisse

Da hilft es auch nicht – glauben Sie mir, ich habe es versucht –, mit Heizkosten oder Statistiken zu argumentieren. Ihnen kann ich es ja verraten: Ein Grad weniger Raumtemperatur spart sechs Prozent der Heizkosten. Aber das zählt als Argument nicht, wenn nur einer das Opfer bringt, wenn einem, in dem Fall einer, einfach kalt ist.

Daher: Versuchen Sie nie, den oder die andere/n von etwas zu überzeugen, was einer subjektiven Empfindung entgegensteht. Eine Temperatur-Diskussion zwischen einer Schnee-Eule und einem Känguru würde schließlich auch nichts bringen.

Kompromisse und Lösungen

Sie fragen sich, wie man das aushalten kann? Wie ich überlebe, ohne zu schmelzen? Nun: Leiden, damit nur der oder die andere sich wohl fühlt, ist keine Lösung. Und wahrscheinlich haben Sie es schon vermutet: Einfache Lösungen gibt es selten. Aber es gibt sie, die Möglichkeiten. Sie befinden sich allerdings jenseits der Zone „Recht haben/Recht bekommen“. In unserem Fall wäre das: Finden Sie Kompromisse und kreative Lösungen. Arbeiten Sie in getrennten Zimmern. Setzen Sie die hitzige Person näher zum Fenster. Denken Sie sich zeitliche Regelungen aus. Arbeiten Sie nicht gleichzeitig. Schaffen Sie eine Warm- und eine Kühlzone. Wie auch immer die Lösung in Ihrem Fall aussehen könnte: Stehen Sie zu Ihren Bedürfnissen. Aber akzeptieren Sie die Bedürfnisse des/der anderen als gleichwertig. Das vermeidet Streit. Und schafft manchmal ein ganz neues Arbeitsklima.

Neugierig geworden auf mehr Tipps und Tricks, wie Sie als Paar oder Team gut zusammenarbeiten, dann besuchen Sie doch unsere Angebote zu den Themen.

Merken

Wider den Perfektionismus

An Winterschlaf war für Ignotius nicht zu denken, solange noch ein Blatt fehlte.In einem unserer letzten Newsletter griffen wir das Thema Perfektionismus mit diesem Cartoon auf. Die Unterüberschrift lautete: Perfektionismus kann zu gefährlichem Schlafmangel führen. Ein Freund wies uns dann in einer Antwortmail darauf hin, dass die Menschen, mit denen er zu tun habe, immer unverlässlicher würden, und dass ihre Arbeit immer weniger perfekt sei. Jeder denke mittlerweile, es sei ohnedies kein Problem, Fehler zu machen. Schuld an dieser Entwicklung hätten Coaches wie wir, die solche Botschaften verbreiteten.

Jedoch: Perfektion ist nicht Perfektionismus. Wir sagen nicht, dass Fehler egal sind. Nein. Fehler sind Fehler, man sieht sie, sie stören oft. Die Frage ist nur, wie ich mit ihnen umgehe! Sage ich: Es ist egal, wird schon passen, meine Arbeit wird auch mit Fehlern reichen? Dann gebe ich unserem geschätzten Leser Recht: Das führt nicht zu Qualität. Knüpfe ich an einen Fehler allerdings den Mut, aktiv zu werden und etwas zu verändern oder dran zu feilen, habe ich dazugelernt und kann daran wachsen.

Die zwei Seiten des Perfektionismus

In der Psychologie kennt man folgende Definitionen: einerseits das Streben nach Vollkommenheit, unter das hohe persönliche Standards und Organisiertheit fallen, andererseits die übertriebene Fehlervermeidung, die sich sogar krankhaft, etwa in Angstzuständen, äußern kann. Ignotius‘ Perfektionsmus fällt in die zweite Kategorie. Sein Perfektionismus ist gesundheitsschädlich und lässt ihn frieren. Mit etwas Pech wird er im Frühjahr nicht ausreichend Kraft haben, vielleicht sogar nicht über den Winter kommen. Warum? Er hat ein Bild davon, wie sein Ergebnis aussehen muss, das seinen eigenen, wahren Bedürfnissen nicht gerecht wird. Ignotius darf erst schlafen, wenn ALLE Blätter zu einer Schlafstätte verarbeitet sind, nicht etwa dann, wenn der Blätterberg gemütlich, groß und warm genug für seinen Winterschlaf ist. Der Igel hat ein vorgefertigtes, vielleicht von außen übernommenes Bild vom perfekten Blätterhaufen, nicht eines, das seinem ganz persönlichen, eigentlichen Bedürfnis entspricht. Sein Perfektionismus hat zu einem falschen Zielbild und somit nicht zu einem sinnvollen Arbeitsergebnis geführt – und das ist der Perfektionismus, vor dem es zu warnen gilt, dem man begegnen muss.

Diskurs der Machbarkeit

Unsere Gesellschaft wird bestimmt von einem Diskurs der Machbarkeit. Der perfekte Körper, die perfekte Beziehung, die perfekten Eltern, die perfekte Arbeit, die perfekte Geburt, die perfekte Gesundheit. Wir streben Perfektion an, überall. Und uns wird suggeriert, sie sei machbar. Mit Disziplin, Operationen, Kursen, die einem das Blaue vom Himmel versprechen, Wunderkügelchen, ausreichend Glauben an sich selbst – alles scheint schaffbar, machbar, wenn man nur wirklich will.

Ich habe nichts dagegen einzuwenden, ab und an mal etwas richtig perfekt hinkriegen zu wollen. Im Gegenteil. Es spornt einen an. Aber wirklich jeden Bereich perfektionieren zu wollen bedeutet, keine Luft mehr zu haben.
Perfekt heißt vollendet. Hier gibt es keinen Raum mehr. Keinen Freiraum. Zweckfreiheit. All das brauche ich aber. Und zwar um herauszufinden, wo ich hinwill, um mir ein Bild von meinem Ziel zu machen, um mein eigenes Bild der Zielerfüllung zu schaffen, nicht ein vorgefertigtes.

Erfüllbare und bedürfnisgerechte Ziele

Hilfreich ist daher nicht, auf selbstzerstörerische Art einem fixen Bild von etwas Perfektem nachzulaufen, sondern sich eigene Ziele so zu stecken, dass sie erfüllbar sind. Vielleicht ist die Anforderung ein bisschen kleiner – aber sie ist auch leichter zu erfüllen. Erweitern kann ich sie immer noch. Im Idealfall ist ein gutes Ziel eines, das ich mit meinen Bedürfnissen in Einklang bringen und mit meinen Fähigkeiten auch erreichen kann. Dann kann ich es vollenden – nicht in Perfektionismus, sondern in Perfektion.

Gute Nacht, Ignotius! Der Laubhaufen ist schon groß genug für einen erholsamen Winterschlaf! Hoffentlich hast du es noch rechtzeitig vor Kälteeinbruch geschafft!

Interesse an mehr solcher Tipps, dann passt für Sie vielleicht eines unserer Angebote für Unternehmen oder Einzelkunden.

Merken

Merken

Arbeiten als Paar – mit einem klaren Ziel

Als Paar ein Buch schreiben, das kann klappen, muss es aber nicht.Egal, welche Arbeit man vor sich hat: Es ist wichtig zu wissen, was danach anders sein soll. Und das ist oft gar nicht so einfach. Angenommen, ich bin gerade dabei, einen Nagel einzuschlagen. Was ist mein Ziel? Ein gerade und korrekt eingeschlagener Nagel? Dass das Bild hängt? Ein schöneres Wohnzimmer? Oft bestimmt das Ziel, wie ich an eine Sache herangehe. Und hier wird es als Paar ganz besonders interessant. Schon allein ist es manchmal schwierig zu wissen, was man denn genau mit dem, was man tut, erreichen möchte. Zu zweit kann es eine echte Herausforderung sein.

Ein Buch, zwei Vorstellungen davon

Ich erinnere mich an unseren ersten gemeinsamen Buchversuch im Jahr 2004. Uns war klar, wir schreiben ein Buch über Verhörer, also Missverständnisse im Verstehen. Vermeintlich ein klares gemeinsames Ziel. Als die Arbeit jedoch nicht vorankam, mir nichts passte, was mein Partner schrieb und die Unzufriedenheit zunahm, wurde mir langsam klar: Ich fände zwar ein Verhörerbuch spannend, aber ich hätte es gern viel wissenschaftlicher. Kein nettes Büchlein mit anekdotisch verpackten, gesammelten Verhörern, sondern etwas, das mir als Sprachwissenschafterin gefiel. Und ich wollte, dass mein Partner dieses Ziel teilte. Ihm schwebte hingegen ein unterhaltsames, nettes Geschenkbuch für alle Gelegenheiten vor, ein wissenschaftliches Kapitel nur unter ferner liefen.

Erst nach und nach begriffen wir: Wir teilten nicht dieselbe Vorstellung vom Endprodukt. Wir versuchten uns zu einigen, allerdings brachte ich keine Energie auf, mich einem Buchprojekt zu widmen, zu dem ich nicht hundertprozentig stand. Das gemeinsame Projekt konnte nicht stattfinden. Kooperation gab es letztlich trotzdem: Roman schrieb sein Geschenkbuch – und ich ließ mein Wissen in ein Kapitel mit sprachwissenschaftlichem Hintergrund fließen. Das gemeinsame Schreiben, das gemeinsame Arbeiten an einem geteilten Ziel war jedoch vorerst gescheitert – unsere Vorstellungen vom Endprodukt waren zu unterschiedlich gewesen.

Neues Buch, neuer Versuch

Wie groß war also unsere Freude sechs Jahre später, als wir feststellten, dass wir die nächste Buch-Idee mit ähnlichen Zielvorstellungen angingen. Wir waren außerdem aus Erfahrung klug geworden. Jeder legte noch vor Projektbeginn offen, welche Vorstellungen er/sie in Bezug auf Umfang, Stil, Aufbau, Themen und Zielgruppe hatte. Im Gespräch konnten wir strittige Punkte ausräumen oder entsprechend der Kompetenzen verteilen. Je klarer die Ziele wurden, auch für die einzelnen Kapitel, desto eher konnten wir auch auf die Vorlieben des einzelnen achten – all das unter der Beachtung einer gemeinsamen, geteilten Vorstellung vom Endprodukt. Nie war arbeiten so schön. Wenn sich die Bilder beider Partner vom Ziel decken, ja, dann fällt die Arbeit mehr als doppelt so leicht.

Zu den Büchern:

Roman Kellner: Von Eisbärsalat bis Knöchelverzeichnis. Die besten Verhörer der deutschen Sprache, Wien: Ueberreuter 2005.
Das Buch hat zwei Auflagen erlebt und vergriffen, allerdings ist es gebraucht zu finden, z.B. hier und auch bei amazon. Es wird aber vermutlich demnächst als E-Book wieder auferstehen.

Elisabeth Gräf/Roman Kellner: Ziele und Zaubersprüche. Von Harry Potter und seiner Welt lernen, Potsdam: ÖkoSysteme-Verlag 2011.
Näheres unter: www.zieleundzaubersprueche.com

Seminartipp:

Wenn Sie das Thema interessiert, dann sind Sie auch bei unseren Angeboten für kleine Teams richtig.

Merken

Merken

Perspektivenwechsel: von Nestroy zum Touchscreen

Perspektivenwechsel: Eine Blume, ein Käfer oder ein Punkt – das hängt von der Perspektive ab.Sie kennen bei Geräten mit Touchscreen sicher die Funktion, Bilder mit einer kleinen Fingerbewegung größer oder kleiner zu zoomen. Rund 150 Jahre vor der Verbreitung dieser Technologie hatte Nestroy gemeint, zum Glück gäbe es nur zwei Wege: „Entweder sich so hoch erheben, dass einem die Welt kleinwinzig erscheint, oder sich niederlassen in eine tiefe Furche, wo einem jeder Grashalm unserer Umgebung als etwas Großes erscheint.” Es geht um Perspektivenwechsel.

Das Prinzip ist dasselbe: Der Bildausschnitt bzw. die Perspektive verändert sich. Dieses bewusste Einengen oder Erweitern der Sichtweise ist auch eine bewährte Strategie bei der Suche nach Lösungen.
Vielleicht ist ein Problem zu vielschichtig oder eine Aufgabe zu groß? Dann kann ein Perspektivenwechsel helfen, sich etwa ein Detail anzusehen oder erst einmal nur einen kleinen ersten Schritt zu machen. Umgekehrt kann die Erweiterung des Blickwinkels Probleme relativieren und damit vielleicht die Dramatik nehmen. Ein größerer Zeithorizont lässt Sorgen oft schrumpfen. Der Blick auf ein übergeordnetes Ziel bringt nicht selten Orientierung zurück.

Von oben oder unten, im Großen oder im Detail

Ideen können Leben retten.Das Hinauf- und Hinunter-Chunken, wie es Vertreter des NLP auch nennen, machen wir unbewusst immer wieder. Gewöhnlich liegt einem eine Perspektive näher, je nachdem, ob man sich lieber pitzelig der Ausarbeitung von Details widmet oder ganz im Gegenteil große Entwürfe liebt und sich auch von Vorhaben, die einen großen Zeitraum umfassen, nicht stressen lässt (und dafür mitunter Details übersieht).

Spannend und hilfreich wird es, wenn man die unterschiedlichen Perspektiven auch bewusst einsetzt. In einen größeren Kontext gesetzt würde das z. B. heißen: Wie werde ich über das Problem in fünf Jahren denken? Oder: Wie sieht es aus der Vogelperspektive aus? Herangezoomt könnte man fragen:  Was kann ich im Detail erkennen? Was ist charakteristisch dafür, wo gibt es Gemeinsamkeiten mit etwas anderem? Kann ich eine konkrete Aufgabe erkennen?

Probieren Sie es aus. Vergrößern oder verkleinern Sie das nächste Mal, wenn Sie irgendwo gedanklich feststecken, ganz bewusst den Ausschnitt und nutzen Sie die veränderte Wahrnehmung zur Suche nach einer Lösung

Seminartipp:
Mehr, viel mehr solche Tipps warten in unseren Angeboten für mehr Kreativität auf Sie.

Merken