Macht und Ohnmacht im Gespräch

Teil 1: KOMMUNIKATION BEI MACHTGEFÄLLE

Gespräche mit Menschen in Machtpositionen gestalten sich oft schwierig. Was tun, wenn jemand die Kommunikation verweigert?
Über die Faktoren Macht, Beziehung und Interesse in der Kommunikation.

Es ist schwierig mit jemandem zu kommunizieren, der mehr Macht hat und die Kommunikation nicht braucht oder möchte.Neulich erzählte mir mein Freund B von einem Missverständnis im Kontakt seines autistischen Sohnes mit der örtlichen Polizei, das leicht vermieden hätte werden können. Der junge Erwachsene, der sich nicht verbal ausdrücken kann, war laut johlend an der örtlichen Polizeistation vorbeigelaufen. Was für den Jugendlichen Ausdruck purer Lebensfreude ist, wurde von den Beamten als Aggression gedeutet. Sie waren knapp davor einzugreifen, als der Vater die Situation im letzten Moment entschärfen konnte.

Damit so etwas nicht noch einmal passiert, beschloss dieser, auf die Polizeiwache zu gehen und das Gespräch mit den Beamten zu suchen. Es ging ihm dabei darum zu erklären, woran man erkenne, dass es sich um Freude und nicht um Aggression gehandelt habe, aber auch darum, generell Verständnis dafür zu schaffen, wie sich sein autistischer Sohn in der Welt bewegt.

Als er zur Erklärung ansetzte, wollten die Beamt*innen jedoch nichts davon wissen, forderten ihn forsch auf zu gehen und vermittelten ihm auch körpersprachlich, dass sie an einem Gespräch kein Interesse hätten. Ohne zu Wort gekommen zu sein, zog er frustriert ab.

„Was kann ich denn tun, wenn mein Gegenüber die Kommunikation einfach verweigert?“, fragte er.

Die kurze Antwort: nicht sehr viel, aber ein bisschen was könnte schon gehen.

Die lange Antwort:
Sehen wir uns die Situation und die Beteiligten ein wenig genauer an. Bei unserem Beispiel geht es um Kommunikationsverweigerung aus einer Machtposition heraus. Und Macht ist auch bei anderen Gesprächen im Spiel, zum Beispiel beim Verhandeln.

Wenn es ums Verhandeln geht, sind drei Faktoren ausschlaggebend:

  • Macht
  • Interesse (am Thema)
  • Beziehungsebene

Sie bestimmen den Verhandlungsstil – und damit auch den Gesprächsstil – eines Menschen. Ist also eine Person gewohnt, ihre Interessen mit Macht oder Gewalt durchzusetzen, geht es ihr um die eigenen Themen, das Thema des anderen ist ihr egal, es besteht kein Interesse. Auch die Beziehung zum Gegenüber ist ihr gleichgültig (weil die Machtverhältnisse klar sind und sie auf das Gegenüber nicht angewiesen ist). Das heißt, ihre Motivation, die andere Seite zu hören, geht gegen null. Wir können davon ausgehen, dass Polizeibeamte durchaus gewohnt sind, ihre Interessen (bzw. die des Gesetzes oder des Staates) mit Macht durchzusetzen. Deshalb lassen sich die drei Faktoren Macht, Interesse und Beziehungsebene auf diese Situation übertragen.

Macht groß, Interesse klein und Beziehung bedeutungslos

Im Gespräch mit einer Person, deren Macht groß (und nicht veränderbar) ist, bleiben also nur die beiden Komponenten Interesse (am Thema) und Beziehungsebene als mögliche Anknüpfungspunkte. Sind diese beiden auch nicht erreichbar, stehen die Chancen, gehört zu werden, schlecht.

Sehen wir uns jetzt noch einmal unser Beispiel in Hinblick auf Macht, Interesse und Beziehung an.

Der Vater kommt mit seinem Anliegen auf die Polizeiwache. Natürlich sind ihm die Beamten an Macht überlegen. Er hat also nur die Möglichkeit, sie auf der Beziehungsebene zu erreichen oder ihr Interesse zu wecken. Gehen wir davon aus, dass das Interesse am Thema gering war („Ich brauch nicht zu wissen, wie ein Autist Freude ausdrückt“) und an der Beziehung ebenso („Das ist mein Revier, du brauchst hier nicht reinzuschneien, außer du willst eine Anzeige machen.“).

Beziehung herstellen

Der Vater muss seine Strategie damit sehr genau wählen. Trifft er die Beamten etwa bei der Mittagspause an, kann er vielleicht versuchen, über Smalltalk zum Essen eine positive Beziehung herzustellen.
Etwas tiefergehend könnte er versuchen, eine Verbindung über ein Bedürfnis des Gegenübers herzustellen, z. B. nach Wertschätzung: wenn er etwa mit einem Danke beginnt, dass der Polizist im Kontakt mit seinem autistischen Sohn auf Gewalt verzichtet oder auf die Begleitperson in der Situation gehört hat. Auch damit ließe sich Verbindung auf Beziehungsebene schaffen.

Interesse wecken

Interesse zu wecken kann deutlich schwieriger sein; vielleicht findet er die richtigen Worte, um die Polizist*innen dafür zu gewinnen, generell Interesse für die Bewohner*innen im Bezirk ihrer Wache zu entwickeln und daran anzuknüpfen. Vielleicht kann er an die Rolle als Elternteil anknüpfen (ist das Gegenüber vielleicht auch Vater oder Mutter?) und dadurch Interesse am Thema aufbauen. Patentrezept gibt es allerdings keines.

Auf Macht bauen?

Die letzte Komponente, Macht einzusetzen, bleibt ihm nur, wenn er den Rechtsweg beschreitet und hier versucht, die Macht der Beamt*innen zu verringern, indem er etwa selbst Macht auf Basis einer Beschwerde oder Klage ausübt. Es ist aber zu vermuten, dass er sich damit von seinem ursprünglichen Ziel, Verständnis für die Lebensumstände seines Sohnes zu wecken, eher noch weiter entfernen wird.

Kommen wir damit zur ersten, kurzen Antwort von oben: Es geht also nicht viel; aber ein bisschen was (z. B. auf Beziehungsebene) könnte schon gehen.

Die Antwort stimmt Sie unzufrieden? Sie meinen, mit den richtigen Tools müsste man jede Kommunikationssituation drehen können? Falsch gedacht!
Aber eines stimmt schon: Es lässt sich zwar nicht jede Situation drehen, aber wie man selbst mit einer schwierigen Kommunikationssituation umgeht, das lässt sich beeinflussen.

Hier geht’s zur Fortsetzung der Artikelserie:

Wenn Sie übrigens Ihre Kommunikation in der Praxis verbessern wollen, sind wir gern für Sie da. Entweder mit unseren Coachings für Einzelpersonen oder mit unseren Inhouse-Trainings für Organisationen und Unternehmen.

Quellen: Ponschab, Reiner: Kompetitive Verhandlungsstile – wie gehe ich damit um? http://docplayer.org/73278102-Kompetitive-verhandlungsstile-wie-gehe-ich-damit-um.html in: Knapp, Peter: Verhandlungs-Tools. Effiziente Verhandlungstechniken im Business-Alltag. managerSeminare, Bonn 2019, S. 169-173)

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