Kommunikationsverweigerung und ihre Rahmenbedingungen

Macht & Ohnmacht im Gespräch, Teil 2

Wer sich über Kommunikationsverweigerung ärgert, sollte sich die Bedingungen und die Situation ein bisschen näher ansehen. Manchmal lässt sich der Rahmen verändern – oder erweitern.

Im letzten Blog-Artikel haben wir uns ein konkretes Beispiel der Kommunikationsverweigerung angesehen. Wir haben die Situation unter dem Aspekt der Macht analysiert, um herauszufinden, auf welcher Ebene das Gegenüber erreichbar sein kann. Fazit: Das kann, muss aber nicht immer gelingen.

Um bei Kommunikationsverweigerung auf Augenhöhe zu kommen, kann es helfen, die Rahmenbedingungen zu betrachten.
Kommunikationsverweigerung

Denn: Tatsächlich können wir Kommunikation nicht erzwingen. Und wenn jemand nicht mit uns reden will, ärgern wir uns meistens. Meist legen wir uns dann Theorien zurecht, um den eigenen Schmerz – der der hinter dem Ärger steckt – zu lindern. Oft bewerten wir den/die andere/n dabei negativ: Der/die will ja nicht; hat keine Ahnung; glaubt, etwas Besseres zu sein; ist immer so; typisch X …!

Das Blöde an der Sache ist: Diese Strategie lindert selten die eigene Gemütslage – und noch weniger hilft sie, die Kommunikation zu verbessern. Wenn ich also daran interessiert bin, damit fertig zu werden, kann es sinnvoll sein, sich die Situation noch einmal genauer anzusehen.

Rahmen betrachten

Im Beispiel von Teil 1 ging es um einen Vater, der auf einer Polizeiwache mit Beamten anlassbezogen über seinen autistischen Sohn sprechen wollte. Die Beamten wollten ihn nicht hören, verweigerten das Gespräch – und der Vater zog verärgert von dannen.

Sehen wir uns den Rahmen der Kommunikationsverweigerung genauer an:

  • Ort: Polizeiwache
  • Zeit: spontan, ohne Termin
  • Medium/Kommunikationskanal: mündliche Kommunikation vor Ort (ohne Ankündigung)
  • Thema: wurde nur von einer Person bestimmt, die am Gespräch teilnimmt (Vater) – die andere trifft es unvorbereitet
  • Teilnehmende Personen und Beziehung: Polizist*innen vor Ort (Sicherheitsbeamte mit gesetzlichem Auftrag, Amtsinhaber und damit auch „Respektsperson“ in dieser Rolle) und Vater (Bürger in privater Rolle)

Es ist bei einem Gespräch gut möglich, dass ein unpassender Rahmen die Kommunikation schwierig oder unmöglich macht (siehe auch  diesen Blog-Artikel über schwierige Gespräche): Ablenkung oder Lärm vor Ort, Überraschung oder Ärger beim Gegenüber, ein falscher Kommunikationskanal, ein schlecht gewähltes Wort, sodass die Person sich nicht wertgeschätzt fühlt …
Was immer es ist, es liegt vielleicht nicht unbedingt an der Bosheit des Gegenübers, sondern vielleicht an einer Komponente im Rahmen.

Diese Erkenntnis leistet vielleicht schon einen ersten Beitrag, damit wir uns weniger ärgern.

Außerdem könnten wir überlegen, wenn wir unser Thema dennoch weiter kommunizieren wollen: Lässt sich vielleicht etwas am Rahmen verändern? Gibt es andere Möglichkeiten, die Beamten über mein Thema zu informieren? Wäre es zum Beispiel möglich, ein Mail zu schicken (anderer Kanal), um einen Termin zu bitten oder nach einer günstigen Zeit zu fragen (andere Zeit), um anzurufen? Könnten wir andere Beamten darüber informieren als jene, die zufällig gerade vor Ort waren (andere Personen)?

Rahmen erweitern

Und nicht zuletzt: Könnte man den Rahmen vielleicht überhaupt verlassen? Geht es vielleicht um etwas ganz anderes? Ärgert sich der Vater aus unserem Beispiel darüber, dass sein autistischer Sohn in unserer Gesellschaft zu wenig Platz hat, generell zu wenig gehört, gesehen und wertgeschätzt wird? Wenn wir damit außerhalb des Rahmens denken: Könnte er vielleicht etwas ganz anderes tun, um seinen Sohn zu unterstützen, in der Gesellschaft bzw. im öffentlichen Raum stärker gesehen und akzeptiert zu werden?

Das wäre eine Strategie, sich ein Bedürfnis zu erfüllen. In unserem Fall könnte das einerseits das Bedürfnis sein, gesehen und wertgeschätzt zu werden (stellvertretend für den Sohn bzw. als Vater), aber vielleicht auch das Bedürfnis, für den Sohn zu sorgen.

Man muss aber nicht gleich den Rahmen sprengen. Denn es gibt Situationen, in denen am Rahmen nicht zu rütteln und Kommunikation schlicht nicht möglich ist.

Damit man mit seinem Ärger nicht isoliert zurückbleibt, hilft es, den eigenen Motiven und Bedürfnissen auf den Grund zu gehen. Wie das geht, erfahren Sie im dritten Teil dieser Serie.

Lesen Sie dazu auch die beiden anderen Blog-Artikel dieser Serie:
Teil 1: Macht und Ohnmacht im Gespräch und
Teil 3.: Kommunikationsverweigerung & Ohnmachtsgefühl

Wenn Sie übrigens Ihre Kommunikation in der Praxis verbessern wollen, sind wir gern für Sie da. Entweder mit unseren Coachings für Einzelpersonen oder mit unseren Inhouse-Trainings für Organisationen und Unternehmen.

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