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Paralleles Denken: Walt-Disney-Methode und PMI

Kreative Prozesse scheitern mitunter, weil die einzelnen Teammitglieder oder die verschiedenen eigenen inneren Anteile allzu unterschiedliche Positionen einnehmen. Hier hilft das sogenannten Parallele Denken und Techniken wie die Walt-Disney-Methode oder PMI.

Mickey Mouse zweifelt„Tatsächlich gab es drei Walts“, schrieb einst der NLP-Pionier Robert B. Dilts über Walt Disney, „den Träumer, den Realisten und den Spielverderber.“ Dieses Zitat und die Geschichte, Walt Disney hätte beim Wälzen neuer Ideen auf drei verschiedenen Stühlen oder gar in drei unterschiedlich gestalteten Räumen Platz genommen, ist die Basis für eine der populärsten Kreativitätstechniken: die Walt-Disney-Methode.

Bevor wir uns ihr und einer verwandten Methode widmen, wollen wir uns aber noch schnell ein wichtiges Denkprinzip ansehen: das Parallele Denken. Stellen wir uns ein Team von drei Personen vor, die sehr verschieden ticken. Da ist eine, wir nennen sie Sibylle, die sprüht vor Ideen und Visionen, ihre Kreativität ist kaum zu bändigen, sie spricht schnell und Hinweise auf die Machbarkeit ihrer Vorschläge wischt sie gerne weg. Dann haben wir eine zweite Person, sie soll hier Wolfgang heißen: Er ist der Typ IT, er ist sehr strukturiert und interessiert sich vor allem dafür, was umsetzbar ist. Und die dritte Person, Bernadette, hat ein gutes Gespür dafür, wo etwas scheitern könnte, sie äußert gerne ihre Ängste und Bedenken – mitunter nervt sie die anderen damit.

Diskussion über Haltungen statt über die Sache

Wenn Sibylle, Wolfgang und Bernadette über ein Problem oder eine Idee diskutieren, kommen sie schwer zusammen. So unterschiedlich, wie sie ticken, geht es oft gar nicht mehr um die Sache. Das Argument von A wird sofort von der Gegenrede durch B ausgebremst:

Gegen einander denken

Wie hilfreiches wäre es da, wenn sich alle gemeinsam und hintereinander die jeweiligen Positionen ansehen und die verschiedenen Perspektiven einnehmen könnten? Wenn alle Personen in die Richtung von A dächten und dann alle die Perspektive von B einnähmen? Dann sähe das bei zwei Personen so aus:

Paralleles Denken geht natürlich auch zu dritt. Das Geniale daran: Wolfgang und Bernadette werden sich leichter auf Sibylles „Spinnereien“ einlassen, wenn sie wissen, dass ihre Positionen auch noch drankommen. Und wer weiß, vielleicht finden sie Gefallen an dieser Betrachtungsebene und ändern ihre Meinung. Dasselbe kann natürlich auch passieren, wenn Sibylle und Bernadette Wolfgangs nüchterne Welt betreten, oder Sibylle und Wolfgang gemeinsam mit Bernadette die Schwächen einer Idee suchen.

Und genau das nannte der britischer Kreativitätsexperte Edward de Bono Paralleles Denken. Der Vorteil: Es hilft, andere Positionen zu verstehen, fördert die Toleranz und vermindert Reibungsverluste.

6 DenkhüteUnd nun zu den Methoden, die mit dem kreativen Ansatz des Parallelen Denkens arbeiten. De Bono selbst hatte dazu zwei Techniken entwickelt: die Sechs Denkhüte und die Methode PMI. Die Sechs Denkhüte sind mit sechs Positionen in drei Gegensatzpaaren doch etwas komplexer und verlangen eine Moderation, daher möchte ich hier PMI vorstellen.

Plus-Minus-Interessant

Es ist eine simple Methode zur genaueren Betrachtung eines Vorschlags oder einer neuen Idee, die man in einem kleinen bis mittelgroßen Team durchführen kann. Es braucht lediglich ein Flipchart mit drei Spalten, über denen Plus, Minus und Interessant steht. Nun denkt das gesamte Team ein paar Minuten nur über die Vorteile der Idee oder des Vorschlages nach, sie kommen alle in Spalte eins. Dann widmen sich alle der Minus-Spalte. Was spricht gegen die Idee? Welche Probleme fallen dem Team ein? Und schließlich denken alle drei vor der dritten Spalte über Aspekte nach, die weder Plus noch Minus sind. De Bono hat hier die Frage vorgeschlagen: „Es wäre interessant zu wissen, ob …“

Nichts spricht dagegen, danach noch eine Runde durch die verschiedenen Positionen zu drehen, wichtig ist nur, dass wirklich alle gemeinsam immer eine Denkrichtung einnehmen. Am Ende haben wir eine sehr klare Aufteilung der Vor- und Nachteile und eine gute Grundlage zur Weiterarbeit.

Walt-Disney-Methode

Ganz ähnlich und noch näher an unseren idealtypischen Charakteren von Sibylle, Wolfgang und Bernadette ist die Methode, die nach Walt Disney selbst benannt wurde. Wir haben drei Positionen: den Träumer (Donald Duck statt Bernadette), den Realisierer (Tick, Trick und Track statt Wolfgang) und den Kritiker (Micky Maus statt Bernadette). Diese Positionen bekommen Orte zugeteilt, seien es Ecken in einem großen Raum oder Tische mit Flipcharts. Es ist wichtig, dass das Team auch wirklich physisch den Ort wechTrick, Trick und Track als Realisiererselt und damit eine Denkzäsur schafft. Auch hier wieder nehmen wir abwechselnd und gemeinsam die jeweilige Position ein. Wir fangen mit dem Träumer an und klappern die verschiedenen Positionen ab, das Ganze in mehreren Durchgängen, weil jede Sichtweise den vorigen antworten kann.

Mickey Mouse als KritikerÜbrigens kann diese Methode natürlich auch eine einzelne Person einsetzen, um all ihren inneren Anteilen oder Teammitgliedern Gehör zu verschaffen. Die Regeln sind dieselben, eventuell erfordert es noch ein wenig mehr Disziplin von der Einzelperson.

Am Ende sind alle Perspektiven eingenommen und alle Teilnehmer*innen gehört worden. Beide Methoden, PMI und Walt Disney, garantieren, dass eine Einzelperson oder ein Team ein Problem oder eine Idee wirklich multiperspektivisch betrachtet und daraus die richtigen Schlüsse zieht.

Wenn Sie Methoden dieser Art mit Ihrem Team anwenden wollen, buchen Sie ein Inhouse-Seminar  für Ihre Organisation oder Ihr Unternehmen mit uns.

Wenn Sie Kreativitätstechniken alleine durchführen möchten, erarbeiten wir mit Ihnen gern Lösungen mit passenden Methoden in einem Fachcoaching.

Systemisches Konsensieren: Widerstände aufzeigen

Systemisches Konsensieren (SK) ist eine Bewertungsart, bei der alle Beteiligten wirklich gehört werden – und ein wichtiges Werkzeug im Methodenkoffer von ModeratorInnen.

Für Systemisches Konsensieren braucht es nicht unbedingt eigenes Material - es funktioniert auch mit Handzeichen.

Was haben die Fußball-WM, der Song-Contest und die Präsidentschaftswahlen gemeinsam? Genau, es gibt am Ende bei allen dreien einen Gewinner oder eine Gewinnerin. Die Wege allerdings, wie der erste Platz jeweils ermittelt wird, könnten unterschiedlicher kaum sein. Tatsächlich kennen wir noch viel mehr Möglichkeiten zu ermitteln, wer gesiegt hat. Sie haben alle ihre Vor- und Nachteile.

Gruppen oder Teams, die zwischen mehreren Möglichkeiten wählen können, tun das meist mittels Mehrheitsentscheidung. Das geht schnell und ist unkompliziert, kann aber bedeuten, dass bis zu 49 Prozent komplett unter die Räder kommen und etwas mittragen müssen, was für sie gar nicht passt. Was werden sie tun? Wenn es wirklich wichtig ist, wenn ihre Widerstände allzu groß sind, werden sie nicht nur die Entscheidung, sondern das ganze System bekämpfen.

Widerstände abfragen

Wie wäre es nun, wenn ein Bewertungssystem stattdessen die Lösung mit den geringsten Widerstände und Konflikte fände? Mit dem Prinzip des Systemischen Konsensierens, das die beiden Grazer Erich Visotschnig und Siegfried Schrotta ab den 1970er-Jahren entwickelt haben, ist genau das möglich.

Die Methode funktioniert nicht nach dem Minderheiten ausschließenden Mehrheitsprinzip und fragt nicht nach den Favoriten, sondern nach Widerständen. Die so gefundenen Lösungen sind somit nachhaltiger und tragfähiger.

Wie funktioniert nun diese Wunder-Methode?

Eine Gruppe sucht eine Lösung für ein Problem oder muss eine Entscheidung für einen Kandidaten aus mehreren Bewerbungen treffen. Der/die Moderierende sammelt verschiedene Vorschläge und listet sie auf, idealerweise mindestens drei. Dazu kommt die sogenannte Passivlösung (PL). Das ist jene Variante, bei der der Status quo erhalten bleibt, es passiert also nichts oder so, wie es immer geschehen ist, z. B. entscheidet eine andere zuständige Instanz.

Erhobene Hände signalisieren Widerstände

Nun werden Idee für Idee oder Kandidatin für Kandidat die Widerstände abgefragt, auch für die Passivlösung. Beim vereinfachten Konsensieren via Handzeichen gibt es drei Möglichkeiten:

  1. Beide Hände am Schoss (oder über der Brust gekreuzt) bedeutet kein Widerstand,
  2. eine erhobene Hand etwas Widerstand,
  3. beide erhobenen Hände großen Widerstand.

Der/die Moderator/in zählt alle Hände zusammen und errechnet den Gesamtwiderstand. Jene Idee oder jene/r Kandidat/in mit dem geringsten Widerstand hat zugleich die höchste Akzeptanz. Wichtig: Sie muss niedriger sein als die Passivlösung, weil ja sonst der Status quo besser wäre.

Kommt es zu Gleichstand oder beinhaltet die Siegeridee auch vereinzelt hohen Widerstand, empfiehlt sich eine Diskussionsrunde, bei der Lösungen gefunden werden, um die Ideen zu verbessern und so den Widerstand zu senken. Danach kann man noch einmal die Widerstände abfragen. Der Vorteil dieser Methode ist nämlich auch, dass Ideenbringer/innen alles versuchen werden, ihre Ideen anzupassen, das führt eher zu einem Interessensausgleich als zu einem Überstimmen.

Neben dieser Kurzvariante arbeiten ausgebildete Moderator/innen auch mit elaborierteren Formen – etwa mit Zählkarten von 1 bis 10 oder einer App.

Ich (Roman Kellner) habe selbst vor einigen Jahren die Ausbildung zum SK-Moderator gemacht und greife seither immer wieder auf diese integrative Methode zurück, sie führt auch bei scheinbar aussichtslosen Gruppenentscheidungen zu akzeptierten Lösungen. Denn, so Siegfried Schrott: „Beim Konsensieren zählt die Qualität des Vorschlags aus der Sicht der ganzen Gruppe. Das SK-Prinzip ist also ein Weg zum größtmöglichen Interessensausgleich und gelebter Solidarität.“

Literaturauswahl:

Paulus, Georg/Schrotta, Siegfried/Visotschnig, Erich: Systemisches Konsensieren. Der Schlüssel zum gemeinsamen Erfolg, Holzkirchen 2013.

Visotschnig, Erich: Nicht über unsere Köpfe. Wie ein neues Wahlsystem unsere Demokratie retten könnte, München 2018.

Mehr Informationen:

http://www.sk-prinzip.eu/

Mehr über solche Methoden und unsere Angebote rund ums Moderieren finden Sie unter Moderation & Präsentation.

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