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Wahlplakate 2024: Wie Botschaften wirken

Vor der Nationalratswahl im September 2024 verwandelt sich der öffentliche Raum in ein Dickicht politischer Slogans und Appelle. Machen wir das Beste daraus und lernen an den plakatierten Beispielen, wie Texte wirken – und warum. Hier eine Analyse einiger Wahlplakate.

ÖVP – Bedürfnisse der Mitte

Wahlplakate der ÖVP: Stabilität für Österreich.Die ÖVP kommt auf ihren Plakaten – schon traditionell – mit wenig Text und wenig konkreten Inhalt aus. Hat schon Sebastian Kurz im Jahr 2019 mit „Klarheit schaffen. Kurz wählen!“ geworben, folgt ihm Bundeskanzler Nehammer mit „Stabilität für Österreich.“ oder „Sicherheit für Wien.“ Klarheit, Sicherheit und Stabilität sind Grundbedürfnisse aller Menschen, etwas, zu dem jeder und jede nickt, einfach, weil wir das alle brauchen – auch wenn natürlich völlig unklar bleibt, wie diese Bedürfnisse im konkreten Fall durch die wahlwerbende Partei befriedigt werden.

Darüber hinaus handelt es sich um extrem kurze Aussagen mit nur einem Element. Und egal, welchen Kulturkreis man sich in Hinblick auf Zahlensymbolik ansieht: Immer steht die eins, das eine Element für eine Einheit, die keine weitere Interpretation zulässt und Kraft vermittelt. Passend dazu geben sich die abgebildeten Personen seriös gekleidet und staatstragend. Mit „Wir. Die starke Mitte.“ oder mit „Die Mitte stärken.“ möchte sich die ÖVP von der SPÖ, besonders aber von der FPÖ abgrenzen, die oft als am rechten Rand bezeichnet wird – auch wenn die Analysen den Wahlprogrammen dieser beiden Parteien eine sehr große Überschneidung attestieren.

SPÖ – mit Herz und Hirn

SPÖ: Mit Herz und HirnWährend die ÖVP auf Ein-Element-Botschaften setzt, bietet die SPÖ zwei Elemente an: „Mit Herz + Hirn“ ist Teil fast aller ihrer Plakate. Zwei Elemente stehen üblicherweise für Vergleich und Kontrast, den Wähler*innen soll vermittelt werden: „Wir sind menschlich, aber auch kompetent.“

Interessant, dass das Herz, aus unserer Sicht etwas unglücklich, als Piktogramm dargestellt ist. Auch die SPÖ ist inhaltlich recht farblos, konkrete Umsetzungsstrategien oder Themen aus dem Wahlprogramm fehlen. Sie versucht hingegen auf einigen Wahlplakaten, mit der direkten Anrede und Slogans wie „Für dein besseres Österreich“ oder „Mit Herz und Hirn für deine Kinder“ Nähe und persönliche Betroffenheit herzustellen.

FPÖ – plakativ suggestiv

Wahlplakate der FPÖ: Euer Wille gescheheDie FPÖ, in den Umfragen auf Platz eins, verzichtet heuer auf den ganz großen Tabubruch. Komplett ohne geht es freilich auch nicht. Mit „EUER WILLE GESCHEHE“ klaut man aus dem Vater unser, dreht allerdings Ursache-Wirkung um. Mit demselben Stilmittel der Umkehrung arbeitet der Spruch „IHR SEID DER CHEF – ICH EUER WERKZEUG“. Offen bleibt, ob es nicht vielleicht genau umgekehrt gedacht sein könnte.

Die religiöse Anspielung kann zwei Ziele haben: einerseits die Zustimmung aus der katholischen Wählerschicht durch das Betonen christlicher Werte – in Abgrenzung zum Islam. Andererseits sorgt die Provokation zumindest für Proteste aus der katholischen Kirche. So bleibt man im Gespräch.

Neu ist der pathetische Bezug auf religiöse Formulierungen nicht. Norbert Hofer setzte zum Beispiel bei der Bundespräsidentenwahl im Jahr 2016 auf „SO WAHR MIR GOTT HELFE“. Spannend ist, dass die FPÖ bei diesen Plakaten wie schon in der Vergangenheit wieder als einzige Partei die Personalpronomen im Plural verwendet, also kaum „du“ und „dein“, sondern hauptsächlich „ihr“ und „euer“. Das kennen wir zum Beispiel von Haiders „Sie sind gegen ihn, weil er für euch ist.“ Es wird als gar nicht so sehr der oder die einzelne angesprochen, sondern gleich eine ganze scheinbar homogene Gruppe. Diese Gruppenansprache ergänzt sehr gut jene Plakatserie, die dann doch einzelne direkt adressiert, etwa: „KICKL. DEIN HERZ SAGT JA.“ Das wiederum passt zu den religiösen Bezügen:  suggestiv, emotional aufgeladen und, ja, auch affirmativ. Geschickt und gefährlich.
Zusätzlich gibt es einen Appell, der offenbar potentielle Wähler*innen ermutigen soll, erstmals der FPÖ die Stimme zu geben: „ES BEGINNT MIT DIR/MUTIG NEUES WAGEN“.

Die grafische Gestaltung gibt sich mit sehr viel Weißraum seriös und nahezu unantastbar. Dazu die rot-weiß-rote Hand mit erhobenen Daumen. Auch das gab es 1985 schon.

Grüne – Wähl dies statt das

Grüne: Klima oder Krise?Die Grünen versuchen den Spagat, Klima- und Umweltschutz als zentrales Thema zu plakatieren und dennoch positiv zu bleiben. Alles dreht sich um den Spruch „WÄHL, ALS GÄB‘S EIN MORGEN.“ Nicht schlecht – wenn er verstanden wird.

Dazu transportieren ihre Wahlplakate Zwei-Element-Botschaften, die als Kontraste aufgebaut sind: „BÄUME ODER BETON?“, „KLIMA ODER KRISE?“ Das könnte man fast als ein wenig platt ansehen und muss sich den Vorwurf gefallen lassen, Klima zum Problem zu erklären, wo doch Klimaschutz gemeint ist. Das kennen wir schon aus der Vergangenheit, wo immer wieder Atom und Gen die offenbar unzumutbar langen Wörter Atomkraft und Gentechnologie ersetzten.

Thematische Einzelangebote stehen zusätzlich zur Verfügung: „WÄHL KLIMASCHUTZ“, „WÄHL VERANTWORTUNG“, „WÄHL NATURSCHUTZ“, „WÄHL MITEINANDER“ – eine sprachlich direktere Art, Themen zu besetzen, kann es kaum geben. Die Themen sollen hier die ausschlaggebende Motivation sein, das Kreuzchen bei Grün zu setzen. Zusätzlich sind diese Botschaften mit teilweise drastischen Bildern unterlegt. Vergleicht man die Plakatbilder mit den Verkleinerungen auf der Webseite, zeigt sich, dass nicht alle in der Vergrößerung eine positive Verstärkung bewirken, weil die übergroßen Gesichter, etwa bei „WÄHL MITEINANDER“, fast verzerrt scheinen.

Was uns außerdem auffiel: Bei „WÄHL VERNUNFT&ZUVERSICHT“ fehlen die Abstände vor und nach dem &-Zeichen. Für uns als Textprofis ist es immer ärgerlich, wenn sich Grafiker*innen durchsetzen und Rechtschreibregeln außer Kraft setzen.

NEOS – Hauptsache Kraft

Wahlplakate der NEOS, hier z. B. TRANS PARENZBei den NEOS dreht sich alles um Kraft – mal tritt sie in Verbindung mit Frontfrau Beate Meinl-Reisinger als „DIE ENTSCHEIDENDE KRAFT“, mal als „DIE VERBINDENDE KRAFT“ auf. Oder die Neos bezeichnen sich selbst als „REFORMKRAFT“, danach folgen schöne Alliterationen wie „FÜR ECHTE ENTLASTUNG“ oder „FÜR BESSERE BILDUNG“ und mehr oder eher weniger konkrete Forderungen wie „STEUERN SENKEN“ oder „FLÜGEL HEBEN“ – auch dies ein schöne Kontrastmetapher.

Haben wir bei den Grünen schon grammatikalische Fehler im Namen der Optik beanstandet, gilt das für die NEOS erst recht: Das abgeteilte Wort REFORM KRAFT ohne Satzzeichen ließe sich ja noch irgendwie argumentieren, aber TRANS PARENZ in zwei verschiedenen Zeilen geht einfach gar nicht. Ein fehlender Bindestrich ist und bleibt ein Fehler. Immerhin: Beim Plakat „POSTENSCHACHER stoppen“ hat das Werbeteam einen kurzen Strich nach Posten zugestanden.

KPÖ – eine Stimme für …

Wahlplakate der KPÖ: Eine Stimme für ...Die Kommunisten versuchen, den Wähler*innen-Stimmen einen ganz konkreten Sinn zu geben. Auf Einleitungen wie „EINE STIMME AUS DER PFLEGE“ oder „EINE STIMME FÜR LEISTBARES WOHNEN“ folgt der Standardsatz „Eine Stimme für die KPÖ“. Einerseits greifen sie damit auf das klassische, starke Stilmittel der Anapher zurück. Andererseits bilden sie so auch Zweierfiguren, die eine gedankliche Verknüpfung anstreben; ganz ähnlich finden wir das bei wirkungsvollen Werbeslogans, etwa „Have a break, have a KitKat.“

Optisch gestalten sich die Wahlplakate wild und bunt. Eine Textanalyse endet allerdings spätestens bei den Farben – so auch diese.

Was sind eure Eindrücke? Wir freuen uns über Ergänzungen und Kommentare.

Ergänzung/DISCLAIMER:
Wir vertreten hier keine Position einer bestimmten Partei und betreiben keine Wahlwerbung. Eine Plakatwerbung kann hochprofessionell und wirksam, die Ideologie der Wahlwerbenden dahinter dennoch verwerflich sein. Im Übrigen gehen wir davon aus, dass niemand aufgrund einer Plakatwerbung sein oder ihr Kreuzerl macht!

Zuhören und die Bereitschaft, Neues zu hören

Missverständnisse vermeiden: ein Rezept für konstruktive Gespräche

Ein Gespräch eskaliert, weil beide Seiten ihre Perspektive beibehalten. Genau zuhören und nachfragen hilft, Missverständnissen auf die Schliche zu kommen.

Wer die Ente sieht und nicht bereit ist, den Blickwinkel zu verändern und auf seiner Wahrnehmung beharrt, wird nie den Hasen sehen. Eine Wahrheit wird verborgen bleiben. Schlau wäre, dem anderen zuzuhören und zu erfahren, was er oder sie sieht.Ich erinnere mich an eine Kundin, die vor einigen Jahren für ein Kommunikationscoaching bei uns war. Kerstin arbeitete in einer sozialen Institution in Niederösterreich, die Menschen im Alltag begleitet. Sie wandte sich an uns, weil sie in Gesprächen, so diese nicht im therapeutischen Kontext mit Klient*innen stattfanden, oft emotional wurde; vor allem mit Team-Kolleg*innen fiel es ihr schwer, Nerven und Ruhe zu bewahren.

Einmal schilderte sie ein typisches Beispiel: Nach einem stationären Aufenthalt wurde Kerstins Klient vom Spital ein Medikament verordnet. Als er sich dieses in der Apotheke abholen wollte, schickte man ihn fort – mit dem Hinweis, er habe kein Rezept. Der Klient wandte sich an Kerstin mit der Bitte um Hilfe, und sie griff sofort zum Hörer. Das Gespräch verlief in etwa so:

Kerstin: Sie haben meinen Klienten wieder fortgeschickt, obwohl ihm das Medikament im Spital verordnet wurde.

Apothekerin: Dafür brauche ich ein Rezept, er hatte keines.

Kerstin: Aber das Spital hat ihm doch dieses Medikament verordnet!

Apothekerin: Dafür brauche ich aber ein Rezept.

Kerstin: Ja, aber Sie haben doch ein Rezept!! Das Spital hat das doch verschrieben!

Apothekerin: Damit ich das verbuchen kann, brauche ich ein Rezept von einem Arzt.

Kerstin: Wollen Sie mir sagen, dass im Spital keine Ärzte arbeiten? Er war ja gerade im Spital beim Arzt!!! Warum geben Sie ihm das Medikament nicht?

Apothekerin: Jetzt habe ich es Ihnen schon TAUSENDMAL gesagt: Ich brauche ein REZEPT!

Kerstin: SCHREIEN SIE MICH NICHT AN!

Erst bei der Nachbearbeitung im Coaching wurde Kerstin klar, dass weder sie noch die Apothekerin einander wirklich zugehört hatten. Sie waren nicht bereit gewesen, ihre Vorannahmen in Zweifel zu ziehen, vielleicht einmal zu wiederholen, was die jeweils andere gesagt hatte oder eine konkrete, weiterführende Frage zu stellen. Für Kerstin war klar: Der Patient hat eine Verschreibung vom Spital, das kann ja nichts anderes als ein Rezept sein. Warum stellt sich die Apothekerin so an?
Für die Apothekerin war klar: Sie braucht zum Abrechnen mit der Krankenkasse ein Rezept – und die Medikamentenliste des Spitals ist kein solches.

Hinhören und nachfragen

Hätte eine von beiden genauer hingehört oder nachgefragt, wäre das Telefonat nicht in einem Streit geendet. Idealerweise hätte eine der beiden die Situation beschrieben und dann eine Frage gestellt. Damit wären sie aus ihrer eigenen Tunnel-Wahrnehmung ausgestiegen.

Im Fall von Kerstin zum Beispiel: Der Patient war gerade im Spital. Er hat einen Zettel mit Medikamenten, die er nehmen soll, erhalten. Ist das, was er hat, denn kein Rezept? Oder: Sie sagen, er braucht ein Rezept. Wo bekommt er denn ein Rezept her, wenn nicht im Krankenhaus?

Im Fall der Apothekerin: Sie sagen, das Spital hat das Medikament verschrieben. Ist das nicht vielleicht nur eine Medikamentenliste im Entlassungsbrief? Oder: Ein Rezept stellt eine niedergelassene Arztpraxis mit Kassenvertrag aus. War der Patient denn nach dem Krankenhaus schon beim Arzt? Oder mit einer Nachfrage: Sie sagen, Sie haben ein Rezept. Wie sieht Ihres denn genau aus?

So aber blieb jede in ihrer eigenen Story. Kerstin war überzeugt, der Entlassungsbrief aus dem Spital sei einem Rezept ebenbürtig. Sie fragte nicht, was denn als nächstes zu tun sei. Die Apothekerin blieb bei ihrer Formulierung, dass sie ein Rezept brauche, obwohl ihr Gegenüber ganz offensichtlich nicht wusste, was sie darunter verstand. Sie fragte nicht nach, was denn der Patient erhalten hatte, sie erklärte den Begriff nicht genauer, auch als eigentlich klar sein musste, dass sie von verschiedenen Dingen sprachen. Der Konflikt eskalierte, die beiden brüllten sich am Telefon an – und Kerstin kam ins Coaching.

Scheinbar Selbstverständliches in Frage stellen

Was lernen wir daraus? Ein Gespräch verläuft konstruktiv, wenn wir bereit sind, das, was wir als selbstverständlich erachten, auch in Frage zu stellen. Für die Apothekerin war klar, was ein Rezept ist – war es das aber für den Patienten und seine Betreuerin auch? Eine simple Frage an die andere Person, eine Beobachtung, dass hier vielleicht ein Missverständnis zum Begriff vorliegt – und schon wären die beiden vom Konfliktpfad abgekommen. Ebenso hätte die Diskussion einen konstruktiven Weg genommen, wäre Kerstin bereit gewesen nachzufragen, was denn ihr Gegenüber wirklich brauchte, wie denn ihre Arbeitsrealität aussah!

Daher: Gehen Sie nicht davon aus, dass Ihr Gegenüber dasselbe Vorwissen hat wie Sie. Fragen Sie sich auch einmal, was er oder sie brauchen könnte. Stellen Sie Fragen! Treten Sie einen Schritt zurück, wenn die Emotionen zu brodeln beginnen, und versuchen Sie zu erkennen, was da gerade passiert – in diese Beobachtung können Sie auch die andere Person einbeziehen. Menschen sind vielfältig und niemand ist im Besitz der einzigen Wahrheit. Zu zweit kommt man ihr aber oft näher, wenn man sich wirklich austauscht. Daher: Bleiben Sie neugierig!

Wer Vertrauen hat, schafft Vertrauen

Wer Vertrauen sät, wird Vertrauen ernten. Oder: Wie mich ein Hund etwas Grundlegendes über Vertrauen lehrte.

Keenoa, der Hund der mich einiges über Vertrauen lehrteIch erinnere mich noch gut, als mir meine Freundin zum ersten Mal während ihres einwöchigen Urlaubs ihren Hund Keenoa überließ. Ich war voll der Bewunderung, wie unheimlich gut erzogen er war – zumindest im Vergleich zu meinem sturen Rauhaardackel, den ich in meiner Kindheit gehabt hatte. Keenoa war so wohlerzogen, dass er ohne Leine folgte. Dennoch sagte meine Freundin: „Sollte er ein Reh sehen, wird er drauflos rennen, aber in der Regel macht er eine Runde und kommt zurück.“

Was für ein Hund!

Als ich eines Tages mit ihm am Cobenzl unterwegs war, geschah es tatsächlich. Keenoa erspähte ein Reh und startete drauflos. Ich, komplett überzeugt von der Verlässlichkeit dieses Hundes, pfiff einmal kurz lässig und wartete einfach darauf, dass der Hund die Kurve zurück machte. Genau so geschah es, der Hund drehte ab, lief eine kleine Runde und war sofort zurück. Spaziergänger, die das Ganze beobachtet hatten, pfiffen bewundernd durch die Zähne. Was für ein Hund!

Als meine Freundin vom Urlaub zurückkam und ich ihr davon erzählte, war sie erstaunt: „Er hat sofort umgedreht?“ „Klar“, sagte ich, „hast du doch gesagt!“ Sie lachte. „Im Idealfall, ja! Aber nicht unbedingt sofort. Ich meinte, er dreht eine Runde und kommt dann zurück. Wahrscheinlich hat er aber gespürt, dass du dir absolut sicher warst, dass er kommt. Es gab gar keinen Zweifel. Deshalb hat er gleich umgedreht. Wäre ich mit ihm gegangen, wäre ich wohl nicht so sicher gewesen.“

Hunde spiegeln oft, was ihr Gegenüber spürt und körpersprachlich ausstrahlt. Meinem eigenen Hund vertraue ich – trotz aller Bemühungen – nicht annähernd so sehr wie damals Keenoa, auch wenn er ebenfalls sehr gut erzogen ist. Ich habe mehr Angst um ihn, ich weiß mehr über ihn – und das strahle ich mit Sicherheit auch aus. Hundetrainer*innen bestätigen das: Hunde lesen unsere Körpersprache sehr genau. Zweifel an unserer Einstellung erkennen sie, auch wenn sie nur leise in uns keimen. Meine Klarheit gegenüber Keenoa entstammte einer gewissen Naivität. Ich hatte mit ihm bisher keinerlei Erfahrungen gemacht, die mein Vertrauen getrübt hätten. Dadurch konnte ich damals wohl so klar agieren, wie ich es getan hatte.

Vertrauen springt über

Was ich damit sagen will? Ob Hund oder Mensch – felsenfestes Vertrauen springt über. Und Klarheit entsteht ebenfalls durch Vertrauen: Als erstes muss man selbst daran glauben. Dann kann man das Vertrauen auch dem Gegenüber schenken.

Ist das ein Plädoyer dafür, anderen blind zu vertrauen? Nein. Nur ein Beispiel dafür, wie Klarheit, das eigene Vertrauen und das in andere zusammenhängen. Das bedeutet nicht, dass man andere nicht auch kennen (lernen) muss, um Vertrauen zu entwickeln. Keenoa war ein Hund, der mein Vertrauen in ihn durch sein Verhalten immer wieder bestätigt hat. Meiner hingegen kommt in gewissen Situationen an die Leine. ?

Kein Streit trotz unterschiedlicher Stimmungen

Krachen Stimmungen  aneinander, sind oft dahinterliegende Bedürfnisse zu unterschiedlich. Wie lässt sich in solchen Situationen Streit vermeiden?

Mit den Koffern kommt auch viel Außenstimmunge ins Haus.Was für ein Seminar! Der Startrainer kehrt nach Hause zurück. Im Kopf und Gepäck das euphorische Feedback von 12 Teilnehmer*innen. Natürlich wird es einen Folgeworkshop geben. Und Spaß hatten wir! Gut, die Nacht zwischen den beiden Seminartagen war ein wenig kurz ausgefallen, aber wenn die Stimmung passt, lassen sich Schlafdefizit und Kopfweh gut wegzustecken. So komme ich nach Hause. Kaum sind die Koffer abgestellt, beginne ich zu erzählen. Ach was, erzählen – es sprudelt aus mir heraus. Ich will meine Frau und Partnerin teilhaben lassen und sie anstecken. Es ist ja nicht nur mein Erfolg, es ist der von WORT & WEISE – also von uns beiden.

Zwei Menschen – zwei Stimmungen

Doch sie schaut nur müde und scheint sich überhaupt nicht zu freuen. Irgendwann kommt sie zu Wort, erwähnt, ein Sohn hätte Zoff mit einem Freund, mit dem Hund hätte sie zum Tierarzt fahren müssen und, ach ja, die Heizung mache schon wieder Probleme. Sie sei in der Zwischenzeit überhaupt nicht dazu gekommen, die Angebote zu schreiben, die sie sich vorgenommen hatte. Ja, okay, blöd, ich war halt nicht da, ich bringe mich jetzt ohnedies ein, aber sie könnte sich ja dennoch freuen oder ein bisschen mitfeiern. In kurzer Zeit ist meine Euphorie verflogen, es bleibt das Gefühl, ungerecht behandelt zu werden.

So etwas kann passieren. So etwas ist uns passiert – und zwar in beide Richtungen. Auch Elisabeth ist schon endorphingeladen, laut und randvoll mit Außenwelt bei der Tür hereingekommen – und auf das personifizierte Gegenteil gestoßen. Weil ich vielleicht gerade mit Alltäglichkeiten eingedeckt war, in einer leisen Stimme der Häuslichkeit steckte und das hohe Energielevel als aggressiv empfand.

Verschiedene Stimmungen als Konfliktursache, das gibt es in privaten Paarbeziehungen, in beruflichen Beziehungen und selbstverständlich auch, wenn man als privates Paar zusätzlich beruflich zusammenarbeitet. Schnell fühlt sich ein Part unverstanden, nicht gehört oder überrollt. Und doch sind wir diesem Aufeinanderkrachen von Stimmungen nicht hilflos ausgeliefert, und doch können wir den dreohenden Streit vermeiden.

Unterschiedlichen Bedürfnissen auf den Grund gehen

Wir können solche Konflikte mit ein wenig Erfahrung vorhersehen und entsprechend reagieren. Zwei Menschen erleben verschiedene Dinge und treffen dann mit entsprechend unterschiedlichen Gefühlen aufeinander, das ist in Ordnung. Die Gefühle der einen Person und auch das andere Energielevel, die Lautstärke oder das Tempo sind kein Angriff auf die andere Person. Wir müssen es nicht auf uns beziehen. Wir können uns in Erinnerung rufen, dass wir gerade in verschiedenen Welten unterschiedliche Erfahrungen gemacht haben. Wir können jeder und jede feststellen und damit auch aussprechen, dass wir gerade beide jeweils woanders stehen und unterschiedliche Bedürfnisse haben.

Auch wenn beide gerade ihre Realität mit dem anderen teilen würden: Offenbar braucht gerade jede*r etwas anderes. Was wir brauchen, dessen sollten wir versuchen, uns bewusst zu werden. Ist es Ruhe? Ist es Austausch – aber zu einer anderen Zeit? Dann können wir auch sagen, was wir brauchen. Im Idealfall äußern wir das in einer positiv formulierten, freundlichen, aber klaren Bitte – die der andere auch erfüllen kann.

Wir können kurz innehalten und uns fragen, was denn der andere gerade braucht – oder ihn bzw. sie selbst fragen. Wichtig ist dabei, ein Dialogfeld zu öffnen, das frei von Schuldzuweisungen bleibt – und dem Gegenüber zuzuhören und dessen Stimmung wahrzunehmen. Wir können darauf achten, beiden Beteiligten Raum zu geben und damit Streit vermeiden. Wenn beide diesen Raum bekommen, sei es durch Zeit, Ruhe oder ein offenes Ohr, dann ist Begegnung auch aus verschiedenen Wahrnehmungswelten und in verschiedenen Stimmungen leichter möglich – sowohl im privaten als auch im beruflichen Umfeld.

Suchen Sie auch nach den richtigen Worten? Kommen Sie zu einem Kommunikationstraining von WORT & WEISE oder zum Kommunikations-Coaching für Einzelpersonen!

 

Kommunikationsverweigerung und Ohnmachtsgefühl

Macht und Ohnmacht im Gespräch, Teil 3:
Für sich selbst sorgen

Manchmal ist Kommunikation nicht möglich und es entstehen Ohnmachtsgefühle, Wut und Trauer. Wie geht man damit um?

Eine Möglichkeit, mit dem Ohnmachtsgefühl bei Kommunikationsverweigerung umzugehen, ist, gut auf sich selbst und die eigenen Bedürfnisse zu schauen. Und neben die des anderen zu stellen.Auf Whatsapp geblockt, Telefonat mittendrin abgebrochen (früher sagte man: den Hörer aufgelegt), Aussprache verweigert: Solche Situationen lassen uns ohnmächtig zurück. Jede*r geht anders mit dem Ohnmachtsgefühl um, die einen geben sich vielleicht selbst die Schuld, die anderen spüren Wut oder Aggression.

Tatsächlich können wir Kommunikation nicht erzwingen. Und unsere Gefühle, die aus einer Ohnmacht entstehen, verbessern meist weder unsere Gemütslage noch die Kommunikationssituation.

Wenn ich nun besser damit zurechtkommen möchte, kann es sowohl sinnvoll sein, sich die Situation und den Rahmen noch einmal anzusehen (mehr dazu im Blogbeitrag Kommunikationsverweigerung und Rahmenbedingungen), als auch sich mit Bedürfnissen auseinanderzusetzen. Damit sind einerseits die eigenen Bedürfnisse gemeint (Wie fühle ich mich jetzt gerade? Welches Bedürfnis steckt hinter diesen Gefühlen? Was brauche ich wirklich?) als auch die Bedürfnisse des Gegenübers.

Bedürfnisse

Mit Bedürfnis sind Auslöser für Gefühle gemeint. Sie sind lebensnotwendig, sprich: Wir Menschen haben Bedürfnisse und sie sind die Grundlage für unser elementares Wohlbefinden. (Das, was im Marketing oft Kundenbedürfnis genannt, künstlich erzeugt und mit dem Kauf eines Produkts verknüpft wird, ist damit nicht gemeint. Vielmehr geht es um Grundbedürfnisse körperlicher und seelischer Art, z. B. von Nahrung, Luft und Ruhe bis zu Verbindung oder Wertschätzung.) Wer sich nicht sicher ist, was ein Bedürfnis ist, kann sich ein Baby vorstellen. Es braucht Luft, Wasser, Nahrung, Schutz, Raum, aber auch Nähe, Verbindung, Gesehenwerden, Gehörtwerden, Unterstützung, Struktur, Sicherheit …

Marshall Rosenberg, der Begründer der gewaltfreien Kommunikation, führt im Grunde alles – jegliches Befinden und damit auch alle Kommunikation – auf Bedürfnisse zurück. Sie können erfüllt sein, dann erzeugen sie ein gutes Gefühl; aber sie können eben auch nicht erfüllt sein, dann sind sie Ursache für ein schlechtes Gefühl. Und das gilt für uns alle.

Eigene Bedürfnisse hinter dem Ohnmachtsgefühl erkennen

Wer von der Kommunikation ausgeschlossen ist, weil er oder sie z. B. auf einem Kanal geblockt wurde, ein Missverständnis nicht aufklären durfte (siehe Macht und Ohnmacht im Gespräch, Teil 1) oder weil der/die andere einfach nicht mehr ans Telefon geht, fühlt sich beispielsweise ohnmächtig, traurig, wütend. Ein schlechtes Gefühl. Das bedeutet, (mindestens) ein Bedürfnis ist nicht erfüllt. Um welches Bedürfnis geht es?
Was hier ganz wichtig ist: Kein Bedürfnis ist nur auf eine einzige Art erfüllbar, es ist also nicht von einer bestimmten Situation oder Person abhängig. Bedürfnisse liegen auf einer tieferen Ebene. Das ist das Tröstliche: Bedürfnisse lassen sich auf unterschiedliche Weise verwirklichen.

Dazu muss man sie allerdings erkennen. Es kann heilsam sein, hier genauer hinzusehen und herauszufinden, ob ein Bedürfnis vielleicht anders erfüllbar ist. Geht es um Verbindung? Kann ich diese vielleicht im Kontakt mit anderen Menschen finden oder in einer Unternehmung? Fühle ich mich verletzt und traurig, brauche ich vielleicht Schutz? Dann werde ich diesem Bedürfnis nachkommen und gut auf mich aufpassen. Zusätzlich werde damit auch ich die Person sein, die selbst bestimmt, dass sie den Kontakt (vielleicht vorerst) meidet, und ich werde mich weniger ohnmächtig fühlen – weil ich selbst bewusst entscheide.

Nicht zuletzt ist es bei schwierigen Kommunikationssituationen immer wichtig, gut für sich selbst zu sorgen. Was kann ich mir Gutes tun, das mich stärkt, mich innerlich wieder auffüllt? Brauche ich Ruhe bei einem guten Buch, einem erfrischenden Spaziergang oder einem warmen Bad? Dabei geht es nicht um Ablenkung, sondern darum, mit sich selbst achtsam umzugehen.

Bedürfnisse des/der anderen erkennen

Und jetzt zum schwierigen Teil. Wenn ich mich mit meinen Gefühlen schon auseinandergesetzt habe und (wieder) zur Ruhe gekommen bin, hilft es oft, die Perspektive des anderen einzunehmen. Warum? Damit man sich weniger ärgert oder kränkt – und damit sich die eigene Einstellung ändern kann.

Sehen wir es uns genauer an: Auch das Gegenüber handelt aus bestimmten Motiven – denen Bedürfnisse zugrunde liegen. Er/sie hat die Kommunikation beendet. Welches Gefühl könnte zugrunde liegen? Und welche Bedürfnisse könnten dahinterstecken? Ruhe? Schutz? Klarheit? Wir können es nicht sicher wissen – aber die Auseinandersetzung mit den Bedürfnissen des oder der anderen kann helfen, die Motive des Gegenübers zu verstehen und die Situation anzunehmen, auch wenn wir selbst damit nicht einverstanden sind. Dadurch können wir unsere eigene, vielleicht unversöhnliche Haltung aufgeben. Und das ist meistens sehr heilsam.

Darüber hinaus reißt uns die Reflexion und konstruktive Beschäftigung aus dem Ohnmachtsgefühl – denn wir tun ja etwas. Und das ist auf keinen Fall verkehrt.

Lesen Sie dazu auch die beiden vorangegangenen Blog-Artikel zum Thema:
Teil 1: Macht und Ohnmacht im Gespräch und
Teil 2: Kommunikationsverweigerung & ihre Rahmenbedingungen

Wenn Sie übrigens Ihre Kommunikation in der Praxis verbessern wollen, sind wir gern für Sie da. Entweder mit unseren Coachings für Einzelpersonen oder mit unseren Inhouse-Trainings für Organisationen und Unternehmen.

Kommunikationsverweigerung und ihre Rahmenbedingungen

Macht & Ohnmacht im Gespräch, Teil 2

Wer sich über Kommunikationsverweigerung ärgert, sollte sich die Bedingungen und die Situation ein bisschen näher ansehen. Manchmal lässt sich der Rahmen verändern – oder erweitern.

Im letzten Blog-Artikel haben wir uns ein konkretes Beispiel der Kommunikationsverweigerung angesehen. Wir haben die Situation unter dem Aspekt der Macht analysiert, um herauszufinden, auf welcher Ebene das Gegenüber erreichbar sein kann. Fazit: Das kann, muss aber nicht immer gelingen.

Um bei Kommunikationsverweigerung auf Augenhöhe zu kommen, kann es helfen, die Rahmenbedingungen zu betrachten.
Kommunikationsverweigerung

Denn: Tatsächlich können wir Kommunikation nicht erzwingen. Und wenn jemand nicht mit uns reden will, ärgern wir uns meistens. Meist legen wir uns dann Theorien zurecht, um den eigenen Schmerz – der der hinter dem Ärger steckt – zu lindern. Oft bewerten wir den/die andere/n dabei negativ: Der/die will ja nicht; hat keine Ahnung; glaubt, etwas Besseres zu sein; ist immer so; typisch X …!

Das Blöde an der Sache ist: Diese Strategie lindert selten die eigene Gemütslage – und noch weniger hilft sie, die Kommunikation zu verbessern. Wenn ich also daran interessiert bin, damit fertig zu werden, kann es sinnvoll sein, sich die Situation noch einmal genauer anzusehen.

Rahmen betrachten

Im Beispiel von Teil 1 ging es um einen Vater, der auf einer Polizeiwache mit Beamten anlassbezogen über seinen autistischen Sohn sprechen wollte. Die Beamten wollten ihn nicht hören, verweigerten das Gespräch – und der Vater zog verärgert von dannen.

Sehen wir uns den Rahmen der Kommunikationsverweigerung genauer an:

  • Ort: Polizeiwache
  • Zeit: spontan, ohne Termin
  • Medium/Kommunikationskanal: mündliche Kommunikation vor Ort (ohne Ankündigung)
  • Thema: wurde nur von einer Person bestimmt, die am Gespräch teilnimmt (Vater) – die andere trifft es unvorbereitet
  • Teilnehmende Personen und Beziehung: Polizist*innen vor Ort (Sicherheitsbeamte mit gesetzlichem Auftrag, Amtsinhaber und damit auch „Respektsperson“ in dieser Rolle) und Vater (Bürger in privater Rolle)

Es ist bei einem Gespräch gut möglich, dass ein unpassender Rahmen die Kommunikation schwierig oder unmöglich macht (siehe auch  diesen Blog-Artikel über schwierige Gespräche): Ablenkung oder Lärm vor Ort, Überraschung oder Ärger beim Gegenüber, ein falscher Kommunikationskanal, ein schlecht gewähltes Wort, sodass die Person sich nicht wertgeschätzt fühlt …
Was immer es ist, es liegt vielleicht nicht unbedingt an der Bosheit des Gegenübers, sondern vielleicht an einer Komponente im Rahmen.

Diese Erkenntnis leistet vielleicht schon einen ersten Beitrag, damit wir uns weniger ärgern.

Außerdem könnten wir überlegen, wenn wir unser Thema dennoch weiter kommunizieren wollen: Lässt sich vielleicht etwas am Rahmen verändern? Gibt es andere Möglichkeiten, die Beamten über mein Thema zu informieren? Wäre es zum Beispiel möglich, ein Mail zu schicken (anderer Kanal), um einen Termin zu bitten oder nach einer günstigen Zeit zu fragen (andere Zeit), um anzurufen? Könnten wir andere Beamten darüber informieren als jene, die zufällig gerade vor Ort waren (andere Personen)?

Rahmen erweitern

Und nicht zuletzt: Könnte man den Rahmen vielleicht überhaupt verlassen? Geht es vielleicht um etwas ganz anderes? Ärgert sich der Vater aus unserem Beispiel darüber, dass sein autistischer Sohn in unserer Gesellschaft zu wenig Platz hat, generell zu wenig gehört, gesehen und wertgeschätzt wird? Wenn wir damit außerhalb des Rahmens denken: Könnte er vielleicht etwas ganz anderes tun, um seinen Sohn zu unterstützen, in der Gesellschaft bzw. im öffentlichen Raum stärker gesehen und akzeptiert zu werden?

Das wäre eine Strategie, sich ein Bedürfnis zu erfüllen. In unserem Fall könnte das einerseits das Bedürfnis sein, gesehen und wertgeschätzt zu werden (stellvertretend für den Sohn bzw. als Vater), aber vielleicht auch das Bedürfnis, für den Sohn zu sorgen.

Man muss aber nicht gleich den Rahmen sprengen. Denn es gibt Situationen, in denen am Rahmen nicht zu rütteln und Kommunikation schlicht nicht möglich ist.

Damit man mit seinem Ärger nicht isoliert zurückbleibt, hilft es, den eigenen Motiven und Bedürfnissen auf den Grund zu gehen. Wie das geht, erfahren Sie im dritten Teil dieser Serie.

Lesen Sie dazu auch die beiden anderen Blog-Artikel dieser Serie:
Teil 1: Macht und Ohnmacht im Gespräch und
Teil 3.: Kommunikationsverweigerung & Ohnmachtsgefühl

Wenn Sie übrigens Ihre Kommunikation in der Praxis verbessern wollen, sind wir gern für Sie da. Entweder mit unseren Coachings für Einzelpersonen oder mit unseren Inhouse-Trainings für Organisationen und Unternehmen.

Macht und Ohnmacht im Gespräch

Teil 1: KOMMUNIKATION BEI MACHTGEFÄLLE

Gespräche mit Menschen in Machtpositionen gestalten sich oft schwierig. Was tun, wenn jemand die Kommunikation verweigert?
Über die Faktoren Macht, Beziehung und Interesse in der Kommunikation.

Es ist schwierig mit jemandem zu kommunizieren, der mehr Macht hat und die Kommunikation nicht braucht oder möchte.Neulich erzählte mir mein Freund B von einem Missverständnis im Kontakt seines autistischen Sohnes mit der örtlichen Polizei, das leicht vermieden hätte werden können. Der junge Erwachsene, der sich nicht verbal ausdrücken kann, war laut johlend an der örtlichen Polizeistation vorbeigelaufen. Was für den Jugendlichen Ausdruck purer Lebensfreude ist, wurde von den Beamten als Aggression gedeutet. Sie waren knapp davor einzugreifen, als der Vater die Situation im letzten Moment entschärfen konnte.

Damit so etwas nicht noch einmal passiert, beschloss dieser, auf die Polizeiwache zu gehen und das Gespräch mit den Beamten zu suchen. Es ging ihm dabei darum zu erklären, woran man erkenne, dass es sich um Freude und nicht um Aggression gehandelt habe, aber auch darum, generell Verständnis dafür zu schaffen, wie sich sein autistischer Sohn in der Welt bewegt.

Als er zur Erklärung ansetzte, wollten die Beamt*innen jedoch nichts davon wissen, forderten ihn forsch auf zu gehen und vermittelten ihm auch körpersprachlich, dass sie an einem Gespräch kein Interesse hätten. Ohne zu Wort gekommen zu sein, zog er frustriert ab.

„Was kann ich denn tun, wenn mein Gegenüber die Kommunikation einfach verweigert?“, fragte er.

Die kurze Antwort: nicht sehr viel, aber ein bisschen was könnte schon gehen.

Die lange Antwort:
Sehen wir uns die Situation und die Beteiligten ein wenig genauer an. Bei unserem Beispiel geht es um Kommunikationsverweigerung aus einer Machtposition heraus. Und Macht ist auch bei anderen Gesprächen im Spiel, zum Beispiel beim Verhandeln.

Wenn es ums Verhandeln geht, sind drei Faktoren ausschlaggebend:

  • Macht
  • Interesse (am Thema)
  • Beziehungsebene

Sie bestimmen den Verhandlungsstil – und damit auch den Gesprächsstil – eines Menschen. Ist also eine Person gewohnt, ihre Interessen mit Macht oder Gewalt durchzusetzen, geht es ihr um die eigenen Themen, das Thema des anderen ist ihr egal, es besteht kein Interesse. Auch die Beziehung zum Gegenüber ist ihr gleichgültig (weil die Machtverhältnisse klar sind und sie auf das Gegenüber nicht angewiesen ist). Das heißt, ihre Motivation, die andere Seite zu hören, geht gegen null. Wir können davon ausgehen, dass Polizeibeamte durchaus gewohnt sind, ihre Interessen (bzw. die des Gesetzes oder des Staates) mit Macht durchzusetzen. Deshalb lassen sich die drei Faktoren Macht, Interesse und Beziehungsebene auf diese Situation übertragen.

Macht groß, Interesse klein und Beziehung bedeutungslos

Im Gespräch mit einer Person, deren Macht groß (und nicht veränderbar) ist, bleiben also nur die beiden Komponenten Interesse (am Thema) und Beziehungsebene als mögliche Anknüpfungspunkte. Sind diese beiden auch nicht erreichbar, stehen die Chancen, gehört zu werden, schlecht.

Sehen wir uns jetzt noch einmal unser Beispiel in Hinblick auf Macht, Interesse und Beziehung an.

Der Vater kommt mit seinem Anliegen auf die Polizeiwache. Natürlich sind ihm die Beamten an Macht überlegen. Er hat also nur die Möglichkeit, sie auf der Beziehungsebene zu erreichen oder ihr Interesse zu wecken. Gehen wir davon aus, dass das Interesse am Thema gering war („Ich brauch nicht zu wissen, wie ein Autist Freude ausdrückt“) und an der Beziehung ebenso („Das ist mein Revier, du brauchst hier nicht reinzuschneien, außer du willst eine Anzeige machen.“).

Beziehung herstellen

Der Vater muss seine Strategie damit sehr genau wählen. Trifft er die Beamten etwa bei der Mittagspause an, kann er vielleicht versuchen, über Smalltalk zum Essen eine positive Beziehung herzustellen.
Etwas tiefergehend könnte er versuchen, eine Verbindung über ein Bedürfnis des Gegenübers herzustellen, z. B. nach Wertschätzung: wenn er etwa mit einem Danke beginnt, dass der Polizist im Kontakt mit seinem autistischen Sohn auf Gewalt verzichtet oder auf die Begleitperson in der Situation gehört hat. Auch damit ließe sich Verbindung auf Beziehungsebene schaffen.

Interesse wecken

Interesse zu wecken kann deutlich schwieriger sein; vielleicht findet er die richtigen Worte, um die Polizist*innen dafür zu gewinnen, generell Interesse für die Bewohner*innen im Bezirk ihrer Wache zu entwickeln und daran anzuknüpfen. Vielleicht kann er an die Rolle als Elternteil anknüpfen (ist das Gegenüber vielleicht auch Vater oder Mutter?) und dadurch Interesse am Thema aufbauen. Patentrezept gibt es allerdings keines.

Auf Macht bauen?

Die letzte Komponente, Macht einzusetzen, bleibt ihm nur, wenn er den Rechtsweg beschreitet und hier versucht, die Macht der Beamt*innen zu verringern, indem er etwa selbst Macht auf Basis einer Beschwerde oder Klage ausübt. Es ist aber zu vermuten, dass er sich damit von seinem ursprünglichen Ziel, Verständnis für die Lebensumstände seines Sohnes zu wecken, eher noch weiter entfernen wird.

Kommen wir damit zur ersten, kurzen Antwort von oben: Es geht also nicht viel; aber ein bisschen was (z. B. auf Beziehungsebene) könnte schon gehen.

Die Antwort stimmt Sie unzufrieden? Sie meinen, mit den richtigen Tools müsste man jede Kommunikationssituation drehen können? Falsch gedacht!
Aber eines stimmt schon: Es lässt sich zwar nicht jede Situation drehen, aber wie man selbst mit einer schwierigen Kommunikationssituation umgeht, das lässt sich beeinflussen.

Hier geht’s zur Fortsetzung der Artikelserie:

Wenn Sie übrigens Ihre Kommunikation in der Praxis verbessern wollen, sind wir gern für Sie da. Entweder mit unseren Coachings für Einzelpersonen oder mit unseren Inhouse-Trainings für Organisationen und Unternehmen.

Quellen: Ponschab, Reiner: Kompetitive Verhandlungsstile – wie gehe ich damit um? http://docplayer.org/73278102-Kompetitive-verhandlungsstile-wie-gehe-ich-damit-um.html in: Knapp, Peter: Verhandlungs-Tools. Effiziente Verhandlungstechniken im Business-Alltag. managerSeminare, Bonn 2019, S. 169-173)

Bedürfnisse: Schuld sind immer die anderen.

Ein Plädoyer, in Zeiten der Pandemie mehr auf die verschiedenen Bedürfnisse zu hören und aufs vorschnelle Schubladisieren zu verzichten.

„Die Nachbarn haben unlängst Party gefeiert, das waren sicher zehn Leute und laut waren die! So etwas macht man doch in diesen Zeiten nicht! – Was, welche Vernissage? Ach, ja, letzte Woche. Na gut, ja, da waren auch viele, aber das ist Kultur, das muss doch sein dürfen. Und da gab es auch ein tolles Sicherheitskonzept.“

„Eine Bekannte war gerade in Kroatien, also wirklich, ist ja klar, dass die Zahlen jetzt wieder raufgehen. – Was? Das ist doch mit dem Trip nach Salzburg nicht vergleichbar! Das ist doch etwas ganz anderes, das waren doch nur zwei Tage.“

Der Ton wird gereizter, überall. Finger werden zunehmend nicht nur erhoben, sondern auf andere gerichtet – auf die, die das tun, was wir uns versagen, vor allem aber auf die, die etwas tun, was wir für unnötig erachten.

Statt mimt dem Finger auf andere zeigen, lieber deren Bedürfnisse hören.Verschiedene Bedürfnisse

Was gern übersehen wird: Wir haben verschiedene Bedürfnisse, weshalb wir ganz unterschiedlich unter den jeweiligen Maßnahmen leiden, verschieden darauf reagieren und unsere Handlungsspielräume variabel deuten.

Wer mit einer intakten Familie ein Haus mit Garten bewohnt, erlebt ein (partielles) Kontaktverbot anders als der Single in einer kleinen Stadtwohnung. Wer Brille trägt, viel schwitzt und dauernd unter fremden Menschen unterwegs ist, leidet unter der allgegenwärtigen Maske vor Mund und Nase stärker als jemand, der all diese körperlichen Nachteile nicht kennt oder die Maske nur auf dem kurzen Weg zur Arbeit aufsetzen muss.

Jede/r verteidigt das, was ihm oder ihr lieb ist. Es ist leicht, auf jene zu zeigen, die auf Partys gehen, wenn man selbst so etwas nicht (mehr) macht oder braucht. Es ist leicht, Kroatien-Urlauber zu verurteilen, wenn man selber Stammgast am Millstätter See ist, und es ist leicht, auf jene zu schimpfen, die nur schwer ihre Yoga-Stunde oder ihre Chorprobe aufgeben, wenn man selbst die Erfüllung im wohl noch länger erlaubten Lesen oder Computer-Spielen findet.

Ja, manche Maßnahmen müssen sein und je weniger Menschen die Maßnahmen einhalten, desto schlechter werden sie wirken. Gerade deshalb sollten sie von einer breiten Masse getragen werden – und für eine breite Masse tragbar sein. Was aber erträglich ist, hängt von der jeweiligen Lebenssituation ab. Wer wirtschaftlich vor dem Ruin steht, weil er/sie eine 140 Quadratmeter große Halle angemietet hat, um dort z. B. die vielzitierten Yoga-Kurse zu halten, jetzt aber trotzdem nur mit sechs Personen arbeiten darf, was nicht einmal die Mietkosten deckt, wird vielleicht weniger Verständnis für den Inhalt der Verordnung haben als jemand mit fixem Arbeitsplatz. Ist das wirklich so schwer zu verstehen?

Und wer etwa in einer Bildungsinstitution mit jungen Menschen arbeitet, ständig mit ihnen Kontakt hat und sich daher dauerhaft der Gefahr einer Ansteckung aussetzt, wird wenig Verständnis für jene haben, die nicht bereit sind, sich für zehn Minuten eine Maske überzuziehen. Deshalb muss diese Person noch keiner Pandemie-Panik verfallen sein.

Schluss mit dem Fingerzeig!

Wir wissen meist nicht, warum andere so denken und handeln, wie sie es tun. Und doch urteilen wir schnell. „Ein Feind ist jemand, dessen Geschichte wir noch nicht gehört haben“, meinte die Friedensaktivistin Gene Knudsen Hoffmann.

Es existiert nicht nur Schwarz und Weiß und ganz sicher passen sehr viele Schattierungen zwischen „Corona-Leugner“ und „Corona-Hysteriker“. Besser, wir hören einander zu als wir stellen uns gegenseitig ins Eck und verunmöglichen damit jeden Diskurs. Fragen wir nach, was dem Gegenüber wichtig ist, anstatt  die Moralkeule zu schwingen. Besser wir gehen davon aus, dass auch jene, die unsere Meinung nicht teilen, legitime Bedürfnisse haben.

Leute, redet miteinander!
Hört einander zu!
Und hört auf, mit dem Finger auf die anderen zu zeigen!

Roman Kellner und Elisabeth Gräf

Kampf gegen Corona – Chance fürs Klima

Der Klimawandel verlangt ein ähnlich konsequentes Handeln, wie wir es beim Kampf gegen das Virus Sars-CoV-2 gerade zeigen. Vielleicht können wir das Momentum nutzen.

Corona und der menschgemachte Klimawandel haben erstaunlich viel gemeinsam:

  • Man sieht die Verursacher nicht mit freiem Aug, weder das neuartige Virus noch Treibhausgase wie CO2 oder Methan.
  • Man kann ohne Hilfsmittel nicht beobachten, wie und wo sie wirken, nämlich in den unteren Atemwegen des menschlichen Körpers und in den oberen Schichten der Erdatmosphäre.
  • In beiden Fällen herrscht unter den Experten und Expertinnen der jeweiligen Fächer weitgehend Einigkeit über die Ursachen, die Folgen und die Möglichkeiten, die schlimmsten Szenarien abzuwenden.
  • Es gibt erst relativ wenige Opfer, die gehören aber zu den schwächsten der Gesellschaft, Alte und Kranke beim Virus, Menschen „an den Rändern der entwickelten Welt“ im Fall des Klimawandels.
  • Wenn die Gesellschaft nicht rigoros handelt und adäquat reagiert, werden die Folgen verheerend sein.

Wo bleibt der Kraftakt?

Und doch fällt ein gewichtiger Unterschied ins Auge: Bei der aktuellen Pandemie handelt die Weltgemeinschaft entschieden und sogar gegen kurzfristige Wirtschaftsinteressen. Beim Klimawandel hingegen hoffen wir bis dato vergeblich auf einen ähnlichen kollektiven Kraftakt.

Das ist erstaunlich, weil die zu erwartenden Opfer bei der Erhitzung der Erdatmosphäre um ein paar Grad noch viel zahlreicher sein werden als im Worst-Case-Szenario von Corona. Wir haben es eben nicht mit einem Krankheitserreger zu tun, gegen den die Menschheit nach einigen heftigen Monaten eine gewisse Immunität und dann vermutlich auch einen Impfstoff entwickeln wird, sondern mit Problemen, die vielen Generationen das Leben auf der Erde zur Hölle macht – und nicht nur Generationen von Menschen. Der Anstieg des Meeresspiegels, die Ausweitung unbewohnbar heißer Zonen, der Verlust an Arten, das sind keine besonders heftige Infekte, das sind existenzielle Probleme, die uns – hier erhält Extinction Rebellion Unterstützung von vielen Wissenschaftlern – am Ende sogar als Art gefährden.

Und dennoch folgen den Forderungen der WHO-Experten Taten, den Warnungen der IPCC-Wissenschaftler aber nur Relativierungen. Und dennoch werden zum Beispiel Einschränkungen der Mobilität als Maßnahme gegen das Virus protestlos akzeptiert, während dieselben Maßnahmen gegen „die massivste Gefahr, der das menschliche Leben auf der Erde je ausgesetzt war“ (David Wallace-Wells) situationsabhängig als radikal, markt- oder lustfeindlich zurückgewiesen werden.

Es fehlt die Betroffenheit

Das Problem sind nicht die paar Spinner, die den anthropogenen Klimawandel an sich leugnen, wenn sie nicht gerade im Oval Office sitzen, sondern die vielen, die den Klimawandel als wissenschaftliches Fakt erkennen und dennoch passiv bleiben. Weil uns der Klimawandel nicht ganz so unmittelbar bedroht, weil uns seine Folgen nicht morgen, sondern vielleicht erst in ein paar Jahren erreichen, weil der Fingerzeig auf die anderen das Gewissen so schön beruhigt. Aber trotz fehlender persönlicher Betroffenheit und trotz der fehlenden Angst, sich morgen anzustecken oder wichtige Menschen zu verlieren, müssen wir jetzt handeln, müssen zum Beispiel den Umstieg auf erneuerbare Energieträger schaffen, viel weniger tierische Produkte konsumieren, unser Mobilitätsverhalten ändern und generell mit weniger Zeug auskommen.

Hierzulande ist dieser Tage viel vom „Team Österreich“ die Rede, von „Solidarität“ und von „Zusammenhalt“. Das brauchen wir auch beim Umstieg in eine CO2-neutrale Gesellschaft. Im Grunde müssen wir nur Innenminister Karl Nehammer beim Wort nehmen, der unlängst in einer Pressekonferenz meinte: „Der Maßstab unseres Handelns sind immer die Empfehlungen der Experten.“ Das gilt für den Kampf gegen Corona, aber bitte auch für den Kampf gegen den Klimawandel. Das wir es können, zeigen wir gerade.

 

„Sehr geehrter Untergebener …“

Im Stil einer Mail zeigt sich immer auch das Verhältnis zwischen Sender/in und Empfänger/in. Wenn wir Menschen auf Augenhöhe begegnen wollen, sollten wir uns auch so ausdrücken – gerade in der Kundenkorrespondenz.

„Wir legen zugrunde, dass Sie nach unserer bis dato mehr als kulanten Vorgangsweise nunmehr gleichwohl Ihren Part der gegenständlichen Angelegenheit ohne unnötige Weiterungen erledigen und zeichnen in Erwartung Ihrer unverzüglichen Kontaktaufnahme mit vorzüglicher Hochachtung …“

So endet eine Mail, die mir unlängst zwischen die Finger geraten ist. Kurzes Ratespiel:

  1. Wer, glauben Sie, ist der Verfasser dieses Schreibens?
    Ist es ein Unternehmen, das eine Kundenbeziehung aufbauen oder halten möchte oder ist es vielleicht eine Rechtsanwaltskanzlei, die einen Konfliktpartner anschreibt?
  2. Welches Ziel hatte wohl die schreibende Person, als sie den Text verfasst hat?
    Möchte sie Nähe und Verbindung zu Adressaten/zur Adressatin herstellen und Verständnis erzeugen oder ist das Ziel vielmehr, Distanz zu halten, die Zähne zu zeigen und das Gegenüber so zum Handeln zu zwingen?

Was lernen wir daraus? Die Art, wie ein Text verfasst ist, lässt Rückschlüsse auf sein Ziel zu. Leider ist das nicht allen Menschen immer bewusst. Sie schreiben auch in der alltäglichen Kundenkorrespondenz Mails mit amtlichen und distanzierten Floskeln, weil sie das vielleicht irgendwann einmal so gelernt oder als „korrekten Schriftverkehrsstil“ in sich abgespeichert haben.

Der Kunde als Gegner?

Tatsächlich hat sich in den letzten Jahren nicht nur die Textsorte Mail, sondern auch die Gesellschaft gewandelt. Der Stil im Schriftverkehr orientierte sich lange am Stil von Behörden und Ämtern. Diese verkörperten eine mächtige, dominante Institution, der gegenüber die Bürger und Bürgerinnen als Bittstellende aufzutreten hatten. Kundennähe war ein Fremdwort.
Diese Dominanzkultur hat heute Sprünge bekommen. Unsere Gesellschaft, in der Kunden und Kundinnen immer mehr Wahlfreiheit und Rechte haben, zeigt vermehrt Züge einer partnerschaftlichen Kultur. Das bedeutet, dass sich die Kommunikationspartner auf Augenhöhe begegnen. Unternehmen möchten oder müssen eine Beziehung zu ihren Kundinnen und Kunden aufbauen, deren Bedürfnisse rücken stärker in den Mittelpunkt. Und das zeigt sich auch in der Sprache.

Fragen Sie sich vor ihrer nächsten Mail, ob es ein Schriftwechsel zwischen Gegnern sein soll oder ob Sie der anderen Person auf Augenhöhe schreiben möchten. Ist für den Adressaten eher autoritäre Distanz oder partnerschaftlicher Austausch adäquat?

Wenn die andere Person ein Gegner ist, der per Mail besiegt oder mundtot gemacht werden soll, schreiben Sie wie im Beispiel oben.

Wenn Sie aber eine positive Beziehung aufbauen wollen, wählen Sie keine Wörter, die nie in Gebrauch sind und dadurch Distanz schaffen, sondern solche, die Sie auch beim Sprechen verwenden. Verzichten Sie in Ihrer Kundenkorrespondenz auf nichtssagende Floskeln, hochkomplizierte Satzkonstruktionen und verstaubte Formulierungen. Passen Sie die Sprache an das Ziel Ihres Schreibens und die jeweiligen Empfänger an. Und denken Sie daran: Sie können auch höflich sein, wenn Sie einfach, klar und verständlich schreiben.

Wenn Sie sich beim Verfassen von Mails sicher fühlen möchten, dann schauen Sie sich unsere Angebote zum Thema Schreiben an.

Lesen Sie doch noch andere Blogbeiträge zum Thema Mails, zum Beispiel “Ein Mail – zwei Ebenen”, “Kleiner E-Mail-Knigge” oder “Kleiner E-Mail-Knigge II”.

Kommunikation in Gruppen: Welcher Kanal ist optimal?

WhatsApp, Google Drive, Facebook, LinkedIn, Messenger u. v. m.: Zu viele Kommunikationskanäle verderben die Botschaften. Mit diesen Tipps behalten Sie den Durchblick.

Nicht alle Kommunikationskanäle sind auch für alle Infos geeignet.Neulich bei Wort & Weise: Während der Beratung einer Arbeitsgruppe, die gemeinsam sehr unterschiedliche und komplexe Projekte stemmt, beklagen sich manche, über einiges nicht informiert worden zu sein. Als Sätze wie „Das haben wir doch auf Whatsapp besprochen!“, „Das wurde lang und breit auf Facebook diskutiert!“ oder „Das steht in der Dokumentation auf Google Drive!“ fallen, sammeln wir gemeinsam alle Kanäle, auf denen in dieser Gruppe kommuniziert wird. Wir finden 14 verschiedene Kommunikationskanäle – davon acht für die interne Kommunikation. Acht!

Wie das passieren kann, ist leicht erklärt. Erst tauscht sich die Gruppe in Mails und Meetings aus, gleich darauf kommt WhatsApp dazu. Social-Media-Präsenz ist wichtig, um Projekte zu pushen, also auch hier noch ein Account: Instagram, Linkedin, Facebook … – alle mit Messenger oder Chatmöglichkeit natürlich. Ein praktisches Organisationstool für einzelne Projekte mit Kommunikationsfunktion? Her damit! Und schon ist das Informationschaos perfekt.

Zu viele Kommunikationskanäle lähmen

Vor allem in Gruppen, die sich offen organisieren oder viel Projektarbeit leisten, können Kommunikationskanäle wuchern wie die Triebe einer eifrigen Pflanze im Frühsommer. Damit diese gedeiht, muss man einige stutzen – um nämlich den Haupttrieb zu stärken. Ganz ähnlich ist es mit Kommunikationskanälen. Beginnen sie zu wuchern, muss es Schnitte geben, sonst nimmt die Zeit, die Kanäle nach Infos abzuklappern oder sie zu administrieren, überhand. Aber wie kann man sie wieder reduzieren?

Folgende Fragen können bei der Entscheidung, welcher Kanal, welches Medium sich für welche Art der Kommunikation eignet, hilfreich sein:
  • Geht es um für alle wirklich notwendige Informationen?
  • Wenn ja, welche Kanäle verwenden wirklich alle – und vor allem: Verwenden sie alle auf die gleiche Art?
  • Welche Kanäle sind einander so ähnlich, dass man einige als internen (zusätzlichen) Gruppenkanal einfach ausschließen bzw. löschen kann?
  • Wie persönlich soll kommuniziert werden – ist vielleicht ein Telefonat die verbindlichere und schnellere Variante als ein Gruppenmail?
  • Sollen die Infos nur alle lesen oder geht es auch darum, dass sie antworten und sich einbringen?
  • Wie schnell und verbindlich ist eine Antwort gefordert? Fühlen sich die Personen z. B. in einer Gruppe auf einem informellen Instant-Message-Tool auch wirklich angesprochen?
  • Gibt es eine Ordnungs- oder Suchfunktion, um Keywords zu finden, nach Betreff zu sortieren oder Nachrichten zu sammeln, wenn länger oder zu verschiedenen Themen kommuniziert wird?
  • Kann man einzelne Inhalte auf einzelne Kanäle beschränken (z.B. „Termine immer nur im Google-Kalender“)?
  • Wie viel Dokumentation ist nötig? Muss wirklich alles aufgeschrieben werden oder kann man in einem (persönlichen oder virtuellen) Meeting die wichtigsten Punkte klären und nur die Ergebnisse in einem Dokument für alle festhalten?

Wer die Kanäle nach diesen Fragen sortiert und sich von den Fragen inspirieren lässt, wird erkennen, wo sich die wuchernde Kommunikation stutzen lässt. Mit ein paar gut aufbereiteten Infos und einer Moderation kann das die Gruppe übrigens sicher ganz wunderbar ohne eigenes Tool face to face besprechen.

Und noch ein Tipp aus der Erfahrungskiste: Elterngruppen sollten nicht versuchen, Konflikte über Whatsapp zu lösen.

Gerne unterstützen wir Sie mit unseren Trainings und Beratungen rund um Kommunikation und Gesprächsführung oder finden Lösungen für Ihre mit unseren Spezialseminaren für Unternehmen und Organisationen.

Jetzt hört halt mal zu!

Über das schlechte Image des Zuhörens – und warum es trotzdem so wichtig ist.

Zuhören ist zu mehr als 50 Prozent für das Gelingen eines Gesprächs verantwortlich.

Dass Zuhören mehr als die halbe Miete ist, wenn es um Kommunikation geht, ist heutzutage den meisten bekannt. Forschungen sprechen von 51 Prozent: Zu mehr als der Hälfte hängt also das Gelingen eines Gesprächs vom Zuhören ab.
Nur – wenn wir das alle wissen, warum ist es dann so schwer? Wieso klingt für viele zuhören langweilig? Und warum gilt es oft als vernachlässigbarer Soft Skill, auf den wohl nur jene pochen, die rhetorisch halt nichts auf die Reihe kriegen?

Zeit, das schlechte Image des Zuhörens näher zu beleuchten.

Herrschende Meinung über das Zuhören

Zuhören klingt halt gar so oft nach etwas, das man muss, auch wenn man gar nicht will – aus vielen Bereichen kennen wir es: Der König, die Vorgesetzte, der Lehrer spricht – das niedere Volk, die Untergebenen, die Kinder hören zu. Grund eins für ein schlechtes Image.

Grund zwei: Oft ist zuhören Teil einer unangenehmen Pflicht. Erst muss ich zuhören, dann muss ich tun, was ich nicht will; das beginnt mit Zimmer aufräumen und Hausübung machen in der Kindheit und reicht bis zum Ausräumen des Geschirrspülers in der Partnerschaft.

Und dann gibt es noch ein Problem: Meist kommt der Wunsch des Gegenübers, gehört zu werden, nicht als Bitte, sondern bereits als Vorwurf bei uns an: „Jetzt hör mir doch endlich zu!“ Wir wissen dann: „Ui, ich hab‘ schon etwas falsch gemacht“, fühlen uns schuldig – und mit diesem Gefühl im Bauch wird Zuhören zu einer beinahe unmöglichen Aufgabe. Denn wer wirklich zuhört, ist voll präsent und in Gedanken beim anderen. Wer mit unangenehmen Gefühlen beschäftigt ist, tut sich damit schwer. Klar, oder?

Aber auch die Sprachwurzel bestätigt den Eindruck, hören hätte immer auch etwas mit gehorchen zu tun. Schon im Mittelhochdeutschen wurde [hoeren] auch für „auf etwas hören, einem Rat oder einer Aufforderung nachkommen“ gebraucht. Daraus entwickelt hat sich das Horchen und in weiterer Folge auch das Ge-horchen. Hören und Gehorsam sind also auch sprachlich eng miteinander verwandt. Dass die Rolle des/der Hörenden da nicht unbedingt immer positiv besetzt ist, scheint logisch. Selbstbestimmte moderne Menschen horchen nicht gern, gehorchen auch nicht unbedingt jemandem – und gehören (auch dieselbe Wurzel) schon gar nicht!

Und schon die Lateiner wussten: Wer schweigt, stimmt zu. Da hat man doch schnell mal Angst, der/die andere könnte im Gespräch meinen, man würde zu allem ja und Amen sagen, wenn man nicht sofort widerspricht! Da können noch so viele Kommunikationspsychologinnen und -psychologen erklären, dass zuhören nicht mit zustimmen ident ist. Irgendwie scheinen wir das unterschwellig zu glauben. Wie, nur wie bekommen wir diesen (Aber-)Glauben weg? Schließlich könnten wir ja gut zuhören – und nachher immer noch widersprechen, nicht wahr?

Die Bedeutung an der Wurzel packen

Also gehen wir noch einen Schritt weiter zurück, vor das Althochdeutsche: Dort treffen wir auf die indogermanische Sprachwurzel [keu], aus der sich das Hören entwickelt hat. Keu beinhaltet folgende Bedeutungen: auf etwas achten, merken, bemerken, hören, sehen. Da kommen wir der Sache doch schon näher! Auf etwas achten, unser Gegenüber wirklich wahrnehmen, bemerken, hören und sehen – ja, das wollen wir im Gespräch. Da kann man gut und gern auch anderer Meinung sein; ja, vielleicht hilft es sogar bei einer Replik, wenn man vorher wirklich verstanden hat, was der/die andere gesagt hat, auch wenn man nicht einverstanden ist.

Aktiv aufnehmen, was vom Gegenüber kommt, was er wirklich meint, fühlt und transportieren will – ja, das ist zuhören. Wenn wir auf die tiefere Bedeutung zurückgreifen, dann kommen wir dem wertvollen Zuhören, das ein Gespräch zum Erfolg führt, viel näher, und können all die anderen alten, vielleicht negativ besetzten Bedeutungen hinter uns lassen. Aktiv, selbstbestimmt – also ganz bei sich – und zugleich ganz aufmerksam beim anderen sein. Das, ja, das ist zuhören.

Zuhören ausprobieren

Beim nächsten Gespräch, das Sie führen: Versuchen Sie, bewusst zuzuhören! Wie das geht?

1. Nicht sofort antworten, wenn Ihr Gegenüber etwas erzählt: keine Bewertungen, keine Tipps. Hören Sie eine Zeit einfach nur zu. Natürlich können Sie Gesten oder Äußerungen machen, um zu signalisieren, dass Sie dem Gesagten folgen.

2. Achten Sie nicht nur auf den Inhalt. Wie geht es der Person, die gerade spricht? Ist sie glücklich? Zufrieden? Verärgert?

3. Bevor Sie antworten, fassen Sie kurz zusammen, was Sie verstanden haben. So manches Missverständnis lässt sich dadurch vermeiden!

4. Das können Sie übrigens auch tun, wenn das Gespräch zu einem Monolog zu werden scheint. Fragen Sie freundlich nach, ob Sie kurz zusammenfassen dürfen, was Sie bisher verstanden haben.

Nicht nur, aber auch ums Zuhören  geht’s in unseren Kommunikationstrainings und Seminaren zu Gesprächsführung.  Dort lernen Sie, wie ein Gespräch gelingt – und was Sie alles dafür tun können.

Eine Methode, wie Sie das Zuhören üben können, finden Sie mit der Ja-und-Methode auf unserem Youtube-Kanal.

Augenhöhe – eine Begriffsrettung

 

augenhöheWarum der Begriff Augenhöhe zwar oft missbräuchlich verwendet wird, aber alles andere als ein Mythos ist.

Es gibt ein häufig zu beobachtendes Phänomen: Journalisten oder Journalistinnen nehmen einen Begriff, verstehen ihn falsch oder stellen fest, dass er falsch verwendet wird, und diskreditieren ihn dann – erklären ihn etwa zum „Mythos“. So führte es Karin Bauer unlängst in einem Standardartikel mit dem Begriff Augenhöhe vor.

Leider greift die Autorin, wenn es darum geht, die Bedeutung des Begriffs Augenhöhe zu erfassen, auf Vergleiche zurück, die jegliche Differenzierung vermissen lassen, argumentiert polemisch und urteilt pauschal. Augenhöhe wird bei ihr mit einem naiven Konzept von Gleichheit und Hierarchielosigkeit in Verbindung gebracht. In einer differenzierten Auseinandersetzung hat der Begriff der Augenhöhe aber mit den in Karin Bauers erwähnten einfachen Lösungen, einem Wohlfühldiskurs und einer Ikea-Politik so viel gemeinsam wie ein Pfau mit einem Pfauenauge.

Ja, nicht alle, die behaupten, anderen auf Augenhöhe zu begegnen, tun das auch. Ja, gerade bei der eben angelobten Regierung sehen auch wir viele Gründe, skeptisch zu sein. Und ja: Auch in der Wirtschaft wird der Begriff mitunter missbräuchlich eingesetzt.

Haltung, nicht Mythos

In Wirklichkeit ist Augenhöhe eine innere kommunikative Haltung und – hier hat die Autorin im letzten Satz Recht – ein dauerhaftes Bemühen um einen Dialog; nicht jedoch um ein krampfhaft erzeugtes Wir, einen faulen Kompromiss oder um ein Aufweichen der eigenen Position. Im Gegenteil.

Auf Augenhöhe bedeutet, dass ich mir meines Wertes und meiner Position bewusst bin und zugleich die Fähigkeit entwickle, auch den Wert und die Position des anderen als genauso gerechtfertigt anzuerkennen wie die eigene. Das muss nicht bedeuten, meine Position aufzugeben, aber ich stelle zwei Meinungen, Personen, Ansichten gleichwertig und gleichberechtigt nebeneinander und bin daran interessiert, die Ursachen für die Meinung meines Gegenübers und seine Bedürfnisse zu sehen und anzunehmen. Dann, erst dann kann man von Augenhöhe sprechen. Mit „Ich bin einer von euch“ hat das genau nichts zu tun.

Chef und Angestellte auf Augenhöhe

Denn wenn der Chef, wie Karin Bauer schreibt, das 30-fache seiner Angestellten verdient, tut sich zwar eine unangemessene Gehaltsschere auf, es verhindert aber nicht, dass er der Mitarbeiterin zuhört, ihre Bedürfnisse wahrnimmt und ihre Interessen wahrt beziehungsweise in Entscheidungen einbezieht.

Und dass eine Vorgesetzte mit ihrem Team Gespräche auf Augenhöhe sucht, heißt auch noch lange nicht, dass sie nicht willens wäre, ihre Führungsfunktion wahrzunehmen und Entscheidungen zu treffen. Aber Kommunikation auf Augenhöhe kann die Basis für ihre Entscheidungen sein und ist ein unverzichtbares Element ethischen Führens.

Das Konzept der Augenhöhe gibt es bereits, es muss nicht aus dem Mythos oder der „Sehnsucht danach etwas Neues entstehen“ – dieses Neue ist bereits da, man muss es nur korrekt wiedergeben.

Elisabeth Gräf und Roman Kellner sind Trainer für schriftliche und mündliche Kommunikation in Wien, www.wortundweise.at

Spielregeln bei Moderationen und Workshops

grundregeln_groß„Was mache ich, wenn die Leute einander bei Diskussionen nicht ausreden lassen?“ „Wie soll ich mit schwierigen Teilnehmern umgehen?“ „Wie halte ich den roten Faden?“

Für die häufigsten Fragen in unseren Moderationsseminaren gibt es kein Patentrezept. Aber in vielen Fällen hilft schon ein einfacher Tipp: Ein/e Moderator/in oder ein/e Workshopleiter/in hat es leichter, wenn er oder sie sich schon vor Beginn der gemeinsamen Arbeit mit der Gruppe auf Regeln verständigt hat.

Regeln verbessern die Zusammenarbeit
In der Ratgeberliteratur finden Sie dazu häufig den Tipp, gemeinsam mit der Gruppe Spielregeln zu erarbeiten. In einer Zeit, in der in Workshops, Klausuren und Arbeitsgruppen etwa dreimal so viele Themen in der halben Zeit bearbeitet werden soll, ist das aber unrealistisch.

Auf Regeln des Zusammenspiels  sollten Sie dennoch keinesfalls verzichten! Warum? Steht schon vor Beginn der gemeinsamen Arbeit auf einem Flipchart, dass Handys ausgeschaltet oder stumm bleiben, haben Sie beim ersten Telefonläuten die ganze Gruppe hinter sich, wenn Sie die betreffende Person höflich darauf hinweisen.

Spielregeln sorgen für Klarheit – auch bei Ihnen

Wenn es Spielregeln gibt, gibt es auch einen Spielleiter – der sind Sie, wenn Sie moderieren. Das bedeutet, Sie müssen die Regeln kennen, befolgen und einfordern können. Schreiben Sie daher nicht Regeln aus einem Moderationsratgeber ab – die Regeln müssen zu Ihrem Workshop, Ihrem Stil und nicht zuletzt dem Ziel der Arbeitsgruppe passen.

  1. Überlegen Sie sich schon in der Vorbereitung, welche Regeln für Sie zum Arbeiten mit der Gruppe wichtig sind. Am besten beschränken Sie sich auf drei, maximal fünf Punkte.
  2. Bringen sie diese in eine Form, die Sie der Gruppe zu Beginn des Workshops (nach der Begrüßung, vor dem Arbeitsteil) präsentieren können (Flipchart, Ausdruck, Powerpoint).
  3. Erklären Sie diese Regeln, bevor die thematische Arbeit beginnt. Bitten Sie die Gruppe um Ergänzungen („Gibt es noch etwas, was auf das Plakat soll, damit Sie gut arbeiten können? Fehlt für Sie noch etwas als Grundregel?“)
  4. Achten Sie darauf, dass es nicht zu viele Regeln werden. Lieber drei oder vier wirkungsvolle Abmachungen als ein dickes Regelwerk, an das sich keine/r hält.
    Um auf die beiden Eingangsfragen zurückzukommen: „Wir lassen einander ausreden“ könnte ein Satz sein, der als Grundregel notiert wird. Vergessen Sie in diesem Fall nicht auf einen weiteren Satz. Der/die Moderator/in darf unterbrechen! Das ist wichtig – denn sonst werden sich Vielredner/innen unter Verweis auf die Regeln nicht stoppen lassen!
  5. Lassen Sie sich von jedem Teilnehmer und jeder Teilnehmerin diese Regeln abnicken. Nur dann haben Sie eine Chance, dass Sie in der Situation dann auch wirkungsvoll auf die Vereinbarungen hinweisen können („Das haben Sie ja nur da hingepinnt. Ich hab‘ nie ja dazu gesagt!“)
Was passt zur Gruppe?

Halten Sie sich nicht sklavisch an diese Empfehlungen, sondern finden Sie das Richtige für die Gruppe. Um beim Begriff Spielregeln zu bleiben – im Umgang mit ernsthafteren Persönlichkeiten empfehlen wir eine andere Wortwahl, etwa Grundregeln, Basisregeln oder Kommunikationsregeln. Und dann gibt es Gruppen, die schreiend davonlaufen, wenn Sie mit einem Regel-Flipchart antanzen. Verzichten Sie in diesem Fall trotzdem nicht auf Ihre Grundsätze, auch wenn Sie vielleicht keine Basisregeln aufhängen. Machen Sie diese aber zumindest in der Einleitung klar. Auch das hilft bereits. Haben Sie schon einmal erwähnt:„Für eine gute Diskussion ist es nötig, dass Sie einander ausreden lassen. Ich als Moderatorin nehme mir dabei das Recht heraus, zu unterbrechen, weil … “, ist die Sache für alle von vornherein klar. Und für Klarheit zu sorgen ist eine wichtige Aufgabe eines Moderators oder einer Moderatorin.

Mehr solche Tipps, viel mehr solche Tipps erhalten Sie in unseren Moderationsseminaren. Infos dazu finden Sie HIER.

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Ja, und …

"Ja, und" zu sagen, heißt Dinge anzunehmen.Richtig „ja“ sagen ist schwierig. Dass wir oft „ja“ sagen, aber „nein“ meinen, zeigt eine kleine Übung, die wir oft mit unseren TeilnehmerInnen in Seminaren machen.

Dabei geht es darum, bedingungslos zu dem, was der Gesprächspartner vorschlägt, „ja“ zu sagen und dem noch etwas hinzuzufügen. Die Übung kommt aus dem Improvisationstheater, der Theaterform, die bedingungslos „ja“ zur aktuellen Situation sagt. Dieses Theater entsteht aus dem Moment und dem konstruktiven Zusammenspiel zwischen den SpielerInnen. Wer im Impro-Theater „ja, und“ sagt, meint: Ich nehme die Situation so an, wie du sie kreiert hast. Ein Beispiel: Eine Person betritt die Bühne und hebt den Arm. Sie denkt, sie stellt eine Malerin vor ihrem Bild dar. Jetzt kommt der zweite Spieler dazu und sagt: „Halt! Nicht schießen!“ – denn er hat in der Geste einen Speerwerfer gesehen. Die Ja-und-Regel anzuwenden würde nun bedeuten, dass die Spielerin einfach annimmt, was vom Gegenüber kommt und als Speerwerferin weitermacht, anstatt mit „Ja, aber ich bin doch eine Malerin und male grade ein Bild!“ zu kontern. Was das bringt? Es setzt die beiden AkteurInnen in Beziehung, sie einigen sich auf ein Grundmuster und bringen so die Handlung voran.

“Ja, und …” in der Moderation

Was das in unsren Seminaren verloren hat? ein Beispiel: Als Moderatoren oder Moderatorinnen sind wir ständig mit Situationen konfrontiert, die vielleicht so nicht geplant waren. Der Scheinwerfer setzt aus, ein Redner spricht zu lang, der Beamer funktioniert nicht. Für das Publikum ist nichts schlimmer, als wenn nun eine lange Entschuldigung folgt und eine Erklärung, was jetzt an dieser Stelle eigentlich hätte sein sollen und warum das jetzt nicht geht, weil ja eigentlich … NEIN! Der Moderator sagt: „Ja! Und!“ Er oder sie sagt mit vollem Herzen „ja“ zur aktuellen Situation. Und dann kann er/sie darauf reagieren, etwas draufsetzen, etwas verändern.

“Ja, und …”  im Gespräch

Auch in Diskussionen kann es hilfreich sein, ein „Ja, und“ einmal ehrlich zu meinen, anstatt immer mit einem „Ja, aber“ zu kontern. Denn das „Aber“ killt das „Ja“. Weg ist es! Was bleibt ist: Blödsinn, das geht nicht! Wer in einer Diskussion „ja, und“ sagt, stimmt im ersten Schritt wirklich mit seinem Gegenüber überein: Ja. Ich erkenne deinen Standpunkt an. Ja, ich höre deinen Vorschlag. Ja, das ist deine Meinung.
Und dann kann ich etwas hinzufügen. Etwas, das den Vorschlag vielleicht ergänzt oder erweitert. Mein/e Gesprächspartner/in wird mir eher zuhören. Er/sie wird merken, dass er/sie wirklich gehört worden ist. Wenn ich es auch wirklich so meine.

Denn „ja“ und zu sagen, aber in Wirklichkeit „ja, aber“ und damit eigentlich „nein“ zu meinen, wird langfristig nicht erfolgreich sein. Wer das „Ja, und“ benützt, um andere zu manipulieren, wird die Gesprächsbasis dauerhaft schädigen. Und wer eigentlich „ja, aber“ meint, sollte am besten gleich höflich, ehrlich und freundlich „nein“ sagen.

Unlängst hat Magdalena Vachova vom Kurier über diese Methode einen kurzen Kommentar geschrieben und dabei auf WORT & WEISE Bezug genommen.

Wenn Sie an mehr solchen Tipps Interesse haben, besuchen Sie doch eines unserer Inhouse-Seminare oder ein Einzelcoaching.

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