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Wahlplakate 2024: Wie Botschaften wirken

Vor der Nationalratswahl im September 2024 verwandelt sich der öffentliche Raum in ein Dickicht politischer Slogans und Appelle. Machen wir das Beste daraus und lernen an den plakatierten Beispielen, wie Texte wirken – und warum. Hier eine Analyse einiger Wahlplakate.

ÖVP – Bedürfnisse der Mitte

Wahlplakate der ÖVP: Stabilität für Österreich.Die ÖVP kommt auf ihren Plakaten – schon traditionell – mit wenig Text und wenig konkreten Inhalt aus. Hat schon Sebastian Kurz im Jahr 2019 mit „Klarheit schaffen. Kurz wählen!“ geworben, folgt ihm Bundeskanzler Nehammer mit „Stabilität für Österreich.“ oder „Sicherheit für Wien.“ Klarheit, Sicherheit und Stabilität sind Grundbedürfnisse aller Menschen, etwas, zu dem jeder und jede nickt, einfach, weil wir das alle brauchen – auch wenn natürlich völlig unklar bleibt, wie diese Bedürfnisse im konkreten Fall durch die wahlwerbende Partei befriedigt werden.

Darüber hinaus handelt es sich um extrem kurze Aussagen mit nur einem Element. Und egal, welchen Kulturkreis man sich in Hinblick auf Zahlensymbolik ansieht: Immer steht die eins, das eine Element für eine Einheit, die keine weitere Interpretation zulässt und Kraft vermittelt. Passend dazu geben sich die abgebildeten Personen seriös gekleidet und staatstragend. Mit „Wir. Die starke Mitte.“ oder mit „Die Mitte stärken.“ möchte sich die ÖVP von der SPÖ, besonders aber von der FPÖ abgrenzen, die oft als am rechten Rand bezeichnet wird – auch wenn die Analysen den Wahlprogrammen dieser beiden Parteien eine sehr große Überschneidung attestieren.

SPÖ – mit Herz und Hirn

SPÖ: Mit Herz und HirnWährend die ÖVP auf Ein-Element-Botschaften setzt, bietet die SPÖ zwei Elemente an: „Mit Herz + Hirn“ ist Teil fast aller ihrer Plakate. Zwei Elemente stehen üblicherweise für Vergleich und Kontrast, den Wähler*innen soll vermittelt werden: „Wir sind menschlich, aber auch kompetent.“

Interessant, dass das Herz, aus unserer Sicht etwas unglücklich, als Piktogramm dargestellt ist. Auch die SPÖ ist inhaltlich recht farblos, konkrete Umsetzungsstrategien oder Themen aus dem Wahlprogramm fehlen. Sie versucht hingegen auf einigen Wahlplakaten, mit der direkten Anrede und Slogans wie „Für dein besseres Österreich“ oder „Mit Herz und Hirn für deine Kinder“ Nähe und persönliche Betroffenheit herzustellen.

FPÖ – plakativ suggestiv

Wahlplakate der FPÖ: Euer Wille gescheheDie FPÖ, in den Umfragen auf Platz eins, verzichtet heuer auf den ganz großen Tabubruch. Komplett ohne geht es freilich auch nicht. Mit „EUER WILLE GESCHEHE“ klaut man aus dem Vater unser, dreht allerdings Ursache-Wirkung um. Mit demselben Stilmittel der Umkehrung arbeitet der Spruch „IHR SEID DER CHEF – ICH EUER WERKZEUG“. Offen bleibt, ob es nicht vielleicht genau umgekehrt gedacht sein könnte.

Die religiöse Anspielung kann zwei Ziele haben: einerseits die Zustimmung aus der katholischen Wählerschicht durch das Betonen christlicher Werte – in Abgrenzung zum Islam. Andererseits sorgt die Provokation zumindest für Proteste aus der katholischen Kirche. So bleibt man im Gespräch.

Neu ist der pathetische Bezug auf religiöse Formulierungen nicht. Norbert Hofer setzte zum Beispiel bei der Bundespräsidentenwahl im Jahr 2016 auf „SO WAHR MIR GOTT HELFE“. Spannend ist, dass die FPÖ bei diesen Plakaten wie schon in der Vergangenheit wieder als einzige Partei die Personalpronomen im Plural verwendet, also kaum „du“ und „dein“, sondern hauptsächlich „ihr“ und „euer“. Das kennen wir zum Beispiel von Haiders „Sie sind gegen ihn, weil er für euch ist.“ Es wird als gar nicht so sehr der oder die einzelne angesprochen, sondern gleich eine ganze scheinbar homogene Gruppe. Diese Gruppenansprache ergänzt sehr gut jene Plakatserie, die dann doch einzelne direkt adressiert, etwa: „KICKL. DEIN HERZ SAGT JA.“ Das wiederum passt zu den religiösen Bezügen:  suggestiv, emotional aufgeladen und, ja, auch affirmativ. Geschickt und gefährlich.
Zusätzlich gibt es einen Appell, der offenbar potentielle Wähler*innen ermutigen soll, erstmals der FPÖ die Stimme zu geben: „ES BEGINNT MIT DIR/MUTIG NEUES WAGEN“.

Die grafische Gestaltung gibt sich mit sehr viel Weißraum seriös und nahezu unantastbar. Dazu die rot-weiß-rote Hand mit erhobenen Daumen. Auch das gab es 1985 schon.

Grüne – Wähl dies statt das

Grüne: Klima oder Krise?Die Grünen versuchen den Spagat, Klima- und Umweltschutz als zentrales Thema zu plakatieren und dennoch positiv zu bleiben. Alles dreht sich um den Spruch „WÄHL, ALS GÄB‘S EIN MORGEN.“ Nicht schlecht – wenn er verstanden wird.

Dazu transportieren ihre Wahlplakate Zwei-Element-Botschaften, die als Kontraste aufgebaut sind: „BÄUME ODER BETON?“, „KLIMA ODER KRISE?“ Das könnte man fast als ein wenig platt ansehen und muss sich den Vorwurf gefallen lassen, Klima zum Problem zu erklären, wo doch Klimaschutz gemeint ist. Das kennen wir schon aus der Vergangenheit, wo immer wieder Atom und Gen die offenbar unzumutbar langen Wörter Atomkraft und Gentechnologie ersetzten.

Thematische Einzelangebote stehen zusätzlich zur Verfügung: „WÄHL KLIMASCHUTZ“, „WÄHL VERANTWORTUNG“, „WÄHL NATURSCHUTZ“, „WÄHL MITEINANDER“ – eine sprachlich direktere Art, Themen zu besetzen, kann es kaum geben. Die Themen sollen hier die ausschlaggebende Motivation sein, das Kreuzchen bei Grün zu setzen. Zusätzlich sind diese Botschaften mit teilweise drastischen Bildern unterlegt. Vergleicht man die Plakatbilder mit den Verkleinerungen auf der Webseite, zeigt sich, dass nicht alle in der Vergrößerung eine positive Verstärkung bewirken, weil die übergroßen Gesichter, etwa bei „WÄHL MITEINANDER“, fast verzerrt scheinen.

Was uns außerdem auffiel: Bei „WÄHL VERNUNFT&ZUVERSICHT“ fehlen die Abstände vor und nach dem &-Zeichen. Für uns als Textprofis ist es immer ärgerlich, wenn sich Grafiker*innen durchsetzen und Rechtschreibregeln außer Kraft setzen.

NEOS – Hauptsache Kraft

Wahlplakate der NEOS, hier z. B. TRANS PARENZBei den NEOS dreht sich alles um Kraft – mal tritt sie in Verbindung mit Frontfrau Beate Meinl-Reisinger als „DIE ENTSCHEIDENDE KRAFT“, mal als „DIE VERBINDENDE KRAFT“ auf. Oder die Neos bezeichnen sich selbst als „REFORMKRAFT“, danach folgen schöne Alliterationen wie „FÜR ECHTE ENTLASTUNG“ oder „FÜR BESSERE BILDUNG“ und mehr oder eher weniger konkrete Forderungen wie „STEUERN SENKEN“ oder „FLÜGEL HEBEN“ – auch dies ein schöne Kontrastmetapher.

Haben wir bei den Grünen schon grammatikalische Fehler im Namen der Optik beanstandet, gilt das für die NEOS erst recht: Das abgeteilte Wort REFORM KRAFT ohne Satzzeichen ließe sich ja noch irgendwie argumentieren, aber TRANS PARENZ in zwei verschiedenen Zeilen geht einfach gar nicht. Ein fehlender Bindestrich ist und bleibt ein Fehler. Immerhin: Beim Plakat „POSTENSCHACHER stoppen“ hat das Werbeteam einen kurzen Strich nach Posten zugestanden.

KPÖ – eine Stimme für …

Wahlplakate der KPÖ: Eine Stimme für ...Die Kommunisten versuchen, den Wähler*innen-Stimmen einen ganz konkreten Sinn zu geben. Auf Einleitungen wie „EINE STIMME AUS DER PFLEGE“ oder „EINE STIMME FÜR LEISTBARES WOHNEN“ folgt der Standardsatz „Eine Stimme für die KPÖ“. Einerseits greifen sie damit auf das klassische, starke Stilmittel der Anapher zurück. Andererseits bilden sie so auch Zweierfiguren, die eine gedankliche Verknüpfung anstreben; ganz ähnlich finden wir das bei wirkungsvollen Werbeslogans, etwa „Have a break, have a KitKat.“

Optisch gestalten sich die Wahlplakate wild und bunt. Eine Textanalyse endet allerdings spätestens bei den Farben – so auch diese.

Was sind eure Eindrücke? Wir freuen uns über Ergänzungen und Kommentare.

Ergänzung/DISCLAIMER:
Wir vertreten hier keine Position einer bestimmten Partei und betreiben keine Wahlwerbung. Eine Plakatwerbung kann hochprofessionell und wirksam, die Ideologie der Wahlwerbenden dahinter dennoch verwerflich sein. Im Übrigen gehen wir davon aus, dass niemand aufgrund einer Plakatwerbung sein oder ihr Kreuzerl macht!

Kreativität im Team: Gegenseitig Inspiration sein

Auch wenn in unseren Köpfen der Mythos vom einsamen kreativen Genie verankert ist: Meist braucht es eine Inspiration von außen – zum Beispiel vom Teamkollegen.

Blick von der Burg AggsteinEs war auf einer unserer zweitägigen Klausuren, bei der es darum ging, aus der Reflexion unserer Arbeit eine Vision für die nächsten Jahre zu entwerfen. Die erste Corona-Zeit mit all ihren Lockdowns und Einbrüchen war gerade vorbei und eine Neuorientierung stand an. Es galt, gedanklich weit aufzumachen: Wie wollen wir weitertun? Wo wollen wir in fünf Jahren stehen?

Aber wie so oft bei großen Fragen schlitterte ich in eine komplette Denkblockade. „Tut mir leid, es geht nicht, in meinem Kopf herrscht Leere, ich kann nichts beitragen“, seufzte ich. Da saßen wir also in der Sonne an einem Tisch auf der Ruine Aggstein und brachten nichts weiter – und das war meine Schuld. „Wir könnten es doch einfach mal mit Freewriting versuchen“, brach Roman die von trüben Gedanken schwere Stille. Da regte sich etwas bei mir: In meiner Verzweiflung hatte ich ganz vergessen, dass es Methoden gibt, die Blockaden lockern können. Schön, wenn man in so einer Situation nicht allein vor sich hindenken muss. Noch schöner, wenn man in einer kreativen Denkblockade steckt und ein Gegenüber hat, das Vorschläge macht. Schlimmer konnte es nicht werden und mehr, als dass ich zehn Minuten mit sinnlosem Schlingen-Malen vergeudete, konnte schließlich nicht passieren.

Kreativ mit Methode

Also stellten wir uns den Timer am Handy und schrieben los. Alles war erlaubt, nur abzusetzen nicht: Der Stift sollte immer in Bewegung sein, selbst wenn einer von uns nur lalalala schrieb. Ich notierte also mal, was mir durch den Kopf ging, wie sehr ich mich über meine Blockade ärgerte, dass ich nichts beizutragen hatte, dass mir nichts einfiel und so weiter und so fort. Irgendwann begann ich zu zeichnen – in kindlichem Stil eine kleine Königin und einen kleinen König auf einer Burg, und daneben schrieb ich alles, was mir zu diesen beiden aus dem Bauch raus so einfiel. In der Mitte stand ein großer Pokal, in den ich auch einige Worte füllte.

Nach zehn Minuten klingelte das Handy. Ich zuckte die Achseln und sagte: „Bei mir kam keine Erkenntnis, ich habe nur vor mich hingezeichnet.“ Ich las zuerst meinen bruchstückhaften Jammer-Text vor, dann zeigte ich – etwas ratlos – Roman das Bild. Er jedoch meinte: „Aber da ist doch alles drin!“ Nachdem er seine Gedanken aus dem Freewriting mit mir geteilt hatte, begannen wir, über das Bild in Zusammenhang mit seinen Überlegungen zu reden. Und siehe da: Es entwickelten sich daraus einige Ideen für die nächsten Projekte und die ersten Schritte dazu. Das Freewriting bzw. die dabei entstandene Zeichnung war die Inspiration gewesen, um kreative Ideen zu entwickeln und eine andere Perspektive einzunehmen.

Menschen als Inspirationsquelle

Was heißt das? Kreativität kommt manchmal von allein – aber leider nicht immer. So ziemlich alle großen schöpferische Geister wie Dichter und Komponisten wussten, dass sie Inspiration auch aktiv suchen mussten, sei es in der Natur, durch das Zitieren von Kollegen, psychoaktive Substanzen oder den Austausch im Kollektiv. Und Blockaden kannten sie auch – alle! Kreativität fließt jedenfalls deutlich besser, wenn sie einen Anstoß bekommt. Und dieser kann einerseits von einer anderen Person kommen – idealerweise sogar der, mit welcher man arbeitet – oder durch eine kreative Technik, die man vielleicht sogar gemeinsam durchführt. Ganz auf sich gestellt, ohne jegliche Anregung und auf Druck, sind Blockaden vorprogrammiert. Daher: Menschen und Methoden können helfen, sie zu lösen – im Idealfall sogar eine Kombination daraus!

Zur Methode Freewriting haben wir – übrigens auf genau dieser Klausur – auch ein Video gedreht.

Wenn Sie Methoden dieser Art mit Ihrem Team anwenden wollen, buchen Sie ein Inhouse-Seminar  für Ihre Organisation oder Ihr Unternehmen mit uns.

Wenn Sie Kreativitätstechniken alleine durchführen möchten, erarbeiten wir mit Ihnen gern Lösungen mit passenden Methoden in einem Fachcoaching.

Story in einem Satz

Funktioniert Storytelling auch für ganz kurze Texte? Ja, hier ist einiges möglich! Wir zeigen anhand einer Hinweistafel, die aus nur vier Wörtern besteht, wie Elemente aus dem Storytelling auch in aller Kürze eine Mini-Story erzeugen.

Immer wieder fragen Kund*innen, die ihre Texte oder Präsentationen mit Geschichten aufpeppen möchten: „Wie umfangreich muss meine Story sein? Brauche ich dazu wirklich Heldinnen oder Helden, die eine 12-stufige Reise absolvieren?“ „Ich will doch“, sagen sie, „keine Romane schreiben und keinen abendfüllenden Spielfilm drehen.“

Die kurze Antwort: Nein, Geschichten müssen nicht immer lang sein. Schließlich muss man nie alle Storytelling-Elemente, die möglich sind, einsetzen.

Die etwas längere Antwort gebe ich anhand einer kleinen Hinweistafel, die allerorts in Wien zu finden ist. Ich möchte mit diesem Beispiel ein wenig Druck rausnehmen und zeigen, wie wenig es braucht, um einer Botschaft Emotion einzuhauchen und sie damit kraftvoll zu vermitteln – auch wenn man dafür nur ein paar Elemente des Storytellings auswählt.

Doch vorweg: Warum erzählen wir überhaupt Geschichten? Um Menschen zu erreichen, um unsere Inhalte oder Botschaften an die Zielgruppe zu bringen – möglichst eindringlich und dauerhaft. Hier helfen Geschichten: Sie bleiben besser in Erinnerung und sprechen im Idealfall auch die Emotionen an, dadurch dringen sie tiefer und schaffen eine ganz andere Ebene des Verständnisses.

Betreten der Rasenfläche verboten. Ein kurzer Text - aber noch lange keine Mini-Story.Nun zu meinem Beispiel: Die Stadt Wien möchte, dass die Menschen öffentliche Rasen nicht betreten, dazu stellt sie Schilder auf. Wir zeigen hier zwei.

Auf dem ersten ist „Betreten der Rasenfläche verboten.“ zu lesen. Es handelt sich also um eine sehr schlichte und direkte Nachricht, dass hier etwas verboten ist, ohne Emotion und ohne Begründung.

Storys funktionieren über Emotionen – die Mini-Story auch

Auf der zweiten Tafel steht folgender Text: „Vorsicht, hier schlafen Blumenzwiebeln!“.

Vorsicht, hier schlafen Blumenzwiebeln! Das erzeugt viel eher eine Mini-Story als die reine Aufforderung.Diese  Tafel dient natürlich dem selben Zweck: Menschen sollen nicht in die Wiese treten. Aber: Es wird eine Begründung mitgeliefert und diese Begründung liefert nicht nur Sinn, sondern sie bietet vor allem eine Identifikationsfläche. „In der Wiese schlafen Blumen.“ Wir wissen, wie es ist zu schlafen und auch wir werden dabei nicht gerne geweckt! Die Blumenzwiebeln verwandeln sich in Akteurinnen (bzw. Protagonistinnen oder Heldinnen), die etwas tun, nämlich: Sie schlafen. Dabei wollen wir sie nicht stören. Indem wir den Rasen umrunden, helfen wir ihnen dabei, wir werden sozusagen ihre Mentor*innen. Damit halten wir das Böse in Schach, das wäre das Aufwachen. Damit ist das Grundgerüst für eine minimale Geschichte gelegt – und sie wirkt.

Nicht zuletzt dadurch, dass Gefühle und vor allem auch Bedürfnisse hineinspielen – die der Blumen nach Schutz und Erholung, aber auch unsere eigenen, etwa jenes nach Beitragen oder Sinn. Und all das mit so wenigen Wörtern. Wie viel eingängiger und nahbarer ist doch das Schild, das durch das Bild der schlafenden Blumenzwiebeln eine Mini-Story erzeugt, gegenüber jenem Verbot, das nur auf Autorität setzt!

Wenn Sie mehr zu Storytelling erfahren möchten, unterstützen wir Sie gern mit Fachcoachings oder Seminaren in Ihrem Unternehmen.

Mehr Blog-Beiträge zum Thema Storytelling finden Sie hier:

Produktstory: Lernen von Fisherman’s Friend

Wie lange muss eine Story sein?

Stilvolle Storys statt gehaltlose G’schichteln

Storytelling – ein Erfolgsrezept?

Storytelling gilt als Erfolgsrezept. Dennoch oder gerade deshalb müssen wir vorher abklären, wofür und wie wir die Story einsetzen möchten.
Es braucht nur wenige Zutaten, damit eine Erfolgsrezept gelingt. Beim Storytelling ist es genauso.

Ob Marketing, Vortrag oder Firmentext: Storytelling begegnet uns derzeit als Methode für alles – eine Art Geheimrezept, das man nur Schritt für Schritt befolgen müsse, und schon seien alle Ziele erreicht. Gleichzeitig boomen Werbung und Angebote, Storytelling zu vermitteln. Aber wie bei einem richtig guten Geheimrezept werden meist nicht alle Zutaten veröffentlicht, variieren die Mengenangaben – und wenn es nicht klappt: Hat dann vielleicht einfach die Hand des Meisters gefehlt?

Nein! Der Irrtum beginnt schon früher. Ein Rezept für alles kann es nicht geben! Verwende ich denn wirklich dasselbe Rezept für ein achtgängiges Gala-Dinner, eine Geburtstagsparty oder eine Brettljause? Ja? Dann Prost Mahlzeit! Es wird bestimmt nicht allen schmecken. Zuerst muss ich klären, wofür ich das Rezept brauche. Dabei hilft es, drei Fragen zu beantworten:

  1. Wer kocht? Bin ich gefeierte Star-Gastronomin, bin ich ambitionierte Hobbyköchin oder habe ich noch nie einen Kochlöffel in der Hand gehabt? Welche Küche steht mir zur Verfügung und welches Kochwerkzeug? Voll ausgestattet oder gerade mal Topf und Löffel?
  2. Für wen koche ich? Wer soll das Zeug denn nachher essen? Ein Gault-Millau-Bewerter? Ein hungriges Baby? 200 Partygäste? Welche Infos habe ich über sie? Weiß ich etwa von Vorlieben oder Unverträglichkeiten?
  3. Was ist das Ziel des Rezepts/der Zubereitung? Alle satt – klar! Aber schmecken soll es doch auch. Im Idealfall erfüllt es je nachdem den Zweck der Brettljause/des Partybüffets/der Hauptmahlzeit.
Fünfgangmenü oder Brettljause?

Und was hat das jetzt, bitteschön, mit Storytelling zu tun? Eine ganze Menge! Es nützt uns nämlich nichts, wenn wir das berühmte Marketing-Storytelling-Skript über jeden unserer Einzeltexte stülpen, eine Heldenreise konstruieren und auf Krampf „die fünf magischen Schritte zur perfekten Story“ einhalten. Möglicherweise koche ich so ein Fünfgangmenü, obwohl es eine Brettljause gebraucht hätte. Vielleicht reicht es jedoch völlig aus, einzelne Elemente des Storytellings einzubauen. Natürlich ist es sinnvoll zu wissen, was eine gute Geschichte braucht. Dann aber muss es wie immer heißen: Ziel vor Methode! Wichtig ist: Was will ich erreichen – und ist Storytelling für meine Zwecke das richtige Tool?

Wer das beherzigt, hat das Erfolgsrezept schon fast in Händen – und kann Storytelling immer brauchen – und sich Anregungen holen. Denn auch im Rezept für das Galadinner könnte eine gute Idee für ein kleines Gericht stecken – und das mache ich dann!

Also: Setzen Sie Storytelling ein – aber überfordern Sie sich nicht und klären Sie zuerst den Zweck, für den Sie es brauchen.

  • Wen möchten Sie erreichen?
  • Legen Sie fest, welche Hauptbotschaft Sie vermitteln möchten: Was ist die wichtigste Aussage?
  • Fallen Ihnen dazu Bilder ein? Halten Sie diese fest – hier könnten schon Elemente einer Geschichte stecken, die Sie brauchen können! Das müssen gar nicht so viele sein. Halten Sie die Ideen fest und überlegen Sie, wie sie diese am besten kombinieren können.

Denn wie beim Kochen kommt es nicht immer auf die Menge, sondern oft auf die Qualität und die Zusammensetzung der Zutaten an. Und darauf, dass das Rezept zum Ziel passt.
In diesem Sinne: Viel Spaß beim Nachkochen!

Und welches Erfolgsrezept steckt hinter anderen Storys?
Lesen Sie dazu unsere Blog-Beiträge über die  Story bei  Fisherman’s friends oder  Wie man auch mit kurzen Texten überzeugt: Storys in einem Satz.

Wenn Sie mehr über die Grundlagen des Storytellings wissen möchten, sehen Sie sich unsere Seminare und Coaching-Angebote an.

Gern unterstützen wir  Sie im Einzelcoaching oder kommen für ein Seminar in Ihr Unternehmen!

Wenn Sie Begleitung bei der Umsetzung suchen, sind wir auch gern für Sie da!

 

Synonyme finden – leicht gemacht

Sieben Tipps, wie Sie Ihren Wortschatz erweitern

Auch für das Wort Synonym gibt es viele Synonyme.Wie jeder Mensch haben Sie einen aktiven und einen passiven Wortschatz. Während Ihr aktiver oder produktiver Wortschatz jene Wörter umfasst, die Ihnen beim Sprechen und Schreiben auch wirklich zur Verfügung stehen, gehören zu Ihrem passiven oder rezeptiven Wortschatz jene, die Sie zwar nicht beim Reden oder Schreiben einsetzen, aber dennoch verstehen.

Es gibt viele Gründe, den aktiven Wortschatz zu vergrößern, zum Beispiel können wir uns präziser ausdrücken, wir vermeiden Wortwiederholungen und wir verhindern, dass sich unsere Leser*innen langweilen.

Grund genug, uns näher anzuschauen, wie wir Wortalternativen oder Synonyme finden:

  1. Ändern Sie die Ebene.

Das ist vor allem bei Nomen (Hauptwörtern) sinnvoll. Ein Hund ist ein Hund, da gibt es wenig daran zu rütteln, allerdings kann ich ihn eine Abstraktionsebene höher als Haustier und eine Abstraktionsebene tiefer zum Beispiel als Bernhardiner oder Struppi bezeichnen.

  1. Denken Sie in Bildern und seien Sie konkret.

Führen Sie sich vor Augen, was Sie wirklich sagen möchten und seien Sie präzise. Der Mann trinkt sein Bier ist ok, aber vielleicht nippt er auch daran, kostet nur oder schüttet es gar hinunter? Wichtig bei Bildern ist: Wer tut was und in welcher Situation?

Und wenn Sie von einem großen Haus sprechen: Meinen Sie vielleicht einen Wolkenkratzer, eine Villa, ein fünfzehnstöckiges Bürogebäude oder eine Hazienda?

  1. Haben Sie Skalen im Kopf.

Gerade bei Verben (Zeitwörtern) ist es oft sinnvoll, eine gedankliche Skala zu Hilfe zu rufen und die Tätigkeit einzuordnen. Natürlich kann das Kind seine Schultasche auf die Bank, die Wanderin ihren Plan auf den Tisch und der Fischer den zu kleinen Fisch zurück in den Teich legen. Oder aber sie nutzen Synonyme: Dann fetzt das Kind vielleicht die Tasche auf die Bank, die Wanderin breitet den Plan aus und der Fischer hebt den Fisch behutsam zurück ins Wasser.

  1. Nutzen Sie Synonym-Lexika.

Wenn Sie sich nicht selbst anstrengen wollen, gibt es online wie auf Papier allerlei Angebote. Unser Tipp: https://synonyme.woxikon.de/

  1. Notieren Sie die entscheidenden Wörter.

In jedem Beruf und in jedem Kontext gibt es Wörter, die besonders oft vorkommen. Hier lohnt es sich, einmal ein paar Minuten zu investieren, um eine Liste mit Synonymen zu finden. Hängen Sie sich diese Liste irgendwo gut sichtbar auf und werfen Sie bei der nächsten Ratlosigkeit einen Blick darauf. Nach und nach wird Ihr Hirn auch ohne dieses Hilfsmittel darauf zurückgreifen.

  1. Trainieren Sie Ihren passiven Wortschatz.

Sie können zum Beispiel bewusst lesen oder hie und da anlasslos Synonyme für ein Wort suchen. Trauen Sie sich – im Rahmen der Übung – ruhig auch ausgefallene, kitschige oder bereichsfremde Alternativen aufzulisten. Es schneit könnte man auch so ausdrücken: Kälte flockt vom Himmel, es regnet Weihnachtsstimmung, eine weiße Glasur legt sich über die Landschaft, im Himmel ist ein Schneemann explodiert.

  1. Erkennen Sie die Grenzen.

Manchmal ist ein Tisch einfach ein Tisch. Und wenn es in einem Text um Tische geht, dann kommen die eben häufig vor. Achten sie in diesem Fall darauf, dass Sie ausreichend Abstände zwischen den gleichen Wörtern herstellen, zum Beispiel indem Sie Personalpronomen einbauen. Und was ist nun der richtige Abstand? Wenn sie den Text laut lesen, sollte das Wort innerlich nicht mehr nachhallen.

Mehr, viel mehr Tipps dieser Art erhalten Sie, wenn Sie ein Schreibcoaching oder ein Inhouse-Seminar zum Thema Schriftliche Kommunikation buchen.

Blogbeiträge zu ähnlichen Themen sind zum Beispiel:

 

Produktstory: Lernen von Fisherman’s Friend

Warum auf der Rückseite der berühmten Menthol-Pastillen eine Geschichte erzählt wird und was diese Produktstory kann

Die Rückseite von Fisherman's Friend: eine StoryIm Oktober war ich als Referent zur Fachtagung der Oberösterreichischen Bibliotheken eingeladen. Während ich – meiner Vorrednerin zuhörend – mit einer Packung Fisherman’s Friend spiele, entdecke ich auf der Rückseite folgende Produktstory: „Never be without a friend …“ sagte sich Apotheker James Lofthouse 1865 und entwickelte FISHERMANS´S FRIEND Pastillen speziell für die Hochseefischer von Fleetwood, damit sie ihren Hals vor Wind und Wetter schützen, frei atmen und einen klaren Kopf bewahren konnten.

Wie schön, eine kurze und doch so große Geschichte auf einem so kleinen Produkt! Und was für eine! Da spannt sich ein Bogen vom Jahr 1865 ins Jahr 2022, von den Hochseefischern von Fleetwood zum Vortragssaal in Linz, von Wind und Wetter als Ursache für Halsschmerzen zur angestrengten Stimme durch lautes Reden und Nervosität.

Tranderivationale Suche in der Produktstory: von der Ratio zur Emotio

Sie meinen, den jeweils zweiten Teil des Bogens habe ich mir nur ausgedacht? Ja, natürlich, aber genau dafür wird die Geschichte schließlich erzählt! Wir sollen uns mit den Fischern und der Problemlösung identifizieren. Transderivationale Suche heißt im NLP dieser unbewusste  Prozess, eine Geschichte erst zu hören, ihren Sinn zu verstehen und dann auf die eigene Situation zu übertragen. Ob auf hoher See oder im Plenarsaal, was für Hochseefischer gut genug ist, wird auch für mich als Referent reichen. Diese Geschichte ist unterhaltsamer als die Liste von Inhaltsstoffen – und vermutlich auch als jeder Slogan. Damit bleibt sie gut im Gedächtnis. Außerdem schafft sie Bilder und sie bietet eine Identifikationsfläche.

Ich habe das Päckchen Menthol-Pastillen natürlich gleich mit aufs Podium genommen und als Beispiel für eine gelungene Produktstory genannt. Seither muss ich jedes Mal, wenn ich zu Fisherman’s Friend greife, an Hochseefischer denken, die sich schon vor über 150 Jahren mit diesen Pastillen vor Wind und Wetter schützten. Ich fühle mich dann auch ein wenig mit den Seefahrern verbunden und halte dem Produkt dank dieser Story noch eher die Treue. Jetzt hoffe ich nur noch, dass die Geschichte auch der Wahrheit entspricht.

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass die roten Fisherman’s Friend mit Kirschgeschmack die  Besten sind.

Wenn Sie mehr zum Thema Storytelling wissen möchten, b(es)uchen Sie doch eines unserer (Online-)Seminare.

Anschaulich schreiben: Cyranos Nasen-Monolog zeigt, wie´s geht

Kann uns ein über 120 Jahre alter Text zeigen, wie wir im digitalen Zeitalter lebendig und anschaulich schreiben? Ja! Cyrano von Bergeracs Nasen-Monolog zum Beispiel ist zeitlos gut. Wir zeigen, warum.

Cyrano und Valvert während des berühmten Nasen-Monologs

Die meisten werden, wenn sie Cyrano de Bergerac hören, an Gérard Depardieu denken, wie er in der Verfilmung aus dem Jahr 1990 zu Höchstform auflief. Das Versdrama schrieb der Franzose Edmond Rostand allerdings schon im Jahr 1897. Uns soll hier der berühmte Nasen-Monolog als Beispiel dienen. Er beginnt damit, dass ein gewisser Valvert versucht, den tatsächlich mit einer sehr großen Nase ausgestatteten Cyrano zu beleidigen. Er tut das auf eine sehr direkte Art und Weise:

Valvert: „Ei, Sie haben eine sehr … sehr lange Nase.“

Was nun folgt, ist ein Redeschwall, der stakkatoartig Bilder und unterschiedliche sprachliche Herangehensweisen variiert. Hier der Text als Grundlage. Sie können ihn natürlich überspringen und mit meinen Ausführungen am Ende beginnen. Idealerweise aber lesen Sie ihn sich erst einmal (laut) durch:

Cyrano de Bergerac:
Das war etwas mager.
Fällt ihnen nichts mehr ein? – Mir vielerlei,
Und auch die Tonart lässt sich variieren!
Ausfallend: „Trüg ich diese Nasenmasse,
Ich ließe sie sofort mir amputieren.“
Freundlich: „Trinkt sie nicht mit aus ihrer Tasse?
Aus Humpen schlürfen sollten Sie die Suppe.“
Beschreibend: „Felsgeklüfte, Berg und Tal,
Ein Kap, ein Vorland, eine Inselgruppe.“
Neugierig: „Was ist in dem Futteral?
Ein Schreibzeug oder eine Zuckerzange?“
Anmutig: „Sind Sie Vogelfreund, mein Bester,
Und sorgten väterlich mit dieser Stange
Für einen Halt zum Bau der Schwalbennester?“
Zudringlich: „Wenn Sie Tabak rauchen
Und ihr der Dampf entsteigt zum Firmament,
Schreit dann die Nachbarschaft nicht laut: ,Es brennt‘?“
Warnend: „Sie sollten große Vorsicht brauchen;
Sonst zieht das Schwergewicht Sie noch kopfüber.“
Zartfühlend: „Spannen Sie ein Schutzdach drüber;
Weil sonst im Sonnenschein sie bleichen muss.“
Pedantisch: „Das aristophanische Tier
Hippokampelephantokamelus
Trug ganz unfraglich gleiche Nasenzier.“
Modern: „Wie praktisch diese Haken sind,
Um seinen Hut dran aufzuhängen!“
Begeistert: „Wenn sie niest im scharfen Wind,
Braucht nur ein Teil von ihr sich anzustrengen.“
Tragisch: „Ein Turm von Babel, wenn sie schwillt!“
Bewundernd: „Für Odeur welch Aushängschild!“
Lyrisch: „Ist dies die Muschel des Tritonen?“
Naiv: „Wann wird dies Monument besichtigt?“
Respektvoll: „Wird nicht ein jeder Wunsch beschwichtigt
Durch solch ein Häuschen zum Alleinbewohnen?“
Bäurisch: „Potz Donnerschlag, was sagst du, Stoffel?
Zwergkürbis oder riesige Kartoffel?“
Soldatisch: „Dies Geschütz ist schwer beweglich.“
Geschäftlich: „Haben Sie vielleicht im Sinn,
Sie zu verlosen – erster Hauptgewinn?“
Zuletzt im Stil des Pyramus, recht kläglich:
„Weil sie das Gleichmaß im Gesicht getötet,
Ist sie voll Schuldbewusstsein und errötet.“

Cyrano setzt also der sehr schlichten Behauptung oder Beobachtung, sein Gegenüber habe eine große Nase, ein Feuerwerk von Möglichkeiten entgegen, wie man diese Tatsache kreativer und spannender formulieren hätte können.

Was ist es nun, was den Nasen-Monolog so anschaulich macht?

Zunächst einmal arbeitet er mit Metaphern und Bildern. Hier bringt er als Vergleich Gegenstände ins Spiel, dort wieder Landschaften oder alltägliche Tätigkeiten. Damit verändert er auch in jedem Beispiel die Perspektive der Betrachtung: In einer Variante stellt er in den Raum, was er mit so einer Nase tun würde, dann fragt er, wie es dem Gegenüber damit gehe, oder er stellt die Nase selbst als Subjekt ins Zentrum. Damit können wir auch in Gebrauchstexten des Alltags arbeiten.

Ein wichtiges Stilelement bei Cyrano alias Rostand sind Fragen, etwa: „Trinkt sie nicht mit aus Ihrer Tasse? Was ist in dem Futteral? Wann wird dies Monument besichtigt?“
Fragen sprechen und regen unsere Zielgruppe direkt an. Sie machen aus einem Monolog einen Dialog. Nutzen wir sie!

Cyranos Bilder sind sehr konkret, er vergleicht die Nase nicht mit Gemüse, einem Sammelbegriff, sondern bringt gleich konkrete Beispiele wie „Zwergkürbis oder riesige Kartoffel“, und er argwöhnt nicht nur, dass Dinge in der Nase Platz hätten, sondern er vermutet „Schreibzeug oder eine Zuckerzange“ darin. Konkretes ist immer einprägsamer als Verallgemeinerungen, auch heute noch!

Der Text setzt auf aktive Verben (Zeitwörter), die etwas bewegen und für sich schon Bilder schaffen. Während Valvert in seiner ersten Provokation lediglich auf das Zeitwort „ist“ setzt, greift Cyrano in seinem Nasen-Monolog alleine in den ersten Versen auf Wörter zurück wie „tragen“, „amputieren“, „trinken“ oder „schlürfen“. Das gibt seinem Pamphlet Kraft – und auch jedem heutigen Text, sei es ein Social-Media-Post oder ein Newsletter.

Valverts Beleidigung beruht auf einem einzigen Adjektiv (Eigenschaftswort), nämlich „lang“, Cyranos Beispiele kommen beinahe ohne solche aus. Das Geheimnis liegt in dem kurzen Tipp: Show, don´t tell! Wenn es die Möglichkeit gibt, etwas mit Worten zu zeigen, dann sollten wir es tun – und nicht auf die vielleicht kürzere, aber langweilige Variante zurückgreifen, es einfach nur zu sagen. Zeigen Sie Ihren Leser*innen, was sie meinen, indem Sie Bilder schaffen und Auswirkungen beschreiben; bedienen Sie damit alle Sinne, dann wirken Ihre Texte gleich viel tiefer.

Natürlich ließen sich noch viele zusätzliche Stilmittel ausmachen, etwa die wohlklingende Dreierfiguren „Felsgeklüfte, Berg und Tal“ und „ein Kap, ein Vorland, eine Inselgruppe“, der Ausruf „Potz Donnerschlag“ oder die Reimform. Machen Sie sich mit Stilmitteln vertraut und nützen Sie jene, die Ihnen gefallen: Sie sind der Türöffner für individuelle Texte.

Und schließlich: Es stimmt nicht ganz, dass der Text mit Adjektiven geizt. Rostand lässt Cyrano jedem Beispiel ein Eigenschaftswort voranstellen, das die Richtung vorgibt. Uns zeigt er damit, wie nuanciert wir Sprache einsetzen können, je nach Ziel, Zielgruppe und Textsorte. Soll Ihr Text „respektvoll“ formuliert sein, soll er „freundlich“ klingen oder „warnend“? Für all das warten irgendwo die richtigen Worte. Nur eines sollten sie nie sein: fad.

Sie können sich den Text auch anhören ab Minute 1:35 unter: https://youtu.be/cgHW6fga4k4?t=95

Der oben genannte Nasen-Monolog ist aus:
Edmond Rostand: Cyrano von Bergerac, Stuttgart: Reclam, 1977 (Original: 1897)

Wenn Sie noch mehr solche Tipps und Tricks kennen lernen wollen, dann schauen Sie sich doch unsere Angebote zur schriftlichen Kommunikation an.

 

Filme zum Thema Schreiben

6 Filme rund um das Thema Schreiben

Es gibt viele Wege, sich dem Thema Schreiben zu nähern – einer ist, sich Spielfilme dazu anzusehen. Hier eine Auswahl von Filmen, die wir wirklich empfehlen können.

Club der toten Dichter (1989): Robin Williams legt sich als Literatur-Professor an einem britischen Elite-College mit dem Establishment an und macht dabei Lust auf englische Lyrik.
Ein Klassiker. Wer dabei nicht weint, hat kein Herz.
Trailer von Club der toten Dichter
Der Club der Toten Dichter
Cyrano von Bergerac (1990): Ein sprachmächtiger Klassiker von Edmond Rostand aus dem Jahr 1897, verfilmt mit Gerard Depardieu. Allein der Monolog zu den vielen vergebenen Chancen, wie sein Widersacher Valvert Cyranos Nase hätte beleidigen können, ist das Ansehen wert.
Trailer von Cyrano von Bergerac (Englisch)
Cyrano von Bergerac
Forrester – Gefunden (2000): Sean Connery als alter, verschrobener Autor eines einzigen Bestsellers hilft einem farbigen Jungen aus der Bronx, sein Schreibtalent zu entwickeln und sich in der Welt der Weißen zu behaupten. Im Endeffekt profitieren beide von der Freundschaft.
Große Empfehlung!
Trailer von Forrester
Forrester – Gefunden
Schräger als Fiktion (2006): Ein Mann entdeckt, dass er die Romanfigur einer Schriftstellerin (Emma Thompson) mit Schreibblockaden ist, die seinen Tod plant. Das findet er nicht so gut.
Wie der Titel schon verrät: schräg.
Trailer von Schräger als Fiktion
Schräger als Fiktion
Paterson (2016): Jim Jarmuschs Meisterwerk über einen Busfahrer, der seine Liebe zur Poesie entdeckt. Es passiert nicht viel, das aber zwischen und in den Zeilen.
Langsam, leise, wunderschön!
Trailer von Paterson
Paterson
El Autor (2017): In dieser spanischen Drama-Komödie stellt ein angehender Schriftsteller fest, dass die besten Szenen und Dialoge die realen sind. Die Suche danach entgleitet.
Unterhaltsam und eigenwillig – mit überraschendem Ende.
Trailer von El Autor (Spanisch)
El Autor

 

 

 

 

 

Ein Satz – eine Aussage, ein Absatz – ein Gedanke

Von einer bestechend einfachen Regel, die Struktur und Ordnung in Ihren Text zaubert es geht um Sätze und Absätze.
Es gibt viele Arten von Absätzen. Diese hier sind dekorativ, aber nicht Thema des Blog-Artikels.
Absätze können verschieden aussehen.

Dieser Blogbeitrag beginnt mit einem Satz. Er ist, wie auch dieser zweite Satz, recht kurz. Jetzt lesen Sie schon den dritten Satz und Sie fragen sich vielleicht, wohin das alles führen soll. Danke fürs Durchhalten, immerhin schon vier Sätze und fast einen ganzen Absatz lang. Damit haben Sie mit den einzelnen Sätzen auch verschiedene Aussagen gelesen und mit dem ganzen Absatz einen groben Gedanken.

Verwirrt? Das liegt vielleicht daran, dass Sie zwar wie jeder des Schreibens kundige Mensch mit Sätzen und Absätzen arbeiten, sich aber noch nie oder schon sehr lange keine Gedanken mehr darüber gemacht haben. Dabei ist der bewusste Einsatz von Sätzen und Absätzen die einfachste Form, einen Text zu gliedern und damit unsere Leser und Leserinnen zu führen. Eine gute Gliederung gehört zu den wichtigsten Kriterien für einen verständlichen Text. Und Verständlichkeit streben wir hoffentlich alle an, wenn wir nichts zu verbergen haben.

Darauf sollten Sie bei den Sätzen achten

Verständliche Sätze sind kurz bis mittelang. Die Deutsche Presseagentur (dpa) hat einmal für Presseaussendungen 20 Wörter als empfohlene und 30 als erlaubte Obergrenze angegeben. Das ist schon sehr streng, aber lesen Sie den zweiten Satz im zweiten Absatz dieses Textes durch: Er hat 32 Wörter. Und ist er nicht schon deutlich schwerer zu verstehen als der Rest?

Oder Sie halten sich an diese Regel: nämlich nur eine Aussage pro Satz zu transportieren. Damit bleiben Sie klar. Viele Nebensätze und wirre Satzkonstruktionen passieren, weil der Autor oder die Autorin zu viel vor den Punkt packen wollte. Schön, wenn es viel zu sagen gibt, aber hintereinander, bitte!

Und das hilft bei der Wahl der Absätze

Mehrere Sätze oder Aussagen bilden einen Absatz, und der wiederum sollte nur einen Gedanken wiedergeben. Vielleicht ist das Wort Gedanke etwas irreführend, gemeint ist ein kohärenter Abschnitt des Textes. Der erste Absatz dieses Blogbeitrags ist natürlich die Einleitung, sie soll neugierig machen und in diesem Fall ein Beispiel liefern. Der zweite Abschnitt wird konkreter und führt zum Thema Verständlichkeit. Dann kommen zwei Absätze mit konkreten Tipps zu Sätzen und Absätzen. Die Abschnitte folgen logisch aufeinander und bilden für sich gedankliche Einheiten. Wie lange ein Absatz sein darf, ist schwer zu sagen, weil es vom Gesamttext abhängt: Ich würde sagen, 20 Zeilen sind schon recht viel. (Ein umgekehrter Zusammenhang zwischen Satzlänge und Absatzlänge, wie ihn Pizzera & Jaus besingen, besteht übrigens aus rein stilistischer Sicht nicht.)

Probieren Sie es aus:  Ob Sie nun ein Mail verfassen, einen Text für Ihre Homepage oder einen Artikel, setzen Sie die mächtigen Werkzeuge Sätze und Absätze bewusst und bewusst ein. Und das war der letzte Absatz – und damit zugleich der Schluss.

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3 Tipps für lebendige Verben

Aktive und aussagekräftige Zeitwörter beleben jeden Text. Sie sind die Herzen der Sätze. Hier die drei wichtigsten Tipps, wie Sie den Verben zu ihrem verdienten Platz verhelfen.

Das Verb ist das Herzstück des Satzes., es muss schlagen, pochen und pulsieren.Wären Sätze Organismen, dann entsprächen die Verben den Herzen. Sie müssen schlagen, pochen, wummern, schmerzen und hüpfen – aktiv und lebendig. Keinesfalls sollte man sie einfach nur „haben“, sie sollten nicht „als Pumpe fungieren“ und ganz bestimmt sollten sie nicht passiv „angetrieben werden“.

Beachten Sie diese drei Tipps und hauchen Sie einem blutleeren Text wieder Leben ein:

  1. Schreiben Sie aktiv

Ein Journalist schreibt eine Reportage ist aktiv. Die Reportage wird von einem Journalisten geschrieben oder gar nur Die Reportage wird geschrieben ist passiv.
Ein anderes Wort für das Verb ist „Tunwort“, jemand tut also etwas. Wenn hingegen etwas getan wird, liegt der Fokus auf dem, mit dem etwas geschieht. Das kann sinnvoll sein, wenn es um ein Opfer geht, oder wenn wirklich, wirklich nicht klar ist, wer etwas tut. Meist allerdings greifen wir zum Passiv, weil wir unsicher sind oder zu faul, um konkret zu sein. Und so ersticken da draußen in Mails und Artikeln, in Newsletter und auf Homepages passive Wortungetüme die knappen, schönen Formulierungen wie Efeu eine Rosenhecke.

Passiv ist nichtssagend, uninspiriert und lückenhaft, weil unklar bleibt, wer etwas tut. Wir Lesende wollen erfahren, wer etwas tut, wo sich etwas bewegt und was passiert. Also: Hände weg von werden, es sei denn, es geht um die Zukunft.

  1. Vermeiden Sie Nominalstil

Klaus antwortet Lisa ist Verbalstil. Klaus gibt Lisa eine Antwort Nominalstil, weil ein Nomen, also ein Hauptwort, ins Spiel kommt und dem Verb die Show stiehlt. Aus antworten wurde geben. Texte im Nominalstil sind in der Regel schwerer zu verstehen, sie klingen abgehoben und distanziert. Der Kaiser erteilt die Erlaubnis oder eine Zustimmung, wir aber sollten – wollen wir auf Augenhöhe und verständlich kommunizieren – etwas erlauben und zustimmen. Erstaunt Sie das? Oder versetzt Sie das in Erstaunen?

  1. Nutzen Sie Ihren Sprachschatz

Wir können etwas sagen und manchmal ist dieses neutralste Verb der Kommunikation auch passend. Will ich allerdings Farbe in meinen Text bringen, Bilder zum Leben erwecken und meine Leserschaft unterhalten, dann greife ich auf eine passende Alternative zurück, etwa meinen, unterstreichen oder bestätigen. Zu den hunderten Synonymen für sagen gehören genauso flüstern und schreien, zustimmen und negieren, abschließen und eröffnen, referieren und erläutern. Natürlich passt nicht jedes dieser Wörter für jede Situation, aber genau darum geht es: das richtige zu finden und die gewünschte Aussage damit noch besser zu treffen. Mit nur einem Wort!

Beachten Sie diese drei Tipps und ihr Text wird aufleben. Und nein, das gilt nicht nur in der Literatur, auch in Gebrauchstexten wie Mails oder Jahresberichten sollten die Verben die Herzen der Sätze sein. Und ein Herz muss schlagen. Hört das Herz auf sich zu bewegen, ist der Satz tot.

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Schreiben: Kunst oder Handwerk?

Oder: Kann man schreiben überhaupt lernen?

 

In einem meiner Lieblingsbücher aus Kindheitstagen kämpft sich ein Junge aus allerlei Schwierigkeiten, indem er es mit Unterstützung der Kunstlehrerin schafft, sein kreatives Talent im Modellieren und Töpfern auszuleben.
Seine Mentorin unterscheidet bei den gelungenen Werken in zwei Kategorien: Es gibt die guten Töpfe und die braven. Die braven Töpfe sind technisch einwandfrei gefertigt und erfüllen ihren Zweck. Die guten Töpfe aber, die haben das gewisse Etwas, sie haben Persönlichkeit und sind mehr als nur Töpfe – und das, vermutete ich schon damals, mache Kunst aus.

Schreiben ist wie töpfern

Bei Texten ist es ähnlich: Mag der gute Topf ein literarischer Text sein, einer, der vielleicht weit über die Realität hinausweist, so erfüllt doch auch der brave Topf seinen Zweck. Wenn nun Menschen denken, es hätte keinen Sinn zu versuchen, besser schreiben zu lernen, weil sie ohnehin nicht zum Literaten oder zur Literatin taugen, liegen sie falsch. Denn wenn ein Text technisch einwandfrei gebaut ist und sein Ziel erreicht, sprich: funktional ist, dann ist schon viel erreicht. Gut möglich, dass nicht alle Menschen gleich von der Muse geküsst werden, aber: Um im Alltag bzw. in der Arbeitswelt einen Text zu schreiben, der sein Ziel erfüllt, muss man kein Genie sein. Man darf sich mit einem braven Topf zufriedengeben. Es ist ein Handwerk. Wie das Töpfern: Das Ergebnis kann Kunst sein oder Handwerk. Oder Kunsthandwerk. Schön und zweckdienlich kann ein Topf – und auch ein Text – in beiden Fällen sein.

Nicht auf die Muse warten

Vielleicht kennen auch Sie ganz unterschiedliche Zugänge zum Schreiben, je nach Textziel und Motivation: Wenn einen die Muse küsst, dann kommt es einem vor, als würden Buchstaben und Wörter wie in einem See unter der Oberfläche der Gefühle und Gedanken schwimmen, die man nur wie mit einem kleinen Netz rausfischen und zusammenfügen muss; der Text schreibt sich beinah von selbst. Ein guter Text.

Dann aber wieder hat man den Eindruck, die Buchstaben würden wie eine zähe Masse am Boden des Gedankensees kleben und niemals würden sie in Worten aufs Papier finden; vielleicht hatten auch Sie schon das Gefühl, zu einem bestimmten Thema könnten Sie einfach nichts schreiben, der Text will einfach nicht von der Hand gehen, Sie denken, sie hätten es verlernt oder gar eine Schreibblockade. Dann dürfen Sie nicht auf die Muse warten. Sie müssen es anders angehen.

Der erste Schritt ist ein Eingeständnis: Hier wird vielleicht kein guter Text im Sinne eines literarischen Wunderwerks entstehen. Aber einen braven Text können Sie immer noch schaffen. Und das ist – gut!

Der zweite Schritt: Überlegen Sie, wer den Text lesen soll und warum. Sie können dazu auch die drei Fragen beantworten, das hilft.

Der dritte Schritt: Sie schreiben eine Rohfassung: ein paar Gedanken einfach mal wie in eine Wühlkiste packen, ohne an vollendeten Stil zu denken.

Der vierte Schritt: Die Rohfassung in Form bringen: eine Gliederung schaffen und stilistisch feilen. Um das zu tun, hilft es, Regeln für Verständlichkeit und guten Stil zu kennen. Doch diese sind erlernbar (zum Beispiel bei uns) – so, wie die Grundregeln beim Kochen erlernbar sind.

Der letzte Schritt: Noch einmal drüberlesen (lassen) und erstens prüfen, ob der Text das enthält, was Sie ursprünglich sagen wollten. Und zweitens Fehler finden. Vielleicht müssen Sie auch noch einen Absatz ergänzen, damit es logisch wird, oder ein paar Wörter streichen.

Fertig. Jetzt haben Sie einen braven Text: einen, der sein Ziel erfüllt.
Und vielleicht ist es ja sogar doch ein guter Text geworden.

 

Mehr, viel mehr solche Tipps erwarten Sie in unseren Seminaren und Coachings rund um schriftliche Kommunikation.

Wie schreibe ich verständlich?

Klingen Ihre Texte kompliziert und sind schwer zu verstehen? Dann probieren Sie diese einfache Methode, um die Verständlichkeit zu erhöhen.

Für bessere Verständlichkeit mit der Schau-Methode stellen Sie sich einfach ein Kind vor, dem Sie die Inhalte erklären.Vor jedem Textseminar bitten wir in einem Mail alle TeilnehmerInnen, uns ihre größten Schwierigkeiten beim Schreiben zu nennen. Diese Probleme und Anliegen sammeln wir schon vor Beginn des Workshops auf einem Flipchart-Papier.

„Wie verpacke ich komplizierte Inhalte in einen ansprechenden Text?“ steht immer ganz weit oben auf der Liste. Einfach und verständlich schreiben – damit kämpfen manche Berufsgruppen wie Techniker/innen oder Jurist/innen besonders, aber fast jede/r kennt das Problem.

Das ist auch kein Wunder, wir alle sind Experten und Expertinnen in irgendetwas. Dem Soziologen und Bourdieu-Experten sind Fachbegriffe wie „symbolisches Kapital“  vertraut, die IT-Expertin hat vielleicht täglich mit ASCII-Dateien zu tun und der Installateur wundert sich, was man an einem JetFlow-System noch extra erklären muss. Der Experten-Status macht uns mitunter blind für das, was andere wissen. Blöderweise sind die Leser/innen unserer Texte nicht immer Fach-Kollegen und -Kolleginnnen.

Bessere Verständlichkeit heißt nicht, banal oder eintönig zu schreiben

Manchmal schreiben wir auch komplizierter als nötig, weil wir Angst haben, dass Verständlichkeit mit Banalität verwechselt wird oder dass wir nicht ernst genommen werden. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall: Gerade wer fähig ist, Dinge in eine fachfremde Sprache zu übersetzen, beweist ja, dass er oder sie etwas wirklich versteht. Albert Einstein wird der Spruch zugeordnet: „Wenn du es einem Sechsjährigen nicht erklären kannst, dann hast du es selbst nicht verstanden.“ Ein anderes Genie, Stephen Hawkings, hat ein Kinderbuch geschrieben, war sich also nicht zu blöd, seine Erkenntnisse auf eine sehr einfache Sprache herunterzubrechen.

Lassen wir uns nicht vom Gruppendruck oder eigenen Glaubenssätzen davon abhalten, klare Texte für Leser und Leserinnen zu verfassen. Eine eindeutige Sprache mit Begriffen und Beispielen, die dem Universum der Zielgruppe entstammen, ist nicht banal, sondern fair und kommunikationsorientiert.

Die Schau-Methode für höhere Verständlichkeit

Und wie durchbricht man nun das Gefängnis der eigenen Begrifflichkeiten? Probieren Sie beim nächsten Mal, wenn Sie einen komplexen Inhalt zu Papier oder Computer bringen sollen, Folgendes: Lehnen Sie sich noch einmal zurück, stellen Sie sich eine fachfremde Person vor, am besten ein Kind oder einen alten Menschen, und erklären Sie dieser Person in einfachen Worten, worum es geht. Beginnen Sie mit: „Schau“ – kein herablassendes „Schau“, sondern eines der Bereitschaft, eine Erklärung in passender Sprache zu liefern. Vielleicht beinhaltet die Erklärung Bilder, Metaphern und Beispiele aus einem bekannten Bereich, auf jeden Fall aber spart sie Fachbegriffe aus. Beim geschriebenen Text lassen Sie das „Schau“ natürlich weg. Hier drei Erklärungsanfänge für oben genannte Beispiele:

  • JetFlow-System: (Schau), das Wasser, das von der Heizung zurückfließt, ist ja kälter. Damit im hinteren Bereich des Kessels keine Kaltzone oder Schwitzwasser entsteht, lenkt dieses System das Wasser ganz gezielt …
  • ASCII-Datei: (Schau), jedes Zeichen muss ja bei der Digitalisierung irgendwie codiert sein. ASCII ist ein alter, aber immer noch gängiger Zeichencode, der …
  • Symbolisches Kapital: (Schau), du weißt was ökonomisches Kapital ist? Der französische Soziologe Pierre Bourdieu hat diesen Kapitalbegriff auf andere Bereiche ausgeweitet, etwa kulturelles, soziales und eben symbolisches Kapital. Letzteres verhilft zu gesellschaftlicher Anerkennung …

Probieren Sie es aus – Ihre Leser/innen werden es Ihnen danken.
Übrigens haben wir zu diesem Thema auch ein Video auf Youtube.

Mehr, viel mehr solcher Tipps erhalten Sie in unseren Workshops und Beratungen zu schriftlicher Kommunikation.

Ein E-Mail – zwei Ebenen

So kurz ein E-Mail auch sein mag, es ist immer Platz für zwei Ebenen: eine sachlich-inhaltliche und eine persönliche.

Sandwichmethode: Beziehungsebene – Sachebene – Beziehungsebene. (Funktioniert genauso mit Burger.)Stellen Sie sich vor, Sie sitzen mit einer Person Ihrer Wahl im Kaffeehaus und unterhalten sich. Sie sehen den Menschen, sie hören ihn, sie spüren seine Präsenz, ja, sie nehmen die Person auch – jenseits des Bewussten – geruchlich wahr. Kurz: Sie „lesen“ die Person mit fast allen Ihren Sinnen.

Am nächsten Tag finden Sie von dieser Person ein E-Mail in Ihrem Eingangsordner. Diesmal bleiben Ihnen nur die Augen, um die Botschaft zu lesen. Und doch werden Sie sich diesen Menschen vorstellen, ihn sprechen hören und vielleicht auch sonst sinnlich wahrnehmen. Die übrigen Sinne helfen Ihren Augen, ein vollständiges Bild zu erzeugen.

Das tun wir auch, wenn wir E-Mails von Menschen erhalten, die wir nicht kennen. Der Herr Doppeldoktor, der sich mit vorzüglicher Hochachtung verabschiedet, lässt ein anderes Bild entstehen als Claudia, die sofort per Du ist und mit „herzlichst“ ihr E-Mail beendet.

Es geht nicht nur ums Sachliche

E-Mails sind ein Kanal, der im Grunde nur einen Sinn bedient, und doch füllen wir die fehlenden Informationen auf. Wir können gar nicht anders. Wenn wir das schon wissen, dann sollten wir das Bild, das auf der anderen Seite entsteht, nicht dem Zufall überlassen. Überlegen Sie zum Beispiel bewusst, welche Begrüßung und Verabschiedung Sie wählen. Sie sollte zu Ihnen und zu der Beziehung zwischen Ihnen und dem/der E-Mail-Empfänger/in passen.
Und es ist, bei aller gebotenen Kürze der Textsorte E-Mail, nie verkehrt, vor dem eigentlichen Sachthema einen Satz auf Beziehungsebene einzustreuen – ein „Danke“ für ein E-Mail oder eine Information, eine Entschuldigung für eine entstandene Unannehmlichkeit, ein Wunsch nach Genesung oder ein schönes Wochenende.

Die einfache Formel für ein E-Mail lautet: Beziehungsebene – Sachebene – Beziehungsebene. Natürlich werden diese drei Teile nicht gleich lang sein. Erst recht gilt diese „Sandwichmethode“ für eine unangenehme Nachricht. Schlechte Neuigkeiten sind leichter verdaubar, wenn sie in etwas Nettes oder Persönliches eingebettet werden. Fallen Sie also nicht mit der Tür ins E-Mail-Haus, sondern klopfen Sie vorher an, grüßen Sie und puffern Sie eine Absage oder eine andere negative Nachricht entsprechend. Es geht eben, wie bei jeder anderen Interaktion zwischen Menschen, nicht nur um das, was man sagt, sondern auch darum, wie man etwas sagt.

Wenn Sie die Textsorte E-Mail interessiert oder Sie noch Fragen dazu haben, dann ist vielleicht unser Seminar „Mühelos E-Mailen“ etwas für Sie.

Lesen Sie doch noch andere Blogbeiträge zum Thema Mails, zum Beispiel “Sehr geehrter Untergebener”, “Kleiner E-Mail-Knigge” oder “Kleiner E-Mail-Knigge II”.

 

„Sehr geehrter Untergebener …“

Im Stil einer Mail zeigt sich immer auch das Verhältnis zwischen Sender/in und Empfänger/in. Wenn wir Menschen auf Augenhöhe begegnen wollen, sollten wir uns auch so ausdrücken – gerade in der Kundenkorrespondenz.

„Wir legen zugrunde, dass Sie nach unserer bis dato mehr als kulanten Vorgangsweise nunmehr gleichwohl Ihren Part der gegenständlichen Angelegenheit ohne unnötige Weiterungen erledigen und zeichnen in Erwartung Ihrer unverzüglichen Kontaktaufnahme mit vorzüglicher Hochachtung …“

So endet eine Mail, die mir unlängst zwischen die Finger geraten ist. Kurzes Ratespiel:

  1. Wer, glauben Sie, ist der Verfasser dieses Schreibens?
    Ist es ein Unternehmen, das eine Kundenbeziehung aufbauen oder halten möchte oder ist es vielleicht eine Rechtsanwaltskanzlei, die einen Konfliktpartner anschreibt?
  2. Welches Ziel hatte wohl die schreibende Person, als sie den Text verfasst hat?
    Möchte sie Nähe und Verbindung zu Adressaten/zur Adressatin herstellen und Verständnis erzeugen oder ist das Ziel vielmehr, Distanz zu halten, die Zähne zu zeigen und das Gegenüber so zum Handeln zu zwingen?

Was lernen wir daraus? Die Art, wie ein Text verfasst ist, lässt Rückschlüsse auf sein Ziel zu. Leider ist das nicht allen Menschen immer bewusst. Sie schreiben auch in der alltäglichen Kundenkorrespondenz Mails mit amtlichen und distanzierten Floskeln, weil sie das vielleicht irgendwann einmal so gelernt oder als „korrekten Schriftverkehrsstil“ in sich abgespeichert haben.

Der Kunde als Gegner?

Tatsächlich hat sich in den letzten Jahren nicht nur die Textsorte Mail, sondern auch die Gesellschaft gewandelt. Der Stil im Schriftverkehr orientierte sich lange am Stil von Behörden und Ämtern. Diese verkörperten eine mächtige, dominante Institution, der gegenüber die Bürger und Bürgerinnen als Bittstellende aufzutreten hatten. Kundennähe war ein Fremdwort.
Diese Dominanzkultur hat heute Sprünge bekommen. Unsere Gesellschaft, in der Kunden und Kundinnen immer mehr Wahlfreiheit und Rechte haben, zeigt vermehrt Züge einer partnerschaftlichen Kultur. Das bedeutet, dass sich die Kommunikationspartner auf Augenhöhe begegnen. Unternehmen möchten oder müssen eine Beziehung zu ihren Kundinnen und Kunden aufbauen, deren Bedürfnisse rücken stärker in den Mittelpunkt. Und das zeigt sich auch in der Sprache.

Fragen Sie sich vor ihrer nächsten Mail, ob es ein Schriftwechsel zwischen Gegnern sein soll oder ob Sie der anderen Person auf Augenhöhe schreiben möchten. Ist für den Adressaten eher autoritäre Distanz oder partnerschaftlicher Austausch adäquat?

Wenn die andere Person ein Gegner ist, der per Mail besiegt oder mundtot gemacht werden soll, schreiben Sie wie im Beispiel oben.

Wenn Sie aber eine positive Beziehung aufbauen wollen, wählen Sie keine Wörter, die nie in Gebrauch sind und dadurch Distanz schaffen, sondern solche, die Sie auch beim Sprechen verwenden. Verzichten Sie in Ihrer Kundenkorrespondenz auf nichtssagende Floskeln, hochkomplizierte Satzkonstruktionen und verstaubte Formulierungen. Passen Sie die Sprache an das Ziel Ihres Schreibens und die jeweiligen Empfänger an. Und denken Sie daran: Sie können auch höflich sein, wenn Sie einfach, klar und verständlich schreiben.

Wenn Sie sich beim Verfassen von Mails sicher fühlen möchten, dann schauen Sie sich unsere Angebote zum Thema Schreiben an.

Lesen Sie doch noch andere Blogbeiträge zum Thema Mails, zum Beispiel “Ein Mail – zwei Ebenen”, “Kleiner E-Mail-Knigge” oder “Kleiner E-Mail-Knigge II”.

Schlag nach bei … ja, wo eigentlich?

Wie man das Österreichische Wörterbuch richtig benutzt, haben wir in der Volksschule gelernt. Und wo schlagen wir heute nach, wenn wir nach der richtigen Schreibung oder Rechtschreibregeln suchen?

Man muss nicht alles wissen, aber man sollte wissen, wo man sich das fehlende Wissen holt..„Wenn ich nicht weiß, wie man etwas schreibt, such ich’s im Internet!“ Geht es um die richtige Schreibung von Datums- oder Währungsangaben, von Abkürzungen oder um die Gliederung von Zahlen, kann man bei der Suche im Netz seine blauen Wunder erleben. Wer Glück hat, findet zu einem der Themen Blogbeiträge von Expert/inn/en, die alle Variantenschreibungen auflisten und erklären. Mit etwas Pech landet er aber auf einer Seite selbsternannter Sprachpolizisten, die ihre Lieblingsschreibweise  herauspicken und sie für die einzig richtige erklären. Im schlimmsten Fall ist sie sogar falsch. Und, was machen wir dann?

An welche Normen will oder muss ich mich halten?

Eines vorweg: Verbindlich an die Rechtschreibregeln müssen Sie sich dann halten, wenn Sie amtliche Texte verfassen oder für eine Bildungsinstitution schreiben. Maßgeblich dafür ist das amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung mit Regeln und Wörterverzeichnis. Grundregeln und Neuerungen der Rechtschreibreform(en) finden sich darin.

Vieles jedoch, was Menschen bei ihrer täglichen Arbeit mit Texten brauchen, ist dort nicht geregelt. Rechtschreibregeln für den Schriftverkehr finden sich etwa in der – rechtlich nicht bindenden – Norm DIN 5008. Da diese für Deutschland erstellt wurde, darf natürlich eine eigene ÖNORM nicht fehlen, die ÖNORM A 1080. Damit nicht genug, gibt es auch noch die ISO – die weltweite Vereinigung offizieller Normungsinstitute. Sie regelt etwa internationale Währungscodes, die in bestimmten Kontexten verbindlich sind. Und dann gibt es ja auch noch Wörterbücher wie den Duden oder das Österreichische Wörterbuch. Wikipedia wäre auch eine Quelle. Und woran halten wir uns jetzt?

Klarheit über alles

Hilfreich ist zuerst einmal zu wissen, ob es im Unternehmen oder der Organisation, für die man schreibt, eine Norm gibt, an die man sich halten muss. Ein Handelsunternehmen mit viel Korrespondenz im deutschen Sprachraum wird sich vielleicht an der DIN 5008 orientieren, ein amtliches Dokument hingegen muss etwa bei Währungsangaben den ISO-Standards folgen. Österreichische Unternehmen orientieren sich in Fragen des Schriftverkehrs meist an der ÖNORM A 1080. Weiß man darüber einmal Bescheid, hat man einen ersten Leitfaden, wenn man etwas im Regelwerk für deutsche Rechtschreibung nicht findet.

Arbeit mit dem Duden

In jedem Fall aber ist es günstig, ein Wörterbuch, am ehesten wohl den aktuellen Duden, im Haus zu haben. Warum? Der Duden ist zwar nicht (mehr) die verbindliche Instanz, wenn es um Rechtschreibung geht, aber er folgt natürlich dem Regelwerk. Zusätzlich bietet er Empfehlungen, falls man nicht genau weiß, für welche Variante man sich entscheiden soll, wenn ein Wort mehrere mögliche Schreibungen (z. B. in: du hast Recht oder du hast recht) erlaubt.

Zusätzlich finden sich bei schwierigen Wörtern rot unterlegte Kästen, die die Varianten oder unterschiedliche Redewendungen, in denen dieses Wort (vielleicht in unterschiedlicher Schreibung) vorkommt, auflisten. Das hilft vor allem dann, wenn man innerhalb einer Organisation zu einheitlichen Schreibungen kommen möchte – man einigt sich praktischerweise auf die Duden-Empfehlung. Zusätzlich sind im vorderen Teil des Wörterbuchs alle Rechtschreibregeln zusammengefasst – wer also Komma-Regeln nachlernen will, kann das auch mit Hilfe eines Duden tun.

Nicht zuletzt gibt es eine Redaktion, die neue Wörter in den Duden aufnimmt und uns empfiehlt, wie man etwa geliket oder downgeloadet schreibt (so nämlich). Natürlich können Sie auch auf andere Wörterbücher zurückgreifen. Wichtig ist nur, dass man sich innerhalb eines Unternehmens auf dasselbe einigt. Und wenn Sie nach Schreibungen von Zahlen, Wochentagen oder Monaten suchen, hier noch ein Tipp: immer beim ersten Vertreter im Alphabet nachsehen. Wenn Sie also nach Verbindungen mit Zwanzig suchen, werden Sie vermutlich bei Achtzig fündig. Für Freitag bei Dienstag. Und für Oktober … na, wo müssen Sie nachschlagen?

Wenn Sie Lust auf mehr Tipps haben und Antworten auf Ihre ganz persönlichen Rechtschreibfragen suchen: Die gibt’s in unseren Angeboten zum Thema Schreiben.

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