Ob Vortrag, Projektvorstellung oder Pitch: Wenn zwei Menschen gemeinsam präsentieren, kann das die Wirkung verdoppeln – oder halbieren. Lesen Sie hier, worauf es für eine souveräne Performance zu zweit ankommt.
Honolulu, Februar 1996. Ein junges Kleinkunstduo steht in der Fußgängerzone und versucht sich an seinem ersten Straßenauftritt, vollgepackt mit Erfahrungen aus einer Woche Festival mit Bühnenshows und Workshops von Profis der Szene. Sie haben dort gesehen, wie es geht: Ein gutes Programm reicht nicht. Man muss offensiv auf die Leute zugehen, das Programm energisch brüllend ankündigen, Menschen gezielt ansprechen und so Publikum keilen. Während die beiden ihre Requisiten vorbereiten, erwarten sie, dass der jeweils andere diese Aufgabe übernimmt. Es passiert nicht. Denn: Keinem von beidem liegt es. Ihr Auftritt findet letztlich beinahe unbemerkt statt. Im Nachhinein sind sie froh, dass sie in Honolulu niemand kannte.
Mit einer eingehenden Reflexion dieser Erfahrung starteten wir unsere Arbeit als Bühnenduo. Drei Jahrzehnte später sind wir ein Trainerduo, das mit viel Freude für sich selbst und für das Publikum Workshops, Klausuren und Vorträge zu zweit hält und noch viel länger zu zweit moderiert. Wir haben gelernt, wie man Fehler beim Präsentieren zu zweit vermeidet. Und zwar so:
Vorbereitung und Reflexion der eigenen Fähigkeiten
Eine häufig verbreitete Regel lautet, dass Zweierteams unterschiedlich sein und sich ergänzen müssen. Nun, ganz so einfach ist es nicht. Auf unser Beispiel oben trifft jedoch zu, dass wir unsere Rollen und Fähigkeiten nicht ausreichend vorab reflektiert hatten. Wir sind zwar in vielen Bereichen verschieden, aber in der Abneigung, marktschreierisch auf uns aufmerksam zu machen, treffen wir uns. Das ist übrigens bis heute so. Das ist für einen Straßenauftritt nicht förderlich. Aber wir hätten uns Alternativen überlegen können, wie wir auf uns aufmerksam machen, hätten wir das vorher erkannt und besprochen – und nicht erst beim Auftritt selbst unangenehm erfahren. Der Misserfolg lag nicht darin, dass wir eine gemeinsame Schwäche hatten – sondern dass wir sie nicht vorab erkannt und eine Lösung gesucht hatten.
Das heißt für Präsentationen und Vorträge zu zweit: Reflektieren Sie vorab gemeinsam die unterschiedlichen Ressourcen der beiden Personen im Zweierteam. Welche Aufgaben müssen unbedingt besetzt sein? Wie kann man sie sich aufteilen? Was kann und was macht jede:r gern? Was nicht? Wie gehen Sie damit um? Welche Stolperfallen gibt es noch? Wo helfen Ihnen ähnliche Eigenschaften? Wo stehen Sie Ihnen im Weg? Und wie können Sie allfällige Unterschiede produktiv nützen?
Rollen reflektieren
Mit der Verteilung der Aufgaben ist auch die der Rollen verknüpft: Je nach Art des Vortrags lassen sie sich unterschiedlich gewichten. In jedem Fall braucht es Ausgewogenheit. Wenn nur eine:r Monologe hält und der oder die andere einfach nur lieb lächelt, wird die Dynamik geringer sein, als wenn beide gleich viel Verantwortung tragen.
Aufgaben lassen sich sowohl organisatorisch als auch thematisch verteilen: Wird eine:r eher auf den Rahmen (Begrüßung, Überleitungen, Fallbeispiele und Anekdoten, Moderation von Diskussionen) achten und die andere Person vielleicht eher den theoretischen Input beisteuern?
Lassen sich Themenblöcke aufteilen? Wie verteilen sich die Rollen bei einer Diskussion? Wer stellt die Fragen, wer gibt bei welchem Thema Antwort? Hilfreich ist es, hier vorab für Klarheit zu sorgen.
Abgesehen davon lässt sich mit Rollen und Gegensätzen auch wunderbar spielen. Kommt vielleicht eine:r aus der Praxis und bringt immer jeweils andere Standpunkte ein? Vertritt eine:r die Sicht der Kundschaft? Will man Unterschiede für einen zusätzlichen Unterhaltungswert herausstreichen (z. B. schnelles versus langsames Sprechen, Mann/Frau, groß/klein, chaotisch/organisiert, kritisch/geradlinig), dann muss man das sehr gut einüben! Sie können aber auch darauf setzen, bewusst eine Einheit zu bilden.
Abstimmung und Timing
In jedem Fall gilt: Sie müssen als Team erkennbar sein. Es kommt nicht gut, wenn der Kleidungsstil der beiden nicht zusammenpasst oder wenn der eine große A4-Blätter als Handouts dabeihat und abliest, die andere aber frei spricht und Augenkontakt hält. Unterschiede sind nur dann gut, wenn Sie bewusst auf sie setzen, um den Unterhaltungswert mit Absicht zu erhöhen – und nicht unfreiwillig komisch wirken!
Aber auch im Timing braucht es Abstimmung. Finden Sie vorab passende Überleitungen und übergeben Sie an Ihr Gegenüber – sprachlich und körpersprachlich. Wenn Sie etwa mit „Und wie es mit … weitergeht, erfahren Sie nun von meiner Kollegin“ übergeben, aber weiterhin vorne stehenbleiben, während Ihre Kollegin sich hinterm Pult versteckt, nehmen Sie ihr den Fokus.
Achten Sie auch auf Ausgewogenheit und Abwechslung. Mit zwei aufeinanderfolgenden Monologen nützen Sie das Potenzial als Duo nicht aus. Wechseln Sie sich ab und gehen Sie beim Übernehmen des Worts aufeinander ein.
Fokus
Üblicherweise hat die Person, die spricht, die volle Aufmerksamkeit. Es sei denn, die andere Person macht in der Zwischenzeit etwas, das die Zuhörenden lustiger oder interessanter finden. Stellen Sie sich einen Redner vor – und plötzlich läuft ein kleines Kind mit einem Teddybären auf die Bühne. Wen schauen die Leute an? Hören sie noch zu? Sicher nicht!
Wenn Sie zu zweit präsentieren, achten Sie darauf, dass klar ist, wer gerade den Fokus hat. Tun Sie nichts, was die Wirkung Ihres Partners schmälert. Im Gegenteil. Zwei Personen können sich praktischerweise Aufgaben aufteilen. Während eine:r spricht, zeigt der oder die andere Anschauungsmaterial, illustriert das eben Gesagte mit Gesten oder auch Zeichnungen auf dem Flipchart, bedient die Folien … oder hält sich dezent, aber aufmerksam im Hintergrund, wenn er oder sie gerade nichts zu tun hat.
Backup
Zu zweit zu präsentieren kann herrlich entspannt sein, weil man die Verantwortung teilt. Fällt mir ein Wort nicht ein, springt mein Gegenüber ein. Hat die andere Person, weil sie frei spricht, einen Aspekt unerwähnt gelassen, kann ich ergänzen. Fällt mir keine Antwort auf eine Frage ein, weiß vielleicht er oder sie die Antwort.
Hier braucht es allerdings Feingefühl. Den Partner zu unterbrechen oder auszubessern schmälert die Wirkung einer Doppelconference (außer wiederum, es ist so gewollt. Dann kann es lustig sein)!
Unterlagen
Falls Sie mit Powerpoint, Prezi oder vergleichbaren Tools arbeiten, überlassen Sie die Vorbereitung nicht einer Einzelperson. Es gibt nichts Schlimmeres, als Vorträge zu fremden Folien zu halten. Nützen Sie die Chance, zu zweit zu sein: Sie können bei der Visualisierung viel variantenreicher agieren als allein, etwa einmal einen Dialog einbauen.
Üben
Sprechen Sie den Vortrag vorab gemeinsam durch. Vor allem die Begrüßung und die Verabschiedung sollten wirklich nahtlos funktionieren. Und machen Sie sich aus, wie Sie auf Störungen reagieren wollen – und wer es übernimmt.
Wenn Sie all das beherzigen, gehen Sie nicht nur gut vorbereitet in Ihre Präsentation zu zweit, sie werden auch viel Spaß dabei haben! Wir können jedenfalls sagen: Die Arbeit vorab lohnt sich. Und wenn etwas nicht so gut geklappt hat: Reflektieren Sie es danach, geben Sie einander wertschätzendes Feedback. So haben wir es 1996 in Honolulu begonnen – und so setzen wir es bis heute fort.
Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Präsentieren zu zweit. Wenn Sie noch Fragen oder weitere Tipps haben, schreiben Sie sie einfach unten in die Kommentare!
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