Jetzt hört halt mal zu!

Über das schlechte Image des Zuhörens – und warum es trotzdem so wichtig ist.

Zuhören ist zu mehr als 50 Prozent für das Gelingen eines Gesprächs verantwortlich.

Dass Zuhören mehr als die halbe Miete ist, wenn es um Kommunikation geht, ist heutzutage den meisten bekannt. Forschungen sprechen von 51 Prozent: Zu mehr als der Hälfte hängt also das Gelingen eines Gesprächs vom Zuhören ab.
Nur – wenn wir das alle wissen, warum ist es dann so schwer? Wieso klingt für viele zuhören langweilig? Und warum gilt es oft als vernachlässigbarer Soft Skill, auf den wohl nur jene pochen, die rhetorisch halt nichts auf die Reihe kriegen?

Zeit, das schlechte Image des Zuhörens näher zu beleuchten.

Herrschende Meinung über das Zuhören

Zuhören klingt halt gar so oft nach etwas, das man muss, auch wenn man gar nicht will – aus vielen Bereichen kennen wir es: Der König, die Vorgesetzte, der Lehrer spricht – das niedere Volk, die Untergebenen, die Kinder hören zu. Grund eins für ein schlechtes Image.

Grund zwei: Oft ist zuhören Teil einer unangenehmen Pflicht. Erst muss ich zuhören, dann muss ich tun, was ich nicht will; das beginnt mit Zimmer aufräumen und Hausübung machen in der Kindheit und reicht bis zum Ausräumen des Geschirrspülers in der Partnerschaft.

Und dann gibt es noch ein Problem: Meist kommt der Wunsch des Gegenübers, gehört zu werden, nicht als Bitte, sondern bereits als Vorwurf bei uns an: „Jetzt hör mir doch endlich zu!“ Wir wissen dann: „Ui, ich hab‘ schon etwas falsch gemacht“, fühlen uns schuldig – und mit diesem Gefühl im Bauch wird Zuhören zu einer beinahe unmöglichen Aufgabe. Denn wer wirklich zuhört, ist voll präsent und in Gedanken beim anderen. Wer mit unangenehmen Gefühlen beschäftigt ist, tut sich damit schwer. Klar, oder?

Aber auch die Sprachwurzel bestätigt den Eindruck, hören hätte immer auch etwas mit gehorchen zu tun. Schon im Mittelhochdeutschen wurde [hoeren] auch für „auf etwas hören, einem Rat oder einer Aufforderung nachkommen“ gebraucht. Daraus entwickelt hat sich das Horchen und in weiterer Folge auch das Ge-horchen. Hören und Gehorsam sind also auch sprachlich eng miteinander verwandt. Dass die Rolle des/der Hörenden da nicht unbedingt immer positiv besetzt ist, scheint logisch. Selbstbestimmte moderne Menschen horchen nicht gern, gehorchen auch nicht unbedingt jemandem – und gehören (auch dieselbe Wurzel) schon gar nicht!

Und schon die Lateiner wussten: Wer schweigt, stimmt zu. Da hat man doch schnell mal Angst, der/die andere könnte im Gespräch meinen, man würde zu allem ja und Amen sagen, wenn man nicht sofort widerspricht! Da können noch so viele Kommunikationspsychologinnen und -psychologen erklären, dass zuhören nicht mit zustimmen ident ist. Irgendwie scheinen wir das unterschwellig zu glauben. Wie, nur wie bekommen wir diesen (Aber-)Glauben weg? Schließlich könnten wir ja gut zuhören – und nachher immer noch widersprechen, nicht wahr?

Die Bedeutung an der Wurzel packen

Also gehen wir noch einen Schritt weiter zurück, vor das Althochdeutsche: Dort treffen wir auf die indogermanische Sprachwurzel [keu], aus der sich das Hören entwickelt hat. Keu beinhaltet folgende Bedeutungen: auf etwas achten, merken, bemerken, hören, sehen. Da kommen wir der Sache doch schon näher! Auf etwas achten, unser Gegenüber wirklich wahrnehmen, bemerken, hören und sehen – ja, das wollen wir im Gespräch. Da kann man gut und gern auch anderer Meinung sein; ja, vielleicht hilft es sogar bei einer Replik, wenn man vorher wirklich verstanden hat, was der/die andere gesagt hat, auch wenn man nicht einverstanden ist.

Aktiv aufnehmen, was vom Gegenüber kommt, was er wirklich meint, fühlt und transportieren will – ja, das ist zuhören. Wenn wir auf die tiefere Bedeutung zurückgreifen, dann kommen wir dem wertvollen Zuhören, das ein Gespräch zum Erfolg führt, viel näher, und können all die anderen alten, vielleicht negativ besetzten Bedeutungen hinter uns lassen. Aktiv, selbstbestimmt – also ganz bei sich – und zugleich ganz aufmerksam beim anderen sein. Das, ja, das ist zuhören.

Zuhören ausprobieren

Beim nächsten Gespräch, das Sie führen: Versuchen Sie, bewusst zuzuhören! Wie das geht?

1. Nicht sofort antworten, wenn Ihr Gegenüber etwas erzählt: keine Bewertungen, keine Tipps. Hören Sie eine Zeit einfach nur zu. Natürlich können Sie Gesten oder Äußerungen machen, um zu signalisieren, dass Sie dem Gesagten folgen.

2. Achten Sie nicht nur auf den Inhalt. Wie geht es der Person, die gerade spricht? Ist sie glücklich? Zufrieden? Verärgert?

3. Bevor Sie antworten, fassen Sie kurz zusammen, was Sie verstanden haben. So manches Missverständnis lässt sich dadurch vermeiden!

4. Das können Sie übrigens auch tun, wenn das Gespräch zu einem Monolog zu werden scheint. Fragen Sie freundlich nach, ob Sie kurz zusammenfassen dürfen, was Sie bisher verstanden haben.

Nicht nur, aber auch ums Zuhören  geht’s in unseren Kommunikationstrainings und Seminaren zu Gesprächsführung.  Dort lernen Sie, wie ein Gespräch gelingt – und was Sie alles dafür tun können.

Eine Methode, wie Sie das Zuhören üben können, finden Sie mit der Ja-und-Methode auf unserem Youtube-Kanal.

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