Erkenntnisse und Übungen aus dem Improvisationstheater helfen, unsere Kommunikation zu verbessern und auch in unvorbereiteten Situationen Haltung zu bewahren. Das ist Improkommunikation. Und nein, fürchten muss sich davor niemand.

Zwei Menschen (A und B) begegnen sich auf einer leeren Bühne. A hat sich aus einem Impuls heraus dafür entschieden, leicht gebückt zu gehen. B sieht die leicht gekrümmte Haltung seines Schauspielkollegen und trifft darauf aufbauend ebenfalls eine Entscheidung. Er sagt: „Opa, zwickt es heute wieder im Rücken? Komm, setzt dich doch in den Fernsehstuhl!“ A, der vermeintliche Opa, nimmt das Angebot an mit den Worten: „Danke, mein lieber Leon, wenn ich dich nicht hätte!“ Wir sind mitten in einer Szene, die spontan entstanden und das Ergebnis von reiner Aktion und Reaktion ist.
Szenenwechsel: Das wöchentliche Büromeeting nimmt eine seltsame Wendung. Nach Herrn Krainers Routine-Bericht steht plötzlich der Abteilungsleiter auf und kritisiert vor versammelter Mannschaft genau jene Punkte in der Präsentation, die er selbst erst zwei Tage zuvor eingefordert hatte. Herr Krainer ist empört, sein Herz pocht wild. Doch er behält die Ruhe, wiederholt, was sein Vorgesetzter bemängelt, und antwortet langsam und sachlich auf die Einwände. Am Ende schlägt er vor, dass sie sich noch einmal zu zweit zusammensetzen. Beim Hinausgehen klopft ihm eine Kollegin auf die Schulter: „Gut pariert.“
Was die beiden geschilderten „Szenen“ gemeinsam haben? In beiden Fällen ging es um Kommunikation und beide Male mussten Menschen improvisieren – einmal freiwillig und einmal aus der Not heraus. So wie wir tagtäglich.
Improkommunikation im Alltag
Routinen haben ihre Vorteile, sie helfen uns, aus der Erfahrung heraus zu agieren, aber wir können nicht immer auf sie zurückgreifen. Wenn nämlich unerwartete Dinge passieren, Menschen zum Beispiel anders agieren oder reagieren, als wir es gewohnt sind, müssen wir improvisieren. So wie Herr Krainer. Das können wir alle ein wenig, weil wir tagtäglich gefordert sind, doch manchen gelingt es besser als anderen. Kann man es also lernen, kann man darin besser werden?
Ja, Improvisation im Alltag kann man üben und verbessern! Und hier kommt Improvisationstheater, oder kurz: Improtheater, ins Spiel. Bei dieser Theaterform verzichten die Schauspieler und Schauspielerinnen auf fixe Texte und im Vorfeld vereinbarte Charaktere oder Skripten, alles entsteht im Moment. Das heißt aber nicht, dass sie nicht üben müssten. Was sie trainieren, sind, abgesehen von schauspielerischen Kenntnissen, ein paar Prinzipien oder Einstellungen, die ihnen beim Improvisieren helfen.
Wenn wir die Erkenntnisse des Improtheaters für uns nutze wollen, müssen wir weder auf eine Bühne steigen noch den Berufswunsch Schauspieler in uns tragen. Es hilft schon, die Prinzipien kennenzulernen und auszuprobieren. Zumindest seit den späten 1990ern versucht die so genannte „Applied Improvisation“, die Lehren aus dem Improtheater in den Alltag zu übertragen. Auch wir spielen seit über 20 Jahren Improtheater und fast genauso lange setzen wir Übungen aus diesem Bereich in unseren Seminaren ein. Wir nennen das Improkommunikation (anstatt Applied Improvisation), weil wir die Übungen gezielt auf die Prinzipien der Kommunikation anwenden – mit dem Ziel, auch in schwierigen Situationen klar und konstruktiv zu reagieren.
Angst, die Komfortzone zu verlassen
So manche Teilnehmenden reagieren auf die Ankündigung einer „Übung“ oder gar eines „Spieles“ aus dem Improtheater nicht unbedingt begeistert. Meist steckt die Angst, einen Fehler zu machen, dahinter. Tatsächlich müssen wir, um die Prinzipien der Improvisation zu üben, die eigene Komfortzone ein wenig verlassen. Doch wenn es in kleinen Schritten und im geschützten Raum passiert sowie achtsam angeleitet wird, passiert nichts. So verschwinden die Ängste rasch. Ein Stück Improvisation ist gelernt – und damit ein neuer Umgang mit einer Situation. Und das Feedback selbst kritischer Geister ist danach immer ähnlich: „Ich hatte wirklich Vorbehalte, aber dann war es wirklich lustig, bereichernd und spannend.“
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